Wandern auf der weiß-roten Route

Apulische Augenblicke (23)

Die Bilder für diesen Beitrag waren auf der Plattform Ipernity gehostet und wurden dort gelöscht.
Wir sind dabei, die Fotos neu einzubinden, aber das kann etwas dauern – sorry.

Foresta Umbra

Die zweite Wanderung durch Foresta Umbra war prinzipiell ein wenig geplanter als der erste Trip und sollte auch länger ausfallen – eine Tagestour. Zwischenzeitlich drohte das Unterfangen zwar zur Tortur zu werden – doch dazu später mehr. Wir begannen die Wanderung frohen Mutes an einem wunderbaren Parkplatz in der Nähe eines Picknickplatzes – zum Wiederfinden: Kurz hinter Kilometer acht auf der Straße von Vieste zum Informationszentrum.

Unsere Absicht: Die Wanderung 2 aus dem Plan der Parkverwaltung zu finden.

Auf den alten rot-weißen SpurenUnsere Wanderung: Schön, aber nicht die gewollte. Die Entscheidung zum schönen falschen Weg fiel früh an einer Kreuzung, die es auf der Karte gar nicht gab. Die Karte ist nämlich pädagogisch wertvoll und damit fürs Leben nicht brauchbar: Es stehen nur Wege drauf, die man gehen darf; solche, die man nicht gehen soll, sind schlichtweg nicht eingezeichnet. Man kann sich also so gut wie gar nicht orientieren, denn wenn man Karten nach dem Motto „Was nicht sein soll, zeigen wir nicht“ zeichnet, kann man es auch gleich sein lassen. Lustig: Die Wege, die wir gingen, waren ausgeschildert (zuerst gelb, dann weiß-rot und schließlich weiß-rot und gelb) – aber wohin sie führten, blieb das Geheimnis der Baumanmaler. Mittlerweile weiß ich, dass es Zeichen eines alten Wandernetzes sind – eines Wegesystems, das nicht mehr gepflegt wird.

Wir ließen das Los entscheiden zwischen rotem Kreis, weiß-rotem Balken und gelbem Strich und entschieden uns: für weiß-rot. Ein wunderbarer Weg, wenn auch der falsche! Wenn ich das im Nachhinein richtig einschätze, führte er immer südlich vom Wunschpfad durch sich sauber voneinander abgrenzende Vegetationszonen. Bäume, Blüten, Schmetterlinge – langweilig war’s nie! Wir ahnten bald, dass wir uns irgendwann falsch entschieden hatten, wussten aber weder genau wann noch wo wir waren – außer: auf der weiß-roten Route.

Ist denn schon wieder Freitag?Plötzlich erreichten wir eine Lichtung mit zwei Badewannen an einem altem Brunnen: Das konnte nur Piscina di Picone sein – ein Punkt auf der Karte, zu dem absolut kein Weg führte. Die Wannen machten keinen sehr einladenden Eindruck, und auch das Brunnenwasser sah nicht nach einem Spitzenplatz einer Apulischen Wasserqualitätshitliste aus. Also ließen wir die Piscina in the Middle of Nowhere hinter uns und taperten munter weiter: Es war ja schön, und die Bäume trugen ausreichend oft weiß-rote Streifen! Irgendwann wurden die Auszeichnungen spärlicher. Das ist dann die richtige Zeit und zweifelsohne auch der richtige Ort, über Orientierungssinn, Kartenlesevermögen und Umkehrpläne zu diskutieren. Als hilfreiches Argument erwies sich ein plötzlich auftauchendes richtiges Schild. Leider war es nicht für uns, denn es wies Radfahrern den Weg: Rechts zweimal in den Wald, links zur Caserma Caritate, nahe unserem Ausgangspunkt.

Im SchattenwaldNa, den nehmen wir doch, selbst wenn wir zu Fuß sind! Außerdem geht der Weg immer schön bergab und gehört zu den schönsten Strecken, die man hier gehen kann. Wir erlaufen uns die offizielle (!) Tour drei, laut Parkverwaltungsplan. Obendrein begehen wir die Wanderstrecken „gelb“ und „weiß-rot“, laut den Bäumen links und rechts. Wir marschieren erneut durch die Vegetationsebenen: Besonders bei den Ginstern, die in der Sonne strahlend gelb leuchten (wie Ginster das so machen, wenn die Sonne scheint) ging uns das Herz der Begeisterung über. Und als wir, so ganz ohne Beschreibung, tatsächlich wieder da ankamen, wo wir los gegangen waren, war auch für die gerne ein wenig an meiner Orientierung zweifelnde Sylke wieder die Welt in Ordnung…

BullenfotografieDie nächstmögliche Krise hätte sich anbahnen können, als auf der Heimfahrt die Straße urplötzlich gesperrt war. Nein, keine Baustelle, kein Giro d’Italia, kein umgestürzter Baum: Bullen standen auf der Straße und sahen uns hochinteressiert an. Nach kurzer Diskussion in einem uns nicht verständlichen Cowderwelsch verwandelten sich die ausdrucksstarken Gesichtsmuskeln. Die hellhäutige Gesellschaft guckte plötzlich nur noch kuhl und zottelte gelassen an uns vorbei. Dass diese Begegnung nicht zur Krise ausartete, lag am Mut meiner Beifahrerin – und vielleicht auch am nicht so genauen Hinsehen. Tapfer hatte Sylke das Auto verlassen, um sich den „Kühen“ fotopirschend zu nähern – und es ist ja auch nichts passiert, außer wahrscheinlich einem netten Foto (das ich aber noch nicht gesehen habe).

Agrotourismus CimagliaHej, nun waren wir abenteuerlustig und bogen bei nächstbester Gelegenheit von der Hauptstraße ab. Grobe Richtung: Küste. In Wirklichkeit aber landeten wir an einem Ort, den wir schon seit drei Tagen heimlich gesucht hatten (soooo ein Zufall!): Einem Weinbauernhof mit kleinem Restaurant, Übernachtungsmöglichkeit und Außer-Haus-Verkauf. Wir suchten keinen Übernachtungsort, klar. Aber die Cantine Cimaglia, die in Agritourismo macht und als „grüner Punkt“ sich heimischen Produkten verschrieben hat, war uns als ein Ort leckeren und unverschämt günstigen Weines beschrieben worden.

Fünf Liter fünf Euro. Und lecker.Hier gibt es Vino da Tavola Rosso in einem Gebinde, das Weingenießern die Tränen in die Augen treibt: 5 Liter im Plastikkanister für 5 Euro. Wenn man freilich um Wein nicht so ein Gewese macht, sondern ihn einfach produziert und sauber ausbaut, kann er lecker sein und billig. Nur Wasser (auch aus und in Plastikflaschen, übrigens – und das nicht mal geächtet) ist günstiger.

Die Cantine hatte, wie es uns schon so oft auf unserer Reise wegen unmöglicher Einkehrzeiten passiert war, offiziell geschlossen – aber genug Menschen wuselten auf dem Hof herum und ließen uns herein. Und wie auch schon häufig erlebt: Die Menschen waren freundlich, offen, geduldig mit uns. Die zwei Glas, die wir – um den Wanderstaub aus dem Körper zu entfernen – vorher tranken, gab’s übrigens gratis.

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