Genuss in der Tonne

Themenabend mit Jacobsmuscheln, Krake & Co beim Winzer Müller

Jacobsmuschel, Krake und so

Auf einem silbernen Teller liegt Paulchens Bruder. Namenlos und auch nicht so prophetisch sich nur Siegern zuwendend wie der Krake aus Oberhausen, sondern – pardon für diese unvermutete Härte – tot. Man muss kein großer Prophet sein, um das Schicksal von Paulchens Bruder vorherzusagen: Im Kochtopf blubbert schon das Wasser…

Wir sitzen in einem Tonnengewölbe. Indirektes Licht und Kerzen erhellen den Raum. Ein Mann mit weißem Vollbart nimmt das silberne Tablett und zieht Paulchens Bruder in die Höhe: „Willkommen zu einem Abend, bei dem es um Jacobsmuscheln, Sepia und…“ – er schüttelt das Tier in der Hand ein wenig – „Kraken geht!“. Damit ist das Setting des Abends klar: Es wird sicher nicht staubtrocken zugehen. Das wäre, im anderen Wortsinn, sowieso kaum denkbar, denn der Mann mit dem Bart ist Dr. Christian Müller, der im Kavaliershaus von Schloss Albrechtsberg eine Weingalerie betreibt.

Im 350 Jahre alten Tonnengewölbe finden Weinproben statt und immer mal wieder auch Themenabende, bei denen es ums Essen und die dazu passenden Weine gibt. Der Terminkalender verzeichnet fast für jeden Tag eine Veranstaltung. Christian Müller ist ein köstlicher Erzähler, der sein profundes Wissen humorvoll rüberbringt. Auf die Gefahr hin, dass es ein wenig klischeehaft klingt: So stellt man sich einen Märchenonkel vor!

Diesen Abend kocht der Chef persönlich, was den Vorteil hat, dass er neben Informationen zu den Hauptakteuren der Speisekarte auch gleich die Rezepte verrät. Serviert wird unpretentiös: Die Teller sehen schlicht aus, da wird auch nichts an-bei-auf serviert, sondern einfach nur nett draufgelegt. Was in manchen Restaurants lieblos wirkt, stört hier nicht: Es geht eher familiär-rustikal zu, da wirkt das stimmig. Auch für die vier verschiedenen italienischen Weine an diesem Abend gibt es nur ein Glas (aber Wasser zum Spülen), außerdem vorher einen Prosecco und nachher einen Williams Christ jeweils im eigenen Glas.

So, genug der Vorrede: Die Jacobsmuscheln kommen! Nur leicht angewärmt im Ofen, mit Salzbutter feucht gehalten und quasi naturnah aromatisiert. Die beiden Muschel-Muskel lagen auf ebenfalls lauwarmen Nori-Algen, die mit Sesam und ein wenig Chili sowie allerlei anderen Kleinigkeiten pikanten Geschmack bekommen hatten: Vorzüglich! Der dazu greichte Bardolino rosé passte, mein Dessertwunsch stand fest: das noch einmal! (Nicht alle Wünsche gehen in Erfüllung, aber es gab, ungewöhnlich genug und in einer normalen Gaststätte nicht denkbar, einen Nachschag: Mini-Portionen für die, die wollten.)

Der nun folgende Krake war (natürlich!) nicht der vom Silbertablett, sondern ein Kollege. Gekocht und dann von der Haut befreit: Der Herr Müller fand, dass die zu hart sei und hatte den Octopus gepellt. Ein kleines Ratatouille ergänzte den Kraken – und wer dem als zu fremd oder gar befremdlich gegenübersaß, konnte vom gleichen Teller etwas konventioneller Garnelen und Linsen probieren, die im Nachhinein die geschmackliche Spitze des kleinen Menüs waren. Einen Barbera d’Alba, „der kleine Bruder vom Barolo“ (Müller zu seiner Wein-Wahl), gab’s dazu. Hätte ich freiwillig nicht genommen, passte aber erstaunlich gut!

Und wieder ging Christian Müller die fünf Stufen zur Küche hoch, kam zurück mit Sepia. Tintenfisch, der mit dem Tintensack – der Farbe der Maler. Zehn Füße, lernten die Gäste. Aha, so ist das also. Serviert mit einer Füllung aus Couscous, Tomaten und allerley Gewürzen, dazu einen Lagrein aus Südtirol und dem Jahr 2007.

Ein Tiramisu zum Dessert wurde vom Weißen Adler zugeliefert, es war nicht wirklich italienisch. Aber der 2006er Amarone dazu war das Dessert wert!

Weingalerie Dr. Müller 
Kavaliershaus Schloß Albrechtsberg
Bautzner Str. 130
01099 Dresden

Tel. 0351 2517819
mobil 0179 5321931
mail@winzer-mueller.de

[Besucht am 23. Juli 2010 | Lage | Zur Karte der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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