Von La Calera auf den La Mérica und nach Aurure

La Mérica

Oben auf dem Berg steht ein einsamer Baum. Man sieht ihn vom unteren Ende des Valle Gran Rey und denkt sich: Wie mag der sich wohl fühlen, da oben im Wind, so gottundvonderweltverlassen? Die Wand des 857 Meter hohen La Mérica geht steil hoch, mit einem scharfen Knick gleich vorne, der am Morgen den Berg in eine Sonnen- und eine Schattenseite teilt. Wir natürlich an der Sonnenseite hoch.

Wieder einmal gab es ausreichend Grund zur Feststellung, dass Journalisten nicht frei vom Schwindeln sind, aber dank der SPH-Technik lässt sich das Schwindelgefühl halbwegs eindämmen. Die SPH-Technik besteht im Teil „S“ aus einem Wanderstock, der wie ein Gatter Halt bietet, indem man ihn vorab an der abschüssigen Seite aufsetzt und dann an ihm vorbei geht, um ihn sodann wieder nach vorne zu holen. Das ist als Stufe eins im Höhenangstbetrug ganz hilfreich.

Hilft das nicht (oder ist kein Stock zur Hand), gelangt Methode „P“ zur Anwendung. Sie besteht darin, den höhentauglichen Partner direkt vor einen gehen zu lassen und nur den Po anzusehen. Ein vertrauter, vielleicht auch erquickender Anblick, der von den anderen Gefahren des Lebens abzulenken vermag. Wenn auch das nichts mehr hilft, steigern wir uns zur Methode „H“ wie Händchenhalten. Da folgt man blindlings der schritt- und trittsicheren Wandersfrau im Quasi-Beinahe-Ganzkörper-Kontakt und bekommt so vom eventuellen schwindelerregenden Elend der Welt nichts mit.

Chillen am Wacholder_4684Auf dem Weg nach Arure nutzten wir alle drei Techniken, was vielleicht etwas peinlich ist, denn uns überholten (anfangs) sportive Menschen, die den Weg nur mal eben so hoch joggten und uns (nur wenig später) immer noch munter entgegen kamen. Aber egal, wir kamen an am einsamen Baum, der ein schöner knarziger Wacholder ist und bereits seinen Schatten drei Schönen spendete. Aha, einsam ist er also nicht, der Baum, und lustige Geschichten kann er sich auch anhören. Die drei Ladies waren „nur mal eben so zum Chillen“ hochgekommen. Sie waren jung, sie waren fröhlich, sie waren nett, sie hatten feinen hintersinnigen Humor, wie ihr Wunsch nach einigen netten (möglichst jungen) Indern erkennen ließ, die sie doch bitteschön gegen entsprechende gute Bezahlung herunter tragen möchten. Wir versprachen, alle uns auf dem weiteren Weg nach Arure entgegen kommenden Inder auf dieses Begehr anzusprechen, trafen allerdings keine.

ZiegenDafür begegneten wir mehrfach Ziegen, deren behendes Kraxeln ganz ohne SPH-Technik schon von den ganz Kleinen beherrscht wird. Vier Ziegen gerieten über einen weiten Teil des Weges zu festen Begleitern, die fröhlich meckernd mal links, mals rechts des Weges viehische Abkürzungen wählten. Sie waren, wie wir kurz vor Arure merkten, auf dem Weg zum Ziegenstall, wo ein freundlicher Herr zum Melken bereit stand. (Kurze Zwischenüberlegung: heißen diese Männer eigentlich Zieger, so wie die für Schafe zuständigen Leute Schäfer heißen?)

Panorama vom La Mérica mit La FortalezzaUnterwegs eröffnen sich fantastische Blicke auf den Teil des Valle Gran Rey, den wir sonst mit dem Auto durchfahren. Man sieht, wie kunstvoll die Straße sich den Berg bzw. die Berge hinauf schlängelt und beginnt die Geometrie des Ortes besser zu verstehen – Tunnel inklusive.

Panorama mit Aurure und Valle-Gran-ReyKurz vor Arure pfiff uns dann ein recht eisiger und heftiger Wind um die Ohren, so dass wir den ursprünglichen Plan begruben, noch weiter nach Las Hayas zu wandern. Das war insofern eine gute Idee, als dass wir bergrunter von einem netten Holländer mitgenommen wurden – und die kurze Zeit im Auto reichte, um einen Essenstermin für den nächsten Mittag auszumachen: Er arbeitet (aushilfsweise) in der Finca Argayall und übernahm die Reservierung für uns.

Hier geht’s zur GPS-Aufzeichnung dieser Tour:

La Calera – La Mérica – Aurure

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