Homage

Homage

Die Villa am Wasaplatz Nummer eins wurde vor über hundert Jahren gebaut und hat, wie so viele Hausgenossen, eine bewegte Geschichte hinter sich. Vom Einfamilienhaus eines Glashütter Uhrmachers (das war schon Anfang des 20. Jahrhunderts ein einträglicher Broterwerb) über den „gesellschaftlichen und kulturellen Mittelpunkt der Strehlener Bürger“ nach dem Krieg (Zitat aus der Haus-Information in der Karte) bis zum Restaurant nach der Restaurierung des Hauses 1993. 2004 gab es einen Betreiberwechsel, seitdem residiert in der Villa das Homage.

Das Homage ist ein feines Wort-Bild-Spiel: Es steckt darin ja eine Oma, und eigentlich ist das Restaurant eine Hommage an die Omas dieser Welt: Man glaubt eher in einer Wohnstube zu sein als in einem Restaurant. Neudeutsch würde man ja von Lounge sprechen, aber eben nicht mit diesen stylishen Möbeln, sondern mit Sesseln, Sofas und Plüschteppich. Aus den Lautsprechern (soviel Modernismus darf sein) erklingt Musik wie zu Omas Zeiten – Claire Waldorf im Original und Max Raabe als Nachmacher. Die Fromme Helene blickt mit Ihrem Mona-Lisa-Unschuldsgesicht von der Karte, die natürlich diese alte Schrift nutzt, die die Jungen gar nicht so richtig lesen können. Aber es sind an diesem Mittag eh nur Ältere da – am Nebentisch feiern neun Herren und eine Dame, die zusammen mindestens so alt sind wie die Stadt Dresden. Nach dem Sekt bestellen sie dann doch lieber Radeberger und trinken später dann Schnaps. Im Separée die Herrschaften, die zwar schwarz gekleidet, aber für eine Trauergesellschaft irgendwie zu fröhlich Sherry tranken, und im anderen Nebengelass noch ein Zwölfertisch mit über 800 Jahren Lebenserfahrung: Sie alle lasen und verstanden.

Wir sind ja auch nicht mehr die Jüngsten und außerdem schrifterfahren, also orderten wir ohne Problem eine Limetten-Kokossuppe mit Garnelen, die angenehm frisch-säuerlich war. Die Garnelen zu unserer großen Freude (und, zugegeben, Überraschung) nicht totgegart, sondern gerade richtig. Gerne notierten wir auch diese Kleinigkeit: Die Suppe war heiß! Rosa gebratene Tranchen von der Entenbrust an Pflücksalat mit Pfirsichfilets und Honig-Senf-Vinaigrette schlossen sich an, und das hätten wir einer Oma nun gar nicht zugetraut: Die Entenbrust außen wirklich kross und in der Tat rosa, der Salat mit dem pikanten Dressing benetzt und knackig-fruchtig. Lediglich beim einzig modernistischen Dessert – einer Crème brûlèe – schüttelten wir den Kopf: Zu wenig Caramel, und die hauchdünne Schicht (wie die Créme insgesamt) zu kalt.

Homage
Wasaplatz 1
01219 Dresden

Tel.: 0351 / 6475547
http://www.omaopa.de/homage.php

Geöffnet: werktags ab 11.30 Uhr, sonn- und feiertags ab 11 Uhr

[Besucht am 14.04.2011 | Leicht gekürzte Fassung veröffentlicht im Mai 2011 in Augusto, dem Magazin für Genuss und Lebensart der Sächsischen Zeitung | Lage | Zur Karte der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*