Alles klingt gut – das Schnitzel ist es!

Die "Kanzlei" möchte Dresdens Nr. 1 werden. Der Weg ist weit...

Kanzlei (2010)

Der Anspruch ist hoch: „Lassen Sie sich von uns überzeugen, dass das Restaurant Kanzlei Ihre Nummer 1 für gutes Essen in Dresden werden wird“ heißt es auf der Webseite der „Kanzlei“. Das ist ja mal ein sehr bescheidener Anspruch, wobei die Formulierung mit dem Gebrauch des Futurs alles unterhalb des Besten zulässt. Neugierig betraten wir also die Räume in der Striesener Villa und wurden von schmeichelnder Musik und zwei mittelgutdraufen Mädels hinter der Theke begrüßt. Die beiden hatten offensichtlich einen Ärger gehabt, denn sie zeterten den ganzen Abend verhalten rum, wenn sie sich unbeobachtet fühlten und zogen das profihafte Lächeln nur am Gast auf. Aber egal.

Man sitzt nett an eingedeckten Tischen und riecht schon, dass wohl wirklich Gutes auf einen zukommt – aus der Küche verströmt es undefinierten wohligen Duft beim Lesen der Karte. Die Schweizer haben wohl daran getan, mit Gout für Geruch und Geschmack ein gemeinsames Wort gefunden zu haben! Die Entscheidung fällt nicht leicht, weil alles gut klingt, und die Menüvorschläge klingen auch verlockend. Aber wir treffen dann doch die individuelle Wahl!

Die „Bouillabaisse von verschiedenen Edelfischen, Garnelen und Muscheln“ (5.20 €) schmeckte zwar richtig gut, war aber, mit Verlaub, eher eine Fischsuppe nach Art der Kanzlei. Edelfische kamen nur als Spurenelemente vor, was den Fischern von Marseille als Heimat dieser mit mindestens sieben unterschiedlichen Fischen zubereiteten Suppe ein müdes Lächeln entlocken würde. Und ohne Rouille – der köstlich knoblauchhaltigen scharfen Sauce – ist eine Bouillabaisse eh nur das halbe Vergnügen.

Besser in die Landschaft passte da schon das „Kohlrabi-Birnensüppchen mit Kresse“ (4,20 €), schön schaumig aufgeschlagen und der Beweis, dass Kohlrabi oft unterbewertet wird – nur weil man sie auch langweilig zubereiten kann. Die Suppe war perfekt und ein Kandidat für Wiederholungsbestellung!

Kann man perfekt noch steigern, ohne gleich „sensationell“ schreiben zu müssen? So war nämlich das tellergroße „Wiener Schnitzel – wahlweise mit frischen Bratkartoffeln oder unserem Speck-Kartoffelsalat“ (14,90 €), wobei wir, weil so entscheidungsarm, Bratkartoffeln und Salat parallel bestellt hatten. Das reute allenfalls das Gewichtskonto, denn die Bratkartoffeln (die sich unterm hauchdünn geklopften Schitzel versteckten) waren kross wie selten gegessen, und der Salat hatte dank Dijon-Senf seine eigene köstliche Note.

Die „Rosa Lammkeule unter einer Schwarzbier-Honig-Kruste mit karamellisierten Perlzwiebeln und Knoblauch-Rosmarin-Rösti“ (14.90 €) tendierte manchmal ins grau-rosa, war aber zart und gut gewürzt. Und die Rösti schmeckten tadellos! Die Portionen sind gut bemessen, weswegen die kleine, feineCrème brulée mit zwei Löffeln serviert wurde.

Eine überschaubare Menge vor allem hiesiger Weine ist im Angebot und wird freundlich offen angeboten. Was aber kein Grund sein sollte, den Roten ungefragt ins gleiche Glas wie den zuvor getrunkenen Weißen zu schenken. Jedenfalls nicht, wenn man auf dem Weg zum Besten sein will!

Restaurant „Kanzlei“
Pohlandstr. 18
01309 Dresden
Telefon/Fax: 0351 – 316 14 88

http://www.restaurant-kanzlei.de

[Besucht am 19. Februar 2010 für Augusto, Magazin für Genuss und Lebensart. | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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