Deftiges mit Paul

Gutbürgerliche Küche in der renovierten Leutewitzer Windmühle

Leutewitzer Windmühle

Der Dresdner Stadtteil Leutewitz liegt erhaben über der Stadt, aber es geht noch höher: Auf einem kleinen Hügel, der ursprünglich 1839 als Erdhaufen vom Bau des Abwasserschachts der Grubenentwässerung des Wurgwitz-Zauckeroder Kohlenreviers entstanden ist, steht eine Holländer-Windmühle – seit Mai diesen Jahres sogar wieder mit Flügeln, obwohl ja seit 1914 gar kein Mehl mehr gemahlen wird.
Macht nichts, zu einer Mühle gehören Flügel, und das technische Denkmal steht weiß getüncht und abends gut angestrahlt ganz schön stolz auf dem Hügelchen und lädt zum Besuch ein. Drinnen begrüßt uns einer, der nicht Müller ist, sondern Wirt – und das macht er richtig gut: Er strahlt, er geleitet uns hoch in die erste Etage und betuddelt uns (wie auch die anderen Gäste), dass es eine Freude ist.

Das Essen entspricht dem, was man erwartet, wenn draußen „gutbürgerlich“ dransteht: Deftiges in nicht zu kleinen Portionen. Alles kommt in beängstigender Geschwindigkeit, woraus man dann so seine Schlüsse zieht, aber Geschwindigkeit ist bekanntlich keine Hexerei, sondern nur eine Frage der Technik.

Die Soljanka ist so, wie viele sie in guter Erinnerung aus Zeiten haben, die schon zwanzig Jahre und mehr her sind. Bis auf die Kresse vielleicht, die oben auf dem Klacks Sahne grüne Farb- und Geschmacktupfer gab. Lecker lecker, aber als Vorsuppe für unsereins verheerend viel. Man hätte ja nicht aufessen müssen – aber wenn’s doch so gut schmeckt?! Nicht anders die Tomatensuppe – nichts Besonderes, eigentlich, aber gut gewürzt und kräftig – und oben drauf ein frisches Basilikumblatt und Sprossen, beides gut für Geschmack und Optik.

Das Mühlenfeuerfleisch steht als „scharf “ auf der Karte – und große Überraschung: Was da in der Pfanne serviert wird, ist scharf! Das ist schön, denn oft haben Köche Angst vorm Publikum und nivellieren alles auf den größten gemeinsamen Nenner herunter! Wenn nun auch noch die Bratkartoffeln zum Schnitzel nach Wiener Art wirklich so knusprig gewesen wären, wie sie auf der Karte standen, wäre es perfekt gewesen. So waren sie nur gut, aber das ist ja auch schon was wert! Müßig zu erwähnen, dass beide Portionen riesig waren – zum Dessert gab’s dann auch keine Plinsen, sondern einen Kräuterbitter!

Nach dem Dessert und dem Bezahlen konnten wir dann übrigens noch Paul kennen lernen: Das ist ein farbenprächtiger Vogel, der nach Papageienart schon mal seinen Kommentar dazu gibt. Wenn Paul gut drauf ist, kann sein Geplapper schon als störend empfunden werden – aber wenn die Gäste gut drauf sind, finden sie Paul wahrscheinlich eher köstlich.

Leutewitzer Windmühle
Steinbacher Straße 56
01157 Dresden
Tel.: (0351) 46 44 713
Fax.: (0351) 46 44 714
http://www.leutewitzer-windmuehle.com

Geöffnet
Montag bis Freitag ab 17.00 Uhr
Samstag, Sonn- und Feiertags ab 11.00 Uhr

[Getestet am 23. November 2009 | [Beitrag zuerst erschienen am 10. Dezember 2009 in PluSZ, Beilage zur Sächsischen Zeitung | Lage | Zur Karte der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung ]

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