Markus Schneider: Marketingmensch und Weinverrückter

Markus Schneider im Villandry

Der Eingang zum Hof wird von alten Schildern flankiert. Die Heilsarmee hieß hier früher Interessenten „Herzlich Willkommen“. Das war einmal, und die dort annoncierten „öffentlichen Versammlungen“ haben mittlerweile ganz anderen Charakter bekommen: Die Tür führt zum Hof des Villandry, und dort findet an diesem Abend das Vorspiel zu einem ganz besonderen Vergnügen statt: Markus Schneider, Kultwinzer aus Ellerstadt in der Pfalz, war zwei Tage zu Gast in Dresden und stellte seine Weine vor – im Villandry im Rahmen eines 5-Gang-Menüs, das das Team um Uwe Haufe zubereitet hatte.

Der Starter im Hof kam aus der Literflasche. 100% Riesling seien drin, steht überall zu lesen, und Markus Schneider ist auch nur Abfüller – aber die Experten unter den Gästen (und da gab es etliche!) glaubten unabhängig voneinander noch was anderes rauszuschmecken: Scheurebe? Bacchus? Keine Ahnung, der Meister hat sich nicht dazu geäußert – aber dass über seine Weine geredet wird, das ist ja nicht untypisch.

Der Weinflüsterer
Markus Schneider

Markus Schneider, Jahrgang 1975, ist nicht nur Weinmacher, sondern auch Marketingmensch. „Der macht nicht nur offensives Marketing, sondern auch interessante Weine“, schreib mir ein vinophiler Freund bei Facebook und bringt es gleich in zweierlei Hinsicht auf den Punkt: Erst kennt man ihn wegen des Marketings, dann aber auch wegen der merkenswerten Weine.

Zum Marketing gehören das Tingeln, das Kokettieren, das Besondere herauszukehren – bei sich und bei seinen VerehrerInnen. Markus Schneider ist viel unterwegs, aber längst nicht überall: Von hundert Einladungen, sagt er, nehme er mal gerade fünf wahr. In Dresden scheint er ganz gerne zu sein, vor einem Jahr erlebten wir ihn zusammen mit zwei Kollegen von ihm aus Radebeul im bean&beluga. Dieses Mal kam er, weil der Dresdner Weinhändler Uwe Seifert (Geschäftsführer bei edelrausch) ihn anlässlich der fünfjährigen Zusammenarbeit eingeladen hat.

Zwischen den Gängen erzählt er – das kann er mindestens genau so gut wie Wein machen. Aber genau deswegen ist man ja gekommen, um zu erfahren, was man sich sonst nur mühsam anlesen müsste. Beispielsweise, dass 1971 auf dem elterlichen Betrieb die Tomaten doppelt so hoch im Kurs standen wie die Trauben (4 ha : 2 ha), und dass die Trauben dann auch abgeliefert wurden und keineswegs selbst verarbeitet. So war das damals. Die erste Wende setzte dann wohl 1990 ein, da war Markus Schneider gerade 15 und antwortete auf die beliebte Frage, was er denn einmal werden wolle: Winzer.

1994 machte er die Ankündigung wahr und gründete sein Weingut. Mit (umgerechnet) 15.000 Euro Startkapital und einem Hektar legte er los, und ein Marketing-Fuzzi war er damals schon: „Weingut Schneider. Tag und Nacht geöffnet“ schrieb er auf das Schild, das er an den Zaun hängte. „Wegen dieses Schilds kamen die Leute und wollten den Wein – den sie ja gar nicht kennen konnten!“ So funktioniert Marketing. Aber nur, wenn auch was dahinter steckt. Und das tat es, oder, wie Markus Schneider sagt: „Es hat sich entwickelt.“

Aus den ursprünglich zwei sind jetzt 75 ha geworden, 15 zusätzliche liegen noch brach. Da kommt ’ne Menge zusammen, und es bleibt auch Platz zum Spielen und Probieren. So entstehen dann die Weine, die den Schneider bekannt gemacht haben – zum Beispiel der Black Print, eine Cuvée aus Merlot, Cabernet Sauvignon und St. Laurent, manchmal auch Syrah. Dunkelstes Rot, daher der Name: „Damit könntest Du ’ne Zeitung drucken!“ sagte jemand zu dem Wein, als der noch keinen Namen hatte. Der Black Print war übrigens der einzige 2011er, alle anderen waren frisch aus der Flasche, Jahrgang 2012. Jugendwahn, den man manchmal merkte…

Rosé Saigner Manchmal aber passt’s wie beispielsweise beim Rosé. Saigner heißt er und war im vergangenen Jahr mit anderem Jahrgang einer meiner Lieblingssommerterrassenweine. Der Name des Weins, habe ich an diesem Donnerstag von Markus Schneider gelernt, hängt eng mit der Entstehungsart zusammen. Saignée ist französisch und bedeutet Aderlass. Zur Ader gelassen wird der Rotwein, weil der Maische im Gärbehälter zehn bis zwanzig Prozent des Mostes abgezogen werden. Das ist, wie man heutzutage so sagt, eine win-win-Situation: Der Rotwein bekommt eine höhere Konzentration, der Rosé ist nicht von schlechten Eltern.

Das Menü und die Weine

Ziegenfrischkäse-Terrine, Sauce Vierge | 2012 Sauvignon Blanc Fumeé
Kleines Hühnerfrikassee, Spargel, Kartoffelchips | 2012 Chardonnay Bubeneck
Doradenfilet, Ofentomate, Risotto Milanese, wilder Rucola, Orange | 2012 Rosé Saigner
Kalbsfilet, Brennesselkruste, Rotweinschalotte, Möhre, Selleriepüree | 2011 Black Print
Gateau au chocolat, Maracujasorbet | „Hensel & Gretel“ Süß & Rot (Markus Schneider und Thomas Hensel)

Weingut Markus Schneider
Am Hohen Weg 1
67158 Ellerstadt

Tel. 06237 – 7288
http://www.black-print.net/

Villandry Restaurant
Jordanstrasse 8
01099 Dresden

Tel. 0351 / 899 67 24
www.villandry.de

Geöffnet:
Montag bis Samstag ab 18.30 Uhr, Küche bis 23 Uhr

[Besucht am 25. April 2012 | Lage | Die Karte der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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