Erbgericht Tautewalde

Erbgericht Tautewalde

Gestern im Erbgericht Tautewalde hatte ich eine gute Idee für preiswerte Restaurantbesuche: Wir nehmen sehr gerne das frische Brot vorweg, das mit drei Aufstrichen gereicht wurde (von denen lediglich der Hummus enttäuschte, weil es eher eine zu trockene Kichererbsenpampe war als die köstliche Mischung aus Sesammus, Knoblauch, Olivenöl, Petersilie, Kreuzkümmel und allerlei würzig schmeckenden Dingen mehr am natürlich auch notwendigen Kichererbsenpüree). Wir erfreuen uns an einem ungewöhnlich üppigen Amuse geule: Carpaccio, einem Mokkatässchen mit schaumiger Kartoffelsuppe und einem kleinen Salat mit genial fruchtigem Dressing. Und wir genießen die Pralinen, die es zum Espresso danach gibt. Und da alles aufs Haus geht, ist so ein Imbiss doch fabelhaft erfreulich, oder?

Naja, vielleicht doch keine so gute Idee, denn ohne die anderen bestellten Dinge wäre uns in der kulinarisch eher unterversorgten Oberlausitz einiges an Gaumenfreuden entgangen. Denn relativ fernab vom Schuss hält das Erbgericht Tautewalde das Fähnlein der Feinschmecker tapfer hoch. Wir probierten und genossen sehr die „Schaumsuppe von Zitronengras und Curry mit Garnelen-Mangospieß“, bei dem die Mango allein beim Hinsehen vom Spieß abfiel und die Garnelen sich trotz der Zuhilfenahme einer Gabel an den Holzspieß klammerten, als ob sie nicht gegessen werden wollten. Aber nach erfolgreicher Operation war die Suppe ein Gaumenspaß (vorausgesetzt, man mag Zitronengras und Curry 😉 Der auf der Karte angebotene Suppendialog „Essenz und Rahmsüppchen vom Hummer“ konnte leider nur als Monolog serviert werden, weil in der Küche irgendjemand die Essenz umgekippt hatte – sowas kann passieren. Dass es uns so kommuniziert wurde, ist freilich ein anderes Kapitel, doch dazu später mehr. Als uns das Malheur bei der Bestellung angekündigt wurde, scherzten wir, dass man das kleine Ungeschick ja durch ein wenig mehr Hummer ausgleichen könne. Wir wurden nicht enttäuscht, und nach Entfernen der Panade schmeckte die Schere gleich noch besser!

Die beiden Hauptgänge waren fleischig: „Irischer Lammrücken unter der Pecorinokruste an weißer Zwiebelmarmelade mit Rosenkohl und Kartoffelrösti“ gefiel sehr wegen des würzigen Lammfleisches, das wirklich rosa war und sehr sehr mürbe. Die Pecorinokruste bereitete den Geschmacksknospen Vergnügen, wohingegen die weiße Zwiebelmarmelade wahrscheinlich dem Kapitel Kochpoesie zuzuschreiben ist: Keinerlei nachhaltige Erinnerung. Außerdem: Marmelade? Aber egal! Als Tagesangebot fand ein schönes Rinderfilet den Weg zu uns, bei dem Morcheln und Schoten schöne Vorboten eines frühlingshaften Leipziger Allerleis hätten sein können. Leider waren die Morcheln etwas sandig. Ich sage nur: Waschen, waschen, waschen. Und das mehrfach! Aber Sand soll ja den Magen reinigen, oder? Dem „Störfilet nach alter russischer Art auf Wurzelgemüse und Stampfkartoffel“ hätte weniger Panade gut zu Filet gestanden – und ein wenig zu durch erschien es uns auch. Aber geschmeckt hat’s dennoch, und das ist ja die Hauptsache.

Zum Schluss gibt es noch etwas zu loben und etwas zu bekritteln: Ein Lob der Weinkarte, die ausreichend nette Weine offen anbietet. Nicht ganz so vergnügt waren wir über den Service: Der agierte zwar korrekt, aber eher lustlos und für ein Landhaus unangemessen steif. Zum Schluss, als uns gut gesättigt nach einem Digestiv war, verhielt sich die Bedienung so richtig suboptimal. Wir hatten zum Erdbeersorbet einen Erdbeergeist bestellt – doch der war nicht da (warum suchen wir eigentlich immer aus, was gerade aus ist? Und warum steht das dann auf der Karte?). Aber statt wenigsten dann auf den reichhaltig bestückten Wagen und die Sonderkarte hinzuweisen, beschied die Servicekraft uns mit dem Hinweis: Sie habe ja nicht wissen können, dass wir einen Digestiv wollten, als wir nach der Getränkekarte fragten. Fünf Prozent weniger Trinkgeld für diese selten dämliche (pardon!) Antwort…

Erbgericht Tautewalde
Tautewalde 61
02681 Wilthen
Tel. 0 35 92 / 3 83 00
Fax 0 35 92 / 38 32 99
www.tautewalde.de

[Besucht am 20. März 2010 | Karte der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung | Ältere Kurzkritiken | Besuch 2011]

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