Zweiter Spaziergang: links vom Fluss

In Florenz (4)

Die Bilder für diesen Beitrag waren auf der Plattform Ipernity gehostet und wurden dort gelöscht.
Wir sind dabei, die Fotos neu einzubinden, aber das kann etwas dauern – sorry.

Unterm Korridor

Einmal unterm Vasarikorridor entlang und dann über die Ponte Vecchio auf die andere Seite des Arno gehen! Wir sind dann Altrarno (manche sagen auch „Oltrarno“), was nichts anderes heißt als „auf der anderen Seite des Arno“. Und da ist es erst einmal nett. Die Straße Borgo San Jacopo verläuft parallel zum Arno, und wenn man ein wenig aufpasst, findet man einen Weg zwischen den Häusern und kann an den Fluss – zum Beispiel beim Restaurant Il Ristoro – der Abstecher lohnt, denn man kann erstens die Ponte Vecchio einmal von der anderen Flussseite sehen und zweitens die Häuser am anderen Ufer studieren. Die Straße gibt es von der Grundstruktur fast tausend Jahre, und irgendwie hat sie ihren mittelalterlichen Charme in die Neuzeit retten können.

San Jacopo ApostoloAm Weg liegt die griechisch-orthodoxe Sacra Chiesa Di San Jacopo Apostolo. Von außen macht die Kirche einen eher unscheinbaren Eindruck, aber das zählt ja nicht. Im Inneren findet sich ein wunderbarer Stilmix von der Romanik bis zum Barock, der sich halt ergibt, wenn ein Gebäude in Würde altert. Die romanische Kirche aus dem 12. Jahrhundert wurde immer wieder umbaut und überformt: Der jeweils aktuelle Zeitgeist ist ein flüchtig Wesen und macht auch vor Kirchen nicht halt.

Santo SpiritoUnser eigentliches erstes Ziel (außer dem Weg, der ja immer unser Ziel ist!), sollte Santo Spiroto sein. Aber es war doch Sonntag! Da haben Kirchen aus Vereinsgründen für Touristen geschlossen! Aber draußen vor der Kirche ist die Piazza Santo Spirito, auf der die Flohmarktbeschicker frieren und – wie üblich – keine Flöhe verkaufen, sondern allerlei anderen Tinneff. Schmuck, Bücher, Hutbedeckungen sind da noch die brauchbarsten Dinge.

Trattoria Borgo AnticoDie Trattoria Borgo Antico sei bekannt für ihre hübschen Bedienungen, weiß Claudia, und man möchte ihr nicht widersprechen. Hübsch sind sie und nett und flink, also so, wie man es sich wünscht. Für die Damen unter den Gästen laufen entsprechend attraktive männliche Bedienungen herum, da ist man in Italien ja nicht so. Aber eigentlich waren wir ja des Essens wegen dort und nicht wegen Brautschau und so. Die Meeresplatte als Vorspeise war groß genug, um dreien zu dienen. Mehrere Sorten Muscheln und auch ausreichend Krustengetier in einer Sauce, die nicht nur nach Wein schmeckte, sondern auch scharf war. Die Pizzen danach waren eigentlich überflüssig, weil wir ja schon satt waren. Aber mit Steinpilzen (die eine) und viererlei Käse (die andere) belegt wäre es eine Schande gewesen, sie nicht probiert zu haben. Na klar: Pizzeria steht draußen dran – die schmecken sogar ohne Belag, was ja nicht selbstverständlich ist. Michele, der Chef des Hauses, war offensichtlich nicht zum Essen da, sondern auf Brautschau. Also nicht wirklich, aber er flirtete heftigst mit den beiden Damen herum. Sylke erhielt eine Gratismassage und was genau er mit Clau besprach, haben wir wegen mangelnder Italienischkenntnisse und anerzogener Diskretion nicht verstehen wollen. [Trattoria Borgo Antico, Piazza Santo Spirito 6R, 50125 Firenze. Tel. 055 210437]

Statua della DoviziaZum Palazzo Pitti ist es nicht weit. Wir aber nicht rein in diesen Palast, der (wahrscheinlich gebaut nach Plänen von Filippo Brunelleschi, der damals in Florenz fast überall seine Architektenhände mit im Spiel hatte) für den Kaufmann Pitti gebaut wurde, sondern nur durch und ab in den Garten. Was den Dresdnern der Barockpark von Großsedlitz ist, könnte den Florentinern ihr Boboli-Garten sein: Groß, mit vielen romantischen Wegen, zahlreichen Blickachsen und immer wieder versteckten Statuen. Natürlich gibt es Aussichtspunkte auf die Stadt, die einem das WOW im Halse ersticken lassen, wie beispielsweise vom „Kaffeehaus“ aus (ja, das heißt wirklich so). Das ist was für einen zweiten Besuch, mit mehr Zeit und mehr Sonne! Stundenlang hätte man sich hier noch herumtreiben lassen können – aber es drohte die Dämmerung, und wir wollten noch einen weiteren Garten durchstreifen sowie zur blauen Stunde den Haupttreffpunkt der Florenz-am-Abend-Fotografen erreichen.

Sex with a viewAlso raus aus den Boboli und gar nicht so weit davon (siehe Detail der Karte) rein in den Giardino Bardini. Auch hier gibt’s ein Kaffeehaus, aber die Dinger heißen nur so, denn zumindest im Januar gab’s dort nichts zu trinken. Schade eigentlich, denn die Aussicht ist grandios. Gleich hinter den Kolonnen des Kaffeehauses trieben es zwei miteinander, aber weil sie Kunst waren und nicht mehr lebten, nahm keiner daran Anstoß. Immerhin gilt zu vermerken, dass dies, an einem lauwarmen Sommerabend, sicher eine vorzügliche località für nette Augenblicke zu sein scheint.Wir waren die einzigen drei Besucher(innen) des Gartens, und da fanden wir es schon bemerkenswert, wie eine Lautsprecherdurchsage immer individueller wurde: Der Park würde schließen, und eventuell noch vorhandene Besucher möchten sich bitte un-ver-züg-lich aus demselben begeben, weil sie ja sonst dort gefangen wären und angesichts einschlägiger Skulpturen auf dumme Gedanken kommen könnten. Naja, ganz so haben sie es nicht gesagt, aber direkt angesprochen haben sie uns schon. Sehr nett! Und überflüssig: Drei Minuten vor Schließzeit schleuderten wir dem Personal am Ausgang ein freundliches „ciao!“ entgegen.

Die Gartenschlenderei hat uns wieder nahezu auf Fluss-Niveau gebracht, so dass es mal wieder hügelan geht, und zwar auf einem abenteuerlichen (weil glitschigglatten) Weg, der allerdings sehr schöne Aussichten bietet: Voraus links oben das Ziel, San Miniato al Monte. Hinter uns rechts Florenz mit der mittlerweile vertrauten Turm-und-Kuppel-Silhouette. Aber erst einmal: Nicht ausrutschen!

San Miniato al MontePuh, heil angekommen oben auf dem Hügel. Kurz vorher noch durch eine schnuckelige Siedlung mit alten Wohnhäusern gelaufen. Die haben dort eine gute Lage erwischt. Aber noch feiner ist die Lage von San Miniato, und nicht nur die Lage hat es in sich: die Kirche gilt als eine der schönsten Italiens. Wer sich für Architektur interessiert, kann hier eine Menge sehen und/oder lernen. Neben uns stand ein ganzer Haufen offensichtlich interessierter Menschen im Studentenalter, die sich von einem Jüngling im astreinen amerikanischen Übertreibungsstil die Feinheiten erklären ließen. Der Mann hatte Ahnung, auch wenn vieles reichlich pointiert klang. Also: Wer sich für Inkrustation oder die Protorenaissance interessiert, kann bei den verlinkten Begriffen anfangen und die nächsten 20 Minuten abschreiben…

FlorenzDen Innenbesuch mussten wir uns (wir hatten doch keine Zeit: Blaue Stunde!) aufsparen für den nächsten Besuch, weiter zum Piazzale Michelangelo! Das ist so eine Art Balkon von Florenz: Die Stadt liegt einem zu Füßen. Den Platz gibt es seit 1865, und an zentraler Stelle steht Michelangelos David. Um ihn herum fliegende Händler mit jedem nur erdenklichen Tand, wie man es von touristischen Plätzen erwartet. Wer hier kauft, hat selber Schuld und es nicht besser verdient. Lobend ist allerdings zu erwähnen, dass kein Händler aufdringlich war – sie hatten sich in ihr Schicksal ergeben, dass die (wenigen) Leute nicht ihretwegen da waren.

[Spaziergang (grün) auf der Karte | Alle Beiträge In Florenz]

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