Zwischen Besinnlichkeit und großer Weltpolitik

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Ladbergen ist eine Gemeinde im Münsterland, die viele, wenn überhaupt, nur vom Vorbeifahren kennen: Die Ausfahrt 39 der Autobahn A1 von Hamburg ins Ruhrgebiet weist auf den Ort hin. Wer hier abfährt, hat entweder keinen Sprit mehr oder einen guten Tipp bekommen: Das scheinbar unscheinbare Ladbergen ist nämlich ein durchaus liebliches Gemeinwesen und bietet dem Ahnungslosen die eine oder andere nette Überraschung.

Zweimal wehte sogar schon ein Hauch der Geschichte durch Ladbergen. Allerdings ist das schon so lange her, dass sich heute nicht einmal mehr die ganz Alten erinnern, wenn man es ihnen nicht vorliest oder aus berufenem Munde hört. Das erste Mal ist genau datiert: Am 22. Mai 1246 versammelten sich Vertreter der Städte Münster, Osnabrück, Minden und Herford, um sich im „Ladberger Marktbund“, einem Vorläufer der späteren Hanse, zu vereinen. So beschreibt es zumindest der Internet-Dorfchronist und nennt auch gleich drei Namen von seinerzeit teilnehmenden Gütern: die der Herren von Codenhorst, der Herren tho Holte und der Hallen von Ladbergen.

Das zweite Ereignis mit – heute würde man sagen: weltpolitischem – Charakter liegt nicht ganz so lang zurück, und es gibt zwar keine Zeitzeugen, aber beredte Erzähler der Geschichte. Günther Haug, der das Gasthaus zur Post in Ladbergen leitet und sich trotz seiner Vergangenheit als Top-Hotelier bei Kempinski heute schlicht „Gastwirt“ nennt, weiß aus den Tagen des 30jährigen Kriegs zu berichten: „In der Chronik vom Gasthaus zur Post, das schon im 17. Jahrhundert im Familienbesitz war, gibt es ganz spannende Hinweise! Im Vorfeld des Westfälischen Friedens sind die Gesandten auf ihren Wegen zwischen Münster und Osnabrück durch Ladbergen nicht nur durchgeritten. Mehr als wahrscheinlich ist, dass die Parteien sich auf halbem Wege entgegenkamen, wenn zum Beispiel aktuelle oder besonders diskrete Fragen kurzfristig geklärt werden sollten. So ist verbürgt, dass in den Räumen des Gasthauses zur Post die Vorverhandlungen nach dem Dreißigjährigen Krieg zum Abschluss des Westfälischen Friedens 1648 stattfanden!“

Bei den Vorverhandlungen blieb es dann, angeblich aus politischen Gründen – dem Vernehmen nach aber schmeckte den schwedischen Gesandten das Essen im kriegsgebeutelten Ladbergen nicht. Tempi mutantur, die Zeiten ändern sich: Heute sieht man auf dem Parkplatz neben dem Gasthaus oft Wagen mit schwedischen Kennzeichen. Neben den schwedischen Gäste kommen viele andere teils oft von weit her, meistens aber aus Münster, um hier eine ganz eigenartige Mischung zu erleben: Man spürt im alten Gebälk den Geist der Jahrhunderte und erfreut sich an moderner leichter Küche und der zeitgenössischen Kunst, die Günther Haug und seine Frau Elisabeth (die im gleichen Haus ein Antiquitätengeschäft betreibt).

Ulrich van Stipriaan

Originalbeitrag STIPvisiten

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