Ehre wem Ehre gebührt

Platzhirsche und Newcomer

Mit den Köchen ist das ja so: Eitel sind sie alle, betonen aber immer, dass sie es nicht sind. Dennoch merkt man den besseren jedes Jahr im Herbst eine gewisse Unruhe an: Die einschlägigen Restaurantführer erscheinen und wissen es natürlich, mit viel Tamtam die Marketingtrommel zu rühren. Und dann: Pressekonferenz, Sperrfrist, Insiderwissen – traraaaa: Habemus Fressführer!

Der Michelin vergibt seine Sterne – das trifft immer recht wenige, vor allem in unserer Gegend. In diesem Jahr blieb faktisch alles beim Alten, denn dass einer, den es nicht mehr gibt, keinen Stern mehr hat, ist ja irgendwie naheliegend (dem Maurice in Dresden ging das so – aber wir haben eh nie verstanden, warum es da überhaupt einen Stern gegeben hatte, nach unseren Erlebnissen…).

Wie gesagt, ansonsten hierzulande nichts Neues unterm Sternehimmel, also Falco in Leipzig zwei Sterne, der Stadtpfeifer in Leipzig einen Stern, und in Dresden geben sich Dirk Schröer vom Caroussel und Stefan Herrmann vom bean&beluga die Ehre.

Nun erschien auch wenige Tage nach dem roten guide mit dem Reifenmännchen der für seine feinen ironischen Texte geliebte und verhasste (je nach dem…) Gault Millau. Dort kann man sich maximal 20 Punkte erkochen. Aber wer ist schon perfekt?

Platz 1 der kulinarischen Hitparade des Gault Millau in Sachsen hält mit 18 Punkten Dirk Schröer vom „Caroussel“ in Dresden: „Bei dessen Variation von der Raf-Tomate, der fast kernlosen, fleischigen Urtomate aus Spanien, die ihm ein Gemüsebauer aus Radebeul züchtet, weiß man mal wieder, wie gut Tomate eigentlich schmecken kann und sollte. Ein heißer Tipp ist auch die kalt-warme Vorspeise aus gebratenem Langostino mit geeistem Süppchen von Kopfsalat und Franzosenkraut sowie einem Löffel geeisten Rotweinessigs. Eine perfekte Komposition mit langem Nachklang, auch an verwöhnten Gaumen, ist der mit würzigem Knödelteig gefüllte und mit Trüffelmayonnaise ‚eingecremte’ Ochsenschwanz in einem intensiven Schmorsaft mit Sellerie-Trüffelgemüse.“ heißt es im Gault Millau, der nur zwölf Köche bundesweit besser bewertet als Dirk Schröer!

Ihm auf den Fersen ist Stefan Hermann vom bean&beluga, dem die Redaktion attestiert, „geschickt zwischen Klassik und Moderne [zu pendeln] – bei geschmackssicherer, akkurater Zubereitung. Das Speisenangebot ist namensgerecht breit gefächert: von weißen Bohnen als stimmiger Beilage mit Apfelstiften in fruchtigem Fischfond zu gebratenem Rochenflügel und dünn aufgeschnittenem Oktopus bis zu Beluga-Kaviar als Krönung eines grünen Gazpacho mit wunderbar zarter Königskrabbe“.

Stefan Hermann wurde auch für seine Kochkurse gewürdigt und bekam die Auszeichnung „Kochschule des Jahres“, weil „er nicht nur Fitness am Herd, sondern auch Kochkunst, Lebensfreude und Genusserlebnis fördern will“.

Insgesamt glauben die Tester(innen) „einen sachten Aufschwung im Mittelfeld der sächsischen Spitzengastronomie“ erschmeckt zu haben – wer sagt’s denn! Was uns besonders freut: Olav Seidel vom „Gasthof Bärwalde” in Moritzburg ist mit 15 Punkten erstmals dabei – ein hoher Einstieg, aber ein verdienter (Notizen unserer Besuche 2010 und 2011). Seidel beeindruckte mit „gebratener Forelle aus dem nahen Steinbach in einer Weißburgundersauce, die eher eine Beurre blanc von schön buttriger Konsistenz und feiner Säure ist, und als Dessert mit einer Schüssel duftender dunkler Erdbeeren (die ein Obstbauer der Gegend aus der dunklen, nicht so süßen Urerdbeere und gezüchteter Walderdbeere kreuzte) mit luftig schaumigem Weißkäse“.

14 Punkte und ebenfalls neu dabei: Stephan Mießner vom „Elements“ in Dresden. Er überraschte durch „gebackene Salatherzen mit Ziegencamembert und gepfefferten Kirschen oder originelle Currywurst vom Kalbskopf mit Tomatenconcassé von milder Curryschärfe und luftigem Kartoffelschaum“. (Wir waren in der Tagesbar…)

[Die Bilder zeigen Stefan Hermann (oben links), Dirk Ströer (oben rechts), Olav Seidel (unten links) und Stephan Mießner (unten rechts).]

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