Lila Soße

Lila Soße

Kann es eine befremdlichere Vorstellung geben als die von lila Sauce? Nicht wirklich – und so verwundert es nicht, dass ein Restaurant mit eben jenem Namen erst einmal kritisch beäugt wird: „Lila Soße – Junge deutsche Küche“ versprechen Eve Prause (im Service) und Boris Kögel (in der Küche) und schreiben auf der Karte sowie im Web: „Die Wahrscheinlichkeit, eine lila Soße zu kosten, ist wohl weitaus geringer, als einer lila Kuh über den Weg zu laufen.“ Also vergessen wir den vielleicht unglücklichen Namen und gucken aufs Konzept, das mit „junge deutsche Küche“ zwei Dinge andeutet: es gibt deutsche Kost – aber nur von alten Rezepten angeregt und frisch zubereitet. Nicht ganz neu ist die Idee, das Essen zum Teil in Weckgläsern zu servieren: sowas machen engagierte Köche seit Jahren, wenn auch nicht so konsequent. In der „Lila Soße“ gibt es viel aus dem Glas – aber es ist nur Show: Eingeweckt (so wie es die Idee von Herrn Weck Anfang des 20. Jahrhunderts war, als er das Patent von Dr. Rudolf Rempel aufkaufte, um mit seinen Gläsern ein feines Geschäft zu machen. Wobei einwecken ja auch besser klingt als einrempeln, oder?) – eingeweckt also sind die Dinge gar nicht, sie werden lediglich in den Weck-Gläsern serviert: Kalte Vorspeisen und Desserts kann man in der Kühlung inspizieren, die warmen auf gut Glück ordern.

Mit der Weckglas-Idee wollen die Lilasoßenbetreiber an das anknüpfen, was die Kundschaft vorher jahrelang in dem Restaurant im Hof der Fabelwesen in der Kunsthofpassage gewöhnt waren: Tapas. Erfreulicherweise knüpfen sie aber auch nur an die Idee an, denn der Rest ist eigenständig: Freundliches Personal! Gute Küche! Sehr ordentlicher Wein! Und alles bezahlbar!

Von den sieben Vorspeisen aus dem Weckglas (alle für 3,80 Euro) haben uns zwei besonders gefallen: Sächsischer Rindfleischsalat mit Meerrettich – eine ordentliche Portion mit sehr würzigem Rindfleisch und einer nicht aufdringlichen Schärfe vom Meerrettich. Und Matjestatar mit Roter Beete – ein Klassiker, den schon die Oma servierte, der aber immer noch schmeckt (es war ja nicht alles schlecht, früher!).

Für die Hauptspeisen verlassen die Gerichte die Weckgläser und kommen auf ganz normalen Tellern. Das ist auch gut so, denn ein veritables Kalbsschnitzel im Glas wäre sicherlich in seiner persönlichen Entfaltung behindert. Aber so kam es knusprig braun, belegt mit zwei Zitronenschnitzen und einem Sardellenstreifen. Dazu gab es (im offenen Weckglas serviert!) Bratkartoffeln. Beides eindeutig einzuordnen unter „gehört zu den besten ihrer Art in Dresden“! Die Sensation – und dieses Wort sollte man nun wirklich nicht zu oft benutzen – schlechthin aber waren die Rinderbäckchen mit Petersilienwurzelpüree und Rosenkohl. Selten so ein zartes, selten so ein saftiges, selten so ein rundum feines Rinderbäckchen gegessen! Der Rosenkohl dazu war dezent in seine Blättchen zerlegt, was ihn weniger vordergründig erscheinen ließ, das Püree eine cremige passende Begleitung. Die Sauce natürlich nicht lila, sondern tiefschwarz. Und so schmackhaft, dass sie sie viel eher alle war als das Püree. Da kam der Koch vorbei und fragte, ob es schmecke? Die augenzwinkernde Anmerkung: „Alles bestens, außer der Soße – die ist alle!“ wurde mit einem Töpfchen Extrasauce quittiert. Das gefiel uns. Wie überhaupt der Service (zu dem der Koch immer wieder mal mit aus der Küche kam) hilfreich und zuvorkommend-freundlich war: Mancher Betreiberwechsel bekommt Restaurants richtig gut!

Ja, das wäre doch ein guter Schlusssatz, oder? Aber dann käme doch das Dessert gar nicht zur Geltung! Drei Weckgläschen stehen zur Auswahl (je 4,50 Euro) – und (wir waren zu sechst und konnten also alle probieren) alle drei waren die kleine süße Sünde wert: Sauerrahmcreme mit Zimt und Birnenmousse teilte sich in der Naschkatzengunst den Platz zwei mit Vanillecreme mit eingemachten Pflaumen – und es siegte eindeutig der lauwarme, oben gebackene und weiter innen flüssige Eingeweckte Schokokuchen mit süßsauren Saftmandarinen!

lila Soße
Alaunstraße 70
im Hof der Fabelwesen
01099 Dresden

Tel. 0351 8036723
http://lilasosse.de

[Besucht am 16.02.2011 | Eine kürzere Version erschien in Augusto, dem Magazin für Genuss und Lebensart der Sächsischen Zeitung, im Mai 2011 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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