Auf nach Schloss Eckberg

Spaziergänge im Welterbe (3)

Die Bilder für diesen Beitrag waren auf der Plattform Ipernity gehostet und wurden dort gelöscht. Es dauert etwas, bis die Fotos wieder hier erschienen – sorry.

Schloss Albrechtsberg

Wir sind immer noch auf Schlössertour und haben gerade ausgiebig auf der Außenterrasse des mittleren – der Villa Stockhausen – pausiert. Beim Aufbruch kommt die Frage auf, was mit diesen Schlössern eigentlich zu DDR-Zeiten los war? Sie waren, lautet die Antwort, voll ins System integriert. Schloss Albrechtsberg war seit 1951 Pionierpalast – bis zum Ende der DDR 1989 nutzten Kinder und Jugendliche das prachtvolle Schloss für kulturelle, sportliche und politische Veranstaltungen. Ein billiges Vergnügen – und das erklärt unter anderem den (zumal Anfang der 90er Jahre direkt nach der Wende) manchmal zu spürenden Groll auf das neue System: Was früher allen gehörte, war nun wenigen vorbehalten – nämlich denen, die genug Geld hatten, und das waren oft/meistens „die Wessis“.

LingnerschlossDas Lingnerschloss beherbergte seit 1957 den „Dresdner Klub“, der ab 1972 „Klub der Intelligenz“ hieß. Man muss die DDR in vielen ihrer Ausprägungen nicht wirklich mögen, aber für ihre Bezeichnungen muss man sie lieben: Klub (mit K, wie sonst?) der Intelligenz – das hat doch was! Wer wöllte da nicht Mitglied sein? Manfred von Ardenne hatte den Klub initiiert, in dem Künstler, Wissenschaftler und Intelligenzia durchaus nicht unkritische Treffen veranstalteten. Freilich war es ein geschlossener Zirkel – nicht offen für alle. Noch heute erkennt man diese Dresdner Kaste übrigens: Die Männer tragen gerne Baskenmützen – die mit der kleinen Stabantenne in der Mitte! Ob auch Frauen im Klub der Intelligenz waren, weiß ich nicht – vielleicht kriege ich es noch raus. Wenn ja, dann wäre auf jeden Fall interessant, was die auf dem Kopf trugen…Denkmalschutz wurde in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts nicht so groß geschrieben: Beim Umbau1956/57 unter Leitung von Gerhard Guder ging ein Großteil der historischen Innenausstattung verloren.

Heute gibt es im Lingnerschloss übrigens ein Büro des Dresdner UNESCO-Weltkulturerbes, und es gibt auch Ausstellungsräume dort. Was machen die bloß, wenn wegen des Waldschlösschenbrückenbaus der Titel aberkannt wird?

Schloss EckbergSchloss Eckberg, unser nächstes Ziel, war direkt vor der Wende Jugendtourist-Hotel. Erklärtes Ziel der DDR-Führung: Westliche Jugendliche sollten staunen und denken: Wow, was für ein tolles System, dass es Jugendlichen ermöglicht, in solch edlen Häusern zu schlafen – und das auch noch für kleines Geld (nur wenige Mark kostete die Übernachtung). Dass hier (fast) nur Westklassen schliefen, dass die Jugendlichen im Rahmen ihres Hotelaufenthalts ein gelenktes Programm mit geschulten Begleitern aufgezwungen bekamen – das merkten sie nicht unbedingt. Heute ist das Schloss ein Hotel für eher Betuchte, das gleiche gilt für das Restaurant. Aber es ist seinen Preis wert und hat – auf der Terrasse bei Sommerwetter – den bezaubendsten Freisitz in Dresden zu bieten.Da müssen wir also hin! Zwischen Schloss Albrechtsberg und dem Lingnerschloss gibt es keine ersichtliche Grenze – man merkt heute noch das alte Zusammengehören der beiden Komplexe. Eckberg hingegen führt in jeder Hinsicht ein Eigenleben, weswegen es auch eine Mauer rundherum gibt. Allerdings eine mit Toren, und wenn man Glück hat, ist das zum Lingnerschloss „für Gäste des Hotels oder des Restaurants“ geöffnet.

Schloss Eckberg entstand nur kurz nach den beiden anderen Schlössern, erlaubt sich aber einen ganz eigenen Stil. Neogotischer Tudorstil sagen die Architekurbeflissenen, Dornröschenschloss könnte man weniger fachmännisch sagen, und wer es kitschig findet, steht vielleicht auch nicht allein da. Sei’s drum: Eckberg ist ein Hingucker, mit seinen Türmen und Zinnen. 1859/61 wurde es nach Plänen Christian Friedrich Arnolds für den Großkaufmann John Daniel Souchay erbaut – für den Geldadel also.

SonnenanbeterOffensichtlich konnte man Anfang des 20. Jahrhunderts mit Mundhygiene in Dresden gut reich werden: Odol-Lingner hatte die Villa Stockhausen gekauft, Schloss Eckberg gelangte 1925 in den Besitz des Zahncremefabrikanten Ottomar Heinsius von Mayenburg (“Chlorodont”). Für das Schloss und seinen Park durchaus ein Glücksumstand, denn Mayenburg galt als großer Gartenfreund und Botaniker – also ließ er den Schlosspark in einen prächtigen Blumengarten umgestalten und hielt – damals nicht selbstverständlich – das Areal in den Sommermonaten auch für die Allgemeinheit offen.Von Mayenburgs Gestaltung haben auch heutige Besucher noch etwas – zum Beispiel stehen sie erstaunt-verwundert vor dem „Sonnenanbeter”, den der Dresdner Jugendstilkünstler Sascha (Alexander) Schneider geschaffen hat. Ein schöner Jüngling, den Mann sich gerne genauer ansieht! Eckbergs Garten steht den Besuchern auch heute offen (es sei denn, eine Großveranstaltung lässt dies nicht zu).

Schloss EckbergAugen hoch! Das Neogotische bietet dem Auge nämlich immer wieder Neues. Wenn man den richtigen Standort erwischt hat, kann man sogar durch die Rosen die Hochzeitssuite im Turm entdecken, und man hört die Braut förmlich „wie romantisch!“ seufzen. Wir Irdischen, die nicht im Honeymoon schwelgen, gehen derweil in den Keller, wo einerseits die Toiletten untergebracht sind, andererseits aber auch eine Bar (welch praktische Nähe!). Dort gibt es Kunst zum Schmunzeln: Lothar Sell aus Meißen hat dort Muster seiner unverwechselbaren Plastiken stehen – und wieder freut man sich, dass in der DDR nicht alles schlecht war und man heimischen Künstlern bei einem Hotelneubau (1985) auch eine Chance gab.(wird fortgesetzt)

[Karte des Spaziergangs]

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