Bosa (3): San Pietro Extramuros

Geschichten aus Sardinien (19)

San Pietro Extramuros

Ach, die Reiseführer haben ja alle so Recht: Bosa ist einfach eine schnuckelige Stadt. Wir hatten eine Ferienwohnung direkt am Temo bekommen, mit Blick (vom kleinen Balkon) zur romanischen Kirche San Pietro Extramuros aus dem Jahr 1060. Dass der Temo in Sardinien als kleine Sensation gilt, weil er „der einzig schiffbare Fluss der Insel“ ist, liest man überall. Aber hallo: Von der Mündung aus kommt man ganze fünf Kilometer stromauf! Klar, es reicht von der Marina bis zur Stadt (das sind sogar nur etwa zwei Kilometer!), was für den Handel früher schon wichtig und bedeutend war.

Kreuzfahrer auf dem TemoAber dass es auch Kreuzfahrten auf dem Fluss gibt, ist schon was fürs Kabarett. Schulklassen nutzten den Service offenbar gerne, sie tuckerten mit dem kleinen Boot stromauf bis zur Kirche und kamen wenig später zurück. Der Kreuzfahrer ist so klein, dass man ihn kaum sieht – aber das Gejohle der ragazzi ist kaum zu überhören. Sie haben ihren Spaß und können im traditionell fälligen Aufsatz über „mein schönstes Ferienerlebnis“ nun wählen, ob sie sich über die besondere Bedeutung der Handelsschifffahrt im Landesinnern von Sardinien, den extrem kurzen, auf vier verschnörkelnden Säulen stehenden Glockenturm von San Pietro oder das Kreuzfahrerleben als solches auslassen sollen.

San Pietro ExtramurosWir sind, wie banal, mit dem Auto vor die Tore der Stadt gefahren, um San Pietro zu besichtigen. Die Kirche war verschlossen, wie immer mittwochs im Mai, wie wir einem handgeschriebenen Zettel an der Tür entnehmen konnten. Pech gehabt, denn die Kirche hat sich im Inneren seit dem 11. Jahrhundert kaum verändert. Aber von außen ist sie auch ansehenswert – vor allem das offene Türmchen am vorderen Giebel und, auch vorne über der einzigen Tür zur Kirche, das Architrav mit vier Figuren und zwei stilisierten Bäumen.

SchnörkelturmFragt sich, wieso hier, etwa zwei Kilometer oberhalb von Bosa, eine alte Kathedrale steht? Ganz einfach: Da war einmal die Mitte des Ortes! Eine Brücke über den Temo hatte es auch gegeben, damals, als die Römer es hier schon schön fanden. Die Brücke ist übrigens eingestürzt und blockiert die Schifffahrt – deswegen geht’s also nicht weiter stromauf. Gerne hätten wir irgendwelche Reste gesehen, aber gefunden haben wir nichts auf dem Weg stromauf. Nur ein paar Angler, die uns argwöhnisch beguckten. Ob das Podest, von dem aus sie ihrer Freizeitbeschäftigung nachgingen, irgendwie mit der Brücke zu tun hat, konnten wir nicht in Erfahrung bringen.

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