Großes Gaumenkino im Cookies Cream

Cookies Cream

Dieser Weg ist nicht das Ziel. Allerdings vergisst keiner ihn zu beschreiben, denn vor den Genuss hat der Herr gegebenenfalls den Verdruss gelegt. Hinterhof, Lieferanteneingang, Mülltonnen, Riechwunder, Treppenaufgang, Kaumeinschild, die Sache mit der Klingel – ach Du meine Güte, gibt’s sonst nix Neues? Nein. Aber wenn man erst einmal drin ist, dann sieht die Welt schon besser aus.

Wir sind drin – im Cookies Cream. Mitten in Berlin, hinterm noblen Westin Grand Hotel und der Komischen Oper (Lieferanteneingang!). Drinnen hat Stephan Hentschel den Ort zu einem place to be gemacht und kocht mit seinem Team vegetarisch und lecker. Trotzdem, würden einige vielleicht sagen – aber damit würden sie schnurstracks in die Vegetarismusfalle stolpern. Denn ob etwas gut schmeckt oder nicht, ist keine Frage des Fleisches (und, liebe Kollegen vom Gault Millaut, Gradmesser für Saucen müssen doch nicht solche auf Fleischbasis sein, oder?).

Der 31jährige Chefkoch hat vor Jahren im Gasthaus zur Post in Ladbergen gelernt – wenn man so will: auf dem Dorf. Dort haben wir uns kennengelernt und neulich zusammen mit seiner Freundin, die im Cookies im Service arbeitet, bei einem Ausflug  nach Slovenien auf dem Weingut Movia wiedergesehen. Ich erwähne das nicht nur, um die besondere Subjektivität dieses Beitrags hinreichend zu erklären, sondern auch wegen der Sauce. Also der einen, die manche sogar an Fleisch erinnert. Als ich mit Stephan Hentschel über diese Sauce sprach, erwähnte er nämlich seine Ausbildung – wie er damals gelernt habe, durch Reduktion Geschmack zu erzeugen. Und wie er seitdem immer wieder experimentiert und probiert hat.

Experimentieren und (aus-)probieren sind wichtige Worte im Cookies (wie wahrscheinlich in allen besseren Küchen). „Die Jungs in der Küche“, erzählte uns die Bedienung, „probieren viel.“ Und kommen dabei zu durchweg tollen Ergebnissen! Je fünf Vorspeisen und Hauptgerichte sowie drei Desserts stehen auf der Karte, man kann einzeln bestellen (Suppe 8 €, Vorspeisen 10 €, Hauptspeisen 20 €, Dessert 10 €) oer ein 3-Gang-Menü ordern (36 €). Wir bekamen es zum Menüpreis noch kleinteiliger: Als Degustationsmenü mit Naschportionen, wie wir sie lieben, ein Gang durch die Küche von Cookies Cream quasi.

Show muss sein, natürlich: Barigoldfond! Klingt geil, schmeckt gut – und ist doch nur eine simple, aber sehr stimmige kräftig Gemüsesuppe. Die Urkarotte lebt ja gerade an vielen Orten wieder auf, wir probierten sie neulich in Radebeul wie auch jetzt in Berlin Mitte: Wir können der Guten nicht so viel abgewinnen, viel Hype ist dabei. Aber der Hammer unserer Vorspeisentrilogie war der Salat vom Blaukraut mit roher Schokolade, Macademianuss, Orangenfilet und Aniskresse. Fruchtig-pikant, durch die Schokolade exotisch.

Großes Gaumenkino auch bei den Hauptgängen. Der Parmesanknödel mit Poweraden, BBQ Tomate und legiertem Sud ist der schiere Schmelz. Das Geheimnis: Die richtige Mischung aus Quark, Ei, Toast und Parmesan.

Die Petersilienwurzel beim Graupenstrudel mit Pied de Mouton schmeckte unwahrscheinlich intensiv und süß. Sie war extrem knackig, aber jeder Biss machte sich im Mund auf, die Geschmacksnerven zu kitzeln. Das Geheimnis? Keine Ahnung, außer wahrscheinlich erst einmal gute Qualität des Grundprodukts und dann der Trick, die Petersilienwurzel vakuumiert zwei Stunden bei 80 Grad zu garen. Nebenbei half dieser Gang auch gehörig mit Vorurteilen zu brechen: Graupen können richtig gut schmecken!  Dass da auch Vogelmiere drin war, haben wir nicht geschmeckt, sondern vom Service erfahren, der im Cookies flink, leger und kenntnisreich durch den Abend führt.

Der Schmelz holte uns noch einmal beim Dessert ein. Cheesecake mit Blaubeer, Pfrisich, Nougateis, Chip hätten wir gerne vor allem wegen des Nougat-Eises noch einmal genossen, – aber wenn man damit erst anfängt, wird das ja nix mit dem Abnehmen 😉

Nach zwei Stunden und neun Gängen haben wir das Fleisch überhaupt nicht vermisst, waren wie andere vor uns vom Jus (der eine mit Hefe versehene Balsamico-Reduktion ist) begeistert und sind von den Jungs in der Küche recht angetan. Denen trauen wir so ziemlich alles zu und würden uns nicht einmal wundern, irgendwann einmal als Gruß aus der Küche eine gute Grützwurst serviert zu bekommen…

Cookies Cream
Behrenstr. 55
10115 Berlin

Tel: 030 / 2749-2940
http://www.cookiescream.com/

Geöffnet dienstags bis samstags ab 18 Uhr

[Besucht am 16. März 2013 | Hinweis: Dass ich den Koch und seine Freundin kenne, steht bereits im Beitrag. Dass sie uns mit Gruß von ihm einen Movia Veliko 2007 brachte, empfanden wir nicht als Bestechung, sondern bestechend: Den (natürlich eine andere Flasche) hatten wir eine Woche zuvor auf der Terrasse des Weinguts genossen!]

1 Trackback / Pingback

  1. Crackers: Noch mehr Keks in Berlin | STIPvisiten

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*