Perfektion mit optischen Spielereien

Im Meißner Weinbistro 30s kann man genussvoll essen und trinken

30s Weinbistro

Menschen, die sich gerne einmal ein wenig jenseits ausgetretener Wege umschauen, werden selten bestraft. Wer beispielsweise in Meißen die Burgstraße hochläuft, bräuchte nur einmal durch die Toreinfahrt beim Haus Nummer 6 einen Blick in den Hof und das Haus in zweiter Reihe zu riskieren, um eine feine kleine Entdeckung zu machen: Dort tischen „die 30s“ auf, wie sich Olaf und Christiane Dreißig selbst nennen. Er steht in der Küche, sie hat den Service übernommen – zusammen sind sie das Weinbistro 30s.

Viel Platz ist nicht – wer ohne Reservierung kommt, braucht schon ein wenig Glück, um einen der 23 Plätze zu ergattern: Es hat sich zumindest bei den Einheimischen herumgesprochen, was man dort in der Burgstraße bekommt: handwerklich sauberes, genussvolles Essen und eine überschaubare, aber gute Auswahl hauptsächlich deutscher und europäischer Weine in sehr angenehmer Atmosphäre.

Die Karte ist nicht groß, aber dennoch ist für viele Geschmäcker etwas dabei. Wir stellten uns je ein Drei-Gang-Menü zusammen, das Dank zwei kleiner Vorabs noch ein wenig aufgehübscht wurde: Zuerst gab’s ganz harmlos Brot und Gänseschmalz – aber von der gefährlichen Sorte, wo man gar nicht aufhören kann zu naschen. Warmes Brot, krosse Kruste, feines Schmalz – herrlich! Dann, immer noch vor dem ersten Gang, als Gruß aus der Küche ein Kürbissüppchen mit Kürbiskernöl, das mit einer schönen Ingwerschärfe den Gaumen kitzelte. Wir waren gut vorbereitet!

Die Mediterrane Fischsuppe mit Knoblauchcrôutons hatte südfranzösische Qualität, mit reichlich Fisch und Meeresfürchten verschiedener Sorten, wie es sein sollte. Nur die Petersilie obendrauf, die passte gar nicht (eine Rouille wäre besser gewesen!). Hausgemachte Kürbisravioli mit Salbeibutter auf Lauchgemüse, die zweite Vorspeise, zerging auf der Zunge und offenbarte würzigen Kürbis. Und obendrauf? Grüne Petersilie und eine lila Blüte. Um es kurz zu machen: Dieses Deko-Pärchen zierte auch die beiden Hauptgänge. Aber das vergessen wir mal für einen Moment.

Rosa gebratenes Lammcarree mit Kräuterkruste, gerösteten Chorizo-Scheiben und scharfem Paprika Couscous auf dem einen und Rosa gebratene Barberieentenbrust mit Rahmschwarzwurzeln im Kräutercrépes auf dem anderen Teller waren beide perfekt gemacht! Selbst gerne nörgelnde Kleinigkeitenfinder hätten es schwer gehabt: Zartes Fleisch auf den Punkt gegart, würzende Kräuter (mal auf dem Fleisch, mal auf der Crépe) – und im Falle der Schwarzwurzeln, die sicher manch einer schon in der abschreckendsten Art und Weise serviert bekommen hat, große Freude, wie schmackhaft das Gemüse sein kann.

Die Dessert-Überraschung war die Crème brûlée von dunkler Schokolade und Vanilleeis: Passte, sogar die Deko! Und für die anderen Schmuck-Blüten-Versuche bekommt Olaf Dreißig ja vielleicht zu Weihnachten ein Büchlein von Antoine de Saint-Exupéry, der schon 1939 schrieb: „Perfektion ist nicht dann erreicht, wenn es nichts mehr hinzu zu fügen gibt, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann.“

30s Weinbistro
Burgstraße 6
01662 Meißen
Telefon: 03521 – 476498
E-Mail: info@30s-weinbistro.de
Internet: http://www.30s-weinbistro.de

Geöffnet: Mo, Mi-Sa ab 17 Uhr
Sonn- und Feiertag ab 12 Uhr

[Beitrag erschien am 3. Dezember 2009 in PluSZ, Beilage zur Sächsischen Zeitung | Zur Karte der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

1 Kommentar

  1. Wenn die Bedienung wenigstens ein hübsches Schürzchen oder so etwas ähnliches an hätte, würde man sie sogar als Bedienung wahrnehmen. Die eine oder andere Zigarette in den Pausen weniger geraucht und schon ist es auch angenehmer für die nichtrauchenden Gäste …
    Die Speisen sind sehr gut. Nach zwei Versuchen gehen wir aber aus erstgenannten Gründen nicht mehr in dieses Lokal – leider.

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