Kräftiges Granatrot im Glas

Spätburgunder der Jahrgänge 2004 bis 2009 im Weingut Schloss Proschwitz

Ende einer Probe

Der sächsische Wein, heißt es, sei ja immer gleich ausgetrunken. Wir haben ja nüschte!

Gute Winzer halten aber immer die eine oder andere Flasche für sich zurück. Von jedem Jahrgang, von jedem guten Wein. Ganz gute Winzer halten tapfer so viele Flaschen zurück, dass Abende wie dieser in Zadel auf dem Weingut von Schloss Proschwitz möglich werden: Spätburgunder der Jahrgänge 2004 bis 2009 in fachkundiger Runde zu verkosten. Bis auf einen Jahrgang (2005) alle von Schloss Proschwitz, der im hauseigenen Keller fehlende wurde ersetzt durch einen Wein der Drei Musketiere – wer oder was sich dahinter verbirgt, erzählen wir dann…

2009 Spätburgunder GGUnser Hildesheimer Lieblingsweinhändler, der uns an jenem Sommer-Wochenende besuchte, ist auch Sommelier – und er hat, wie das so Sommellier-Art ist, alle Gedanken rund ums Probierte sauber notiert. Mit seiner Genehmigung darf ich hier hemmungslos zitieren. Seine Initialen sind GG, was zumindest auf dem Etikett einer der Flaschen auch stand: ein Großes Gewächs. Der VDP, dem Schloss Proschwitz angehört, hat in seiner Klassifikation das Große Gewächs an die Spitze der Qualitätspyramide gestellt. Es sind Weine von „Großen Lagen“,

hochwertigste, parzellengenau abgegrenzte Terroirs, in denen Weine mit ganz besonderem Charakter reifen, die ihre Herkunft widerspiegeln und ein besonderes Reifepotential besitzen. Sie sind mit regional eng festgelegten und zum jeweiligen Weinberg passenden Rebsorten bepflanzt. Die trockenen Weine aus VDP Großen Lagen werden als VDP Großes Gewächs bezeichnet und in besondere Flaschen mit dem Logo „GG-Traube“ präsentiert.

IMG_6956Mit so einem begannen wir unsere Probe. Anja Frölich vom Weingut Schloss Proschwitz wollte den eigentlich bis zum Schluss aufheben und mit dem ältesten Spätburgunder der Reihe anfangen – aber GG (der Sommelier) bestand darauf, mit dem GG (dem Spätburgunder) anzufangen. Na gut, dann eben der Kracher gleich zu Beginn. Mit kräftigem Granatrot im Glas erwartete uns der 2009 Spätburgunder, Barrique Schloss Proschwitz, dem GG 93+ Punkte gab und ihn als „Suchtmacher mit gewissem Potential“ bezeichnete. Wir rochen „reife, süße Frucht von Erdbeeren und Vanille und Röstaromen“ und schmeckten dann auch Walderdbeeren. Bei der anschließenden Diskussion zwischen GG und Frau Frölich („ohne h!“) ging’s dann noch um so Dinge wie „guter Körper, sehr feminin“ – aber da stieg ich dann sinnierend aus. Man könne den Wein jetzt schon trinken – na klar, taten wir ja. Man könne ihn aber auch liegen lassen, geschätzt bis 2019. Mal sehen, wer’s schafft!

MusketiereZeitsprung: 2004 Spätburgunder, Barrique Schloss Proschwitz. „Der Wein war im ersten Moment sehr verschlossen,“ notierte GG und wir stimmten ihm zu – aber keine zehn Minuten später „öffnete er sich und man hatte Aromen von Vanille und schwarzer Johannisbeere“.

Vom Jahrgang 2005 gab es keinen Proschwitzer Spätburgunder mehr, was uns das Vergnügen verschaffte, die Drei Musketiere kennenzulernen. Das ist ein Wein vom Meissner Weinhaus, in dem auch Weine von Vertragswinzern verarbeitet werden. Die Drei Musketiere sind Prinz zur Lippe, Peter Bohn (damals Marketingchef bei Proschwitz) und Martin Schwarz (damals Kellermeister des Hauses). Als Musketiere machten sie spannende Weine, etwas anders als die Proschwitzer VDP-Linie, aber keineswegs schlechter.

Der Spätburgunder der Drei Musketiere stammt vom Bauernberg im linkselbischen Merbitz. Der Winzer Rolf Fehrmann bewirtschaftet ihn nach Vorgaben von Schloss Proschwitz und ist, wie er uns bei einem Besuch deutlich machte, darauf auch mächtig stolz. Der Bauernberg hat Null Elbblick, aber mit bis zu 40 Grad Hangneigung auch seinen Reiz. Die Reben wurden 1994 gesetzt, in einen Löss-Lehm-Boden, der mit Verwitterungsgestein (Granit und Cyanit) durchsetzt ist.

Der Wein aus dem Barrique zeigte sich im Glas mit „angereiftem Granatrot“ (GG), was zu schönen Reflexionen auf den Etiketten und den Tischsets führte. Wir rochen „leichte Röstaromen und rote Früchte“ und schmeckten sie auch: „Aromatik von Himbeere und Waldbeeren“.

09-08-07-06-05-04So langsam drohte die Probe im sommerlich warmen Hof (allerdings unter Schatten!) in richtige Arbeit auszuarten. Aber wir waren ja nicht zum Vergnügen in Zadel! Und der 2006 Spätburgunder war dann ja auch durchaus auch nochmal ein schöner Höhepunkt: „tiefes dunkles Rot für einen Spätburgunder aus Sachsen“, eine „gewaltige Nase mit viel Vollmilchschokolade, Pflaume und Röstaromen“ – was Sommeliers sich so notieren, wenn sie beeindruckt sind. Der Gaumen hielt, was die Nase versprach: „süßliche dichte Frucht, viel Körper, leichte Säurestruktur, abgeschliffenes Tannin, sehr saftig mit langem Abgang“ lese ich in den Notizen, die den Gesamteindruck zu diesem Wein dann aber doch sehr umgangssprachlich zusammenfassen: „sehr lecker!“

Weingut Schloss Proschwitz
Dorfanger 19
01665 Zadel

Tel.: 03521 | 76 76 73
www.schloss-proschwitz.de

Geöffnet Mittwoch bis Sonntag ab 12.00 Uhr

[Besucht am 21. Juli 2013]

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