Die Gans und der Birke

Martinsgans-Essen bei Bio Birke

Früh am Morgen noch im Bett las ich einen Text von Christian Seiler mit dem schönen Titel „Erst kommt die Moral, dann das Fressen„. Anregend und nachdenkenswert, aber kein Hinderungsgrund für den schon länger geplanten mittäglichen Ausflug in den Dresdner Stadtteil Pieschen zu fahren, in dem es eine Metzgerei mit angeschlossenem Wirtshaus gibt: Bio Birke Spezialitäten. Den Seniorchef hatte ich vor gut zwei Jahren schon einmal vorgestellt, ins Restaurant hatten wir es bislang nicht geschafft, weil es nur montags bis freitags um die Mittagszeit geöffnet hat. Aber da man ja bei Birke traditionsbewusst handelt, sollte es die Martinsgans auch am Martinstag geben: Von 11 bis 17 Uhr geöffnet, ausnahmsweise an einem Sonntag.

Gut dass wir vorbestellt hatten, denn es war proppevoll. Das Wirtshaus ist eine Bauernstube, bei der die Leidenschaft des Inhabers nur unschwer zu übersehen ist: Hirsch, Reh, Wildschwein und allerlei anderes hängt als Trophäe an den Wänden, an der Theke lassen großformatige Gemälde keine Zweifel aufkommen, worum es geht: Der Deutsche und sein Wald! Wobei – am Martinstag gab’s kein Wild, sondern nur Gans. Brust oder Keule? Rotkraut oder Grünkohl (oder beides)? Und auf jeden Fall Schlesische Kartoffelklöße!

Joachim Birke, der in Breslau geboren ist, pflegt die schlesische Küche – auch wenn er nicht da, sondern in MeckPomm aufgewachsen ist. Und sein Sohn Michael setzt die Tradition als Exilkoch fort – und das nicht schlecht! Zur Begrüßung gab’s einen Teller Breslauer Gänsesuppe, die vorzüglich gewürzt und vor allem inhaltsreich war: Gänseklein, Gemüse, Fadennudeln. Eigentlich ein vollwertiges Essen! Der Hauptgang kam dann auch ganz schnell, so eine Gans ist ja schon ein wenig länger im Ofen. Die Tiere waren im Ganzen gebacken und trefflich gefüllt, und (natürlich!) gab’s die Füllung mit auf den Teller. Dort drängten sich Apfel mit einem Hauch Zimt, Backpflaumen, Rotkohl (grünen wollten wir nicht, was jeder versteht, der aus Ostfriesland kommt!), ausreichend Bratensoße und eine Riesenbrust. Streng genommen nur eine halbe, aber kaum zu schaffen. Die Gans war klassisch gebraten, also gut durch – aber nicht (zu) trocken, mit der Sauce zusammen schon gar nicht. Die Haut leider nicht so kross wie man sich das immer wünscht, aber erfreulicherweise auch nicht so schlaff, dass man sie nicht hätte mitessen können. Stopfgans einmal anders herum, dachte ich in Erinnerung an den morgens gelesenen Artikel – aber das Dessert musste natürlich noch rein („Süßes geht immer!“ sagte der Chef, als er die Rote Grütze mit Vanillesoße brachte). Der Preis für die drei Gänge: 19,50 EU.

Und dann wäre da noch one more thing, „für unsere vegetarisch speisenden Gäste, welche zu Sankt Martin etwas Besonderes genießen möchten“: Für die gab es Wildwasserlachs. Diese Auslegung des Vegetarismus geht glaub‘ ich nur bei überzeugten Metzgern…

Bio Birke Spezialitäten
Wirtshaus
Rehefelder Straße 66
01127 Dresden

Telefon 0351 / 849 56 87
www.birke-spezialitaeten.de

Geöffnet mo – fr 11-15 Uhr / Feiertags geschlossen

[Besucht am 11.11.2012 | Lage | Zur Karte der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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