Vondelpark Amsterdam

Vondelpark-Pano

Wir sind am Tiefpunkt angelangt. Also nicht im übertragenen Sinn, sondern wörtlich: Im Vondelpark, der mitten in Amsterdam mit rund 47 ha reichlich Platz für Erholung, Brot und Spiele bietet. Viel Grün, etliches Blau wegen der für die romantisch angelegten kleinen Brücken nötigen Teiche und Wasserläufe locken Einheimische wie Touristen an – wobei letztere vielleicht im Sinn haben, dass der Vondelpark in den 60er Jahren mal ein beliebter Treff der Hippiebewegung war. So was setzt sich im kollektiven Jugendgedächtnis fest, und auch deswegen geht man noch heute gern grüppchenweise in den Park – auf einen Joint, mein Freund.

VondelparkpaviljoenDer Park liegt tief, und besonders tief liegt der Vondelparkpaviljoen: Genau an der Stelle des Neorenaissance-Gebäudes befindet sich die tiefste Stelle Amsterdams – wow! Was dort nicht mehr ist: Das niederländische Filmmuseum. Das hat im April diesen Jahres einen futuristischen Bau am Ij bezogen und ist somit Teil des neuen Amsterdams geworden. Derzeit steht der Vondelparkpaviljoen leer – aber da lässt sich bestimmt was draus machen, denn erst 1991 wurde das Haus gründlich renoviert.

MenschenleerDie jährlich rund zehn Millionen Besucher sind ja auch ein Argument, die meisten kommen allerdings nur bei gutem Wetter und genießen den Sommer in der Stadt. Bei Amsterdamschmuddelgrau mit nur zehn Grad ist es auch im Mai relativ leer, was ja auch was hat, denn man kann sich dann für einige Minuten dem Trubel der Stadt entziehen. Die zwanzig Millionen Füße sind übrigens ein Problem für den Park, der 1864 von einer Gruppe durchaus wohlhabender Amsterdamer aus dem Boden gestampft wurde. Er wurde schnell von der Bevölkerung angenommen und immer beliebter, und nun haben sie das Problem: Pfleg Du mal Deinen Garten, wenn da die Massen rummachen, und zwar im Ernstfall alles. Und der obendrein noch zwei Meter tiefer liegt als die Umgebung, was für die Drainage schon ein Problem bedeuten kann.

Wo sich die Bäume hängen lassenDie Initiative zum Park ging übrigens vom damaligen Präsidenten der Niederländischen Nationalbank, C.P. van Eeghen, aus. Da kann man durchaus Respekt haben, wenn man bedenkt, was Banker heute so treiben. Lange Zeit hat ein Verein mit dem schönen Namen „Vereniging tot aanleg van een rij- en wandelpark“ (Verein zur Anlage eines Parks zum Fahren und Spazierengehen) sich um den Park gekümmert, aber als das dann alles zu viel und zu teuer wurde, hat man den Park praktischerweise einfach mal der Stadt Amsterdam geschenkt. Und wo wir gerade bei der Geschichte sind: Bei der Eröffung hieß der Park noch „Neuer Park“ (also natürlich niederländisch: Nieuwe Park) – aber als dann zwei Jahre nach der Eröffnung das Denkmal für den Herrn Joost van den Vondel aufgestellt wurde, um den Dichter und Dramatiker aus dem 16. Jahrhundert zu ehren, erhielt der Park schnell seinen neuen – bleibenden – Namen: Vondelpark.

VindhekWir schlendern, nachdem wir das noble schmiedeeiserne Gitter mit der goldigen Verortung „Vondelpark“ durchschritten haben, einmal längs durch den etwa zwei Kilometer langen Park und immer wieder quer, immer mal über kleine Brücken das Wasser querend und so quasi innerstädtisches Inselhopping praktizierend. Vorbei an einem Quartett, das offensichtlich ein zu Recht nicht bekanntes Team mit Kamera und Interviewerin nebst Assistenz und Künstler zeigte. Dann der erste Hingucker: Der Fundzaun. Dahinter verbirgt sich sehr nützliche Konzeptionskunst von Annemarieke Weber, die mit diesem sozialen Konzept die Menschen der 178 unterschiedlichen Nationalitäten zusammenbringen will, die in Amsterdam leben und sich an Orten wie dem Vondelpark begegnen. Außerdem ist der Vindhek auch ein sehr praktischer Platz, „an dem sich Fahnder und Flüchtige treffen, wo man Verlorenes abhängen und Fundsachen aufhängen kann“.

Shoot the PhotographerVom Pavillon haben wir schon berichtet, wir lassen ihn rechts liegen, weil geschlossen. Unsere nächste Station ist nicht das Denkmal (weil wir es hinter Büschen und Bäumen nicht gesehen hatten), sondern erst eine schöne Brücke und dann ein Inselchen mit einem ebenfalls 1991 renovierten Musikpavillon drauf, in dem sich zwei Hochzeitsfotografen um ein Hochzeitspaar kümmern – wobei die Fotografin auch ein schönes Bild hat, wie wir sie fotografieren, wie ich auf unserem Foto gesehen habe 😉 Der Pavillon aus dem Jahr 1874 ist aus Gusseisen und gehört zum Originalbestand des Vondelpark-Architekten Jan David Zocher. Man kann im Vondelpark übrigens nicht nur schöne Hochzeitsfotos machen. Einer älteren Meldung entnehme ich, dass man hier auch öffentlich kopulieren darf (das steht so in der Meldung!). Mit Freude lese ich, dass die Amsterdamer Bevölkerung wohl nichts dagegen hat, außer der Rasse der Hundebesitzer. Die nölten, weil sie ihre Hunde nur angeleint durch den Park führen dürfen und fühlten sich daher irgendwie ungerecht behandelt (wobei ich die Zusammenhänge zwischen Sex und Hunden an Leinen noch nicht ganz kapiert habe, ich muss also nochmal nach Amsterdam, um das Thema genauer zu recherchieren).

MelkhuisSo oder so: Der Park ist ein Lustpark. Weil es Spaß macht, einfach nur durchzulaufen oder, was die Amsterdamer natürlich sehr gerne machen, durchzuradeln. Man könnte beispielsweise versuchen, die 150 Arten der rund 4.700 Bäume zu zählen (oder erst einmal auszumachen!). Oder die inventarisierten Tiere von Aal über Mönchsgrasmücke bis zum Zaunkönig zu identifizieren – ein weites Feld! Unproblematischer ist es da schon, im Sommer den Open Airs beizuwohnen oder zum Beispiel im großen Milchhaus (Groote Melkhuis) abzuhängen bei einem Drink. Man kann natürlich, wenn man einen Hund hat, mit dem auch durch den Park streifen. Angeleint natürlich…

1 Kommentar

1 Trackback / Pingback

  1. Amsterdam: Mit dem Rad durch die Stadt | STIPvisiten

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*