Vielleicht einer der schönsten Plätze Italiens…

Massa Marittima

Wenn der Reiseführer schreibt, dass wir in einem Ort „vielleicht einen der schönsten Plätze Italiens“ fänden, dann kommt angeborene Skepsis auf: Mit Superlativen kann man ganz schön reinfallen, selbst wenn die Quelle (in diesem Fall der Herr Michael Müller vom gleichnamigen Verlag in seinem 756-Seiten-Kompendium „Toscana“) als zuverlässig eingeschätzt wird. Wir legten die Route durchs toskanische Erzgebirge also so, dass wir zu angemessener Zeit in Massa Marittima eintreffen würden. (Wer uns kennt, ahnt: eine angemessene Zeit ist solche, die ein Fenster für einen Restaurant-Besuch vorsieht).

Wie es in der Toskana so Sitte ist, liegt die Stadt auf einer Anhöhe, so dass man sie erstens von weitem schon sieht und zweitens von oben dann einen feinen Blick ins Land hat – der in Massa Marittima reicht bis zum Meer, was den zweiten Namensbestandteil Marittima hinlänglich erklären könnte. Aber die Wikipedia klärt uns auf, dass damit der Ort als zur Maremma gehörig bezeichnet wird – der Sumpflandschaft, die in römischer Zeit Maritima Regio hieß. Aha.

Massa MarittimaVom großen (kostenlosen, da bleiben einem die schönsten Ticket-Geschichten erspart) Parkplatz nähert man sich der obligatorischen gut erhaltenen Stadtmauer auf einem schön ausgebauten Fußweg und kann schon einmal nach Türmen schauen. Aber von außen sieht man nichts Beeindruckendes! Also hinein durchs Stadttor und durch enge (autofreie) Gassen der Altstadt Richtung Piazza Garibaldi, jenem vielleicht schönsten Platz Italiens. Der Herr Müller gerät bei seiner Beschreibung regelrecht ins Schwärmen und rühmt die „fast magische Anziehungsskraft“ der „Harmonie des Asymmetrischen“, lässt die Zeit auf den Treppen zum Dom sitzend im Nu vergehen und zaubert schwuppdiwupp den Abend herbei, an dem die Scheinwerfer angehen. Nun denn, sei’s drum: Wir kamen gegen zwei Uhr mittags an und sahen auf dem Platz zwei Busse mit laufenden Motoren sowie mehrere Häuflein folkloristisch gekleideter Volksmusikanten, die vor dem Dom spontan ein fröhlich Lied anstimmten. Derlei provoziert bei mir ja fast eine magische Abschreckung, und ein Platz mit vor sich hin dieselnden Bussen ist auch nicht fotogen.

Massa MarittimaWir beschlossen also, erst einmal ein wenig durch die Gassen zu laufen und uns Platz wie Dom später noch einmal vorzunehmen. Viele Gassen gibt es nicht in der Città Vecchia, man ist schnell durch und landet wahrscheinlich über kurz oder lang in der Oberstadt, die etwas jüngeren Datums ist. Ein Treppenweg führt nach oben, ein schönes Tor mit noch fotogenerem Bogen erfreut die Fotografen. Die Aussicht von hier ist – wer hätte bei der Bezeichnung „oben“ anderes erwartet? – ausgezeichnet! Wer genug Zeit hat, kann diversen Museen einen Besuch abstatten, aber wir waren ja auf der Durchreise und sparten uns das.

Der vielleicht schönste Platz Italiens war, als wir ihn erneut besuchten, zwar von Bussen und singenden Folktruppen befreit, aber irgendwie war die Magie immer noch nicht angekommen. Die beeindruckenden Palazzi rundherum ergeben zwar ein beeindruckendes Bild, aber besonders stimmungsvoll erschien es uns nicht. Wahrscheinlich schien die Mittagssonne zu grell! Zumindest war sie der Grund, zwar in den Dom zu gehen, dessen Bau im im 11. Jahrhundert begonnen wurde, aber sich nicht auf die schönen Stufen davor zu setzen. Das ist dann doch wohl eher was für den Abend. Wir suchten und fanden für den kleinen Hunger einen freundlichen Wirt, der zum obligatorischen Wein einige Bruschette mit feinem Belag servierte…

[Lage Massa Marittima | Lage Festung]

2 Kommentare

  1. Ich stimme Ihnen voll zu, nicht jedes geruehmte Plaetzchen ist es wert ‚entdeckt‘ zu werden, wir besuchen Itaien oft und die letzten Eindruecke stammen aus der westlichen Toscana an Umbrien angeschmiegt, um Arezzo und Sansepolcro herum und die herrliche magische kleine Stadt Anghiari, welch einen mehr als zauberhafen Blick erlaubt ueber die charmante Umgebung. Arezzo ist tatsaechlich ein Traumort….

  2. Leider schon lange her, aber wir kamen gegen 22,45 an(23 Uhr schließen die Lokale !). Bekamen trotzdem noch nen Schluck und auf dem wirklich schönen theaterhaft wirkendem Platz spielte ein fast einsamer Pianist auf einem im Freien stehendem Flügel! Zauber, Zauber

1 Trackback / Pingback

  1. San Gimignano: Unterwegs im Mittelalter | STIPvisiten

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*