Vergnügen am Mittag

Intermezzo mit Wolfgang Stumph

Wolfgang Stumph - trialog„So ein vornehmes Arbeitsessen hatte ich noch nie!“ freut sich Wolfgang Stumph schon beim Anblick des festlich eingedeckten Tisches im Restaurant Intermezzo im Taschenbergpalais. Und weil er, den sie alle „Stumpi“ nennen, ja nicht nur Schauspieler ist, sondern auch Kabarettist, setzt er augenzwinkernd noch eins drauf: „Beim Bundespräsidenten ins Palais Schaumburg mußte ich leider absagen!“ Um so mehr freuten wir uns, dass der vielbeschäftigte Stumph die Zeit zu einem Gespräch beim Lunch fand.

Das Essen an diesem Mittag im März gliederte das Gespräch ganz grob: Zum Begrüßungschampagner und dem Amuse Bouche vorweg lockeres Geplänkel über die derzeitige Tournee des Kabarettisten durch so bedeutende Städte wie Forst (weit im Osten, polnische Grenze) oder Gevelsberg (weit im Westen, keine Grenze). Stumph ist Kabarettist durch und durch, braucht den direkten Kontakt mit dem Publikum. Seit zwanzig Jahren nun schon, und auch zunehmende Film- und Fernsehverpflichtungen bringen ihn nicht davon ab.

Zwischen der „Variation von Hummer und Lachs“ und der „Geräucherten Saiblingsroulade auf Ragout von Kalbskopf und Graupen“ dann Variationen über das Kino. Am 22. Januar stellte Stumph in Dresden „Bis zum Horizont und weiter“ vor – eine skurrile Geschichte, in der Stumph die Hauptrolle spielt. Zwei Monate später natürlich die Frage, ob dieser Film erfolgreich war?

„Wir wollten ja keinen wirklich kommerziellen Film machen!“ ist die gar nicht ausweichende, sondern erklärende Antwort. Will heißen: Der Film ist gut gelaufen, vor allem in Berlin (wo er in 16 Kinos gleichzeitig lief und nach zwei Wochen immerhin trotz Biennale noch in sieben!), Leipzig, Magdeburg und Halle, auch in Dresden. „Es gab sensationelle Kritiken zum Beispiel im Cinema oder der FAZ“, freut sich Stumph und ärgert sich nur bedingt über die weniger guten. Schade sei nur, dass der Film im Westen noch nicht so viele Zuschauer gefunden habe, aber das sei kein Wunder: „Der »Eisbär« hatte mehr Geld für die Werbung zur Verfügung als unser ganzer Film gekostet hat!“ Das bedeutet in Zahlen: 3,5 Millionen Mark Werbekosten für den »Eisbär«, 600.000 Werbung für „Bis zum Horizont…“

Das mit dem Kommerz sei sowieso so eine Sache. Gar nicht lustig findet Wolfgang Stumph das Kinosterben („Es kommen zwar immer mehr Leinwände hinzu, aber die kleinen Kinos gehen kaputt!“), und er beklagt den Verlust an Kultur. Es sei ein Unding, dass eine Stadt wie Weimar kein Kino mehr habe, weil es sich nicht rechnet. Und was ihm schon gar nicht gefällt bei der Konzentration speziell im Osten der Republik: „Dass nur noch westdeutsche Köpfe bestimmen, was im Osten auf der Leinwand flimmert!“

Mit dem Hauptgang (Lammrücken mit Olivenbrandade und Ratatouille) wechseln wir Wein (bis dahin: ein 97er Prinz zur Lippe Müller Thurgau aus Sachsen, dann ein 93er Merlot vom Mantlerhof aus Österreich) und Thema: Die unterschiedlichen Befindlichkeiten in Städten wie Weimar, Leipzig und Dresden. „Weimar habe ich durch viele Besuche und Gastspiele lieben und schätzen gelernt, in Leipzig habe ich liebe Freunde, deren Gewandhaussächsisch ich sehr schätze. Dresden ist meine Heimat, von der ich mich vor 89 nicht trennen wollte und auch zukünftig nicht verlassen werde. Obwohl es mich immer mehr nach Hamburg zu Dreharbeiten zieht. Im Gegensatz zu Dresden findet dort jedes Wochenende ein Feuerwerk von Ideen und Veranstaltungen statt!“

Und schon kommt das Dessert und damit das Ende des Gesprächs. „Auf der Bühne würde ich jetzt klatschen!“ sagt er, holt das Buch zu seinem Film und schenkt es – mit Widmung, versteht sich – dem Koch, der dieses Vergnügen möglich machte: Christoph Otten.

Ulrich van Stipriaan

Veröffentlicht in: trialog 2/1999
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