Von Wagner zu Weber

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Wir sind ja eher so die Individualwanderer, des genüsslichen Laufens und der vielen Fotostopps wegen. Und was ja gar nicht geht, sind Angebote, bei denen es alliteriert. Manchmal müssen aber Ausnahmen sein, wir sind ja pragmatische Genussmenschen. Also trauten wir uns Winzer Wolfgang Winz’s Wein-Wanderung von Wagner zu Weber (7xW!) und bereuten es nicht!

Mein lieber SchwanTreffpunkt ist das Jagdschloss Graupa, weil es da ganz schön wagnert! Zum einen steht da ein Wagner-Kopf – aber das ist streng genommen eher ein Guhr-Denkmal, denn der Schöpfer des großen Wagner-Denkmals im Liebethaler Grund, Richard Guhr, hat den Kopf nicht nur entworfen, sondern das ganze auch „aus eigen Mittel erstellt“. In seiner Unbescheidenheit hat er das auf die Tafel untern Kopf geschrieben, in der man mehr über Guhr erfährt als über Wagner. Aber wir hatten ja unseren Wagnerführer Winn, der uns aufklärte, Bilder zeigte und Hintergrundinformationen bereithielt. Nicht umhin kommt man in Graupa natürlich um den Lohengrin, denn hier (im Schäfer’schen Gut) wohnte Wagner 1846 einige Wochen, um den Lohengrin zu vollenden. Und was wäre diese Oper ohne den Schwan! Auch wenn Wagners Zeile „Nun sei bedankt, mein lieber Schwan!“ nicht viel zu tun hat mit dem mittlerweile gebräuchlichen Ausruf.

Wolfgang WinnÜber Wagner könnte man bekanntlich tagelang erzählen, über Wagner in Graupa wenigstens stundenlang. Da unterbrach sich der Winzer rechtzeitig, um das zu verhindern und schaffte den Schlenker zur anderen Seite der bevorstehenden Wanderung: Es gab ein Glas Wein. Und zwar, erste Überraschung des Tages, keinen vom Winzer Winn, sondern von Hagen Martin und Grit Pech, die ihren leichten Müller Thurgau bei Winn ausgebaut haben. Dieser Weinpecher ist ein netter Frühstückswein und war somit ein angemessener Auftakt. Ich sollte an dieser Stelle vielleicht noch erwähnen, dass Wolfgang Winn Nebenerwerbswinzer ist, aber einer von den wenigen, die ihren Wein nicht zur Winzergenossenschaft nach Meißen schaffen, sondern selbst was aus den Trauben macht. Und eben auch noch für die Freunde…

Freundlicherweise hatte der Herr Winn mitgedacht und für die Wandertruppe Lederumhängebecher mitgebracht. Natürlich nicht irgendwelche, sondern eigens für ihn gefertigte, mit Logo und so. Marketing gehört ja mittlerweile zum Weinmachen dazu wie der Rebschnitt, und Wolfgang Winn versteht etwas davon. Es ist alles durchdacht, aber das spürt man glücklicherweise nicht platt und vordergründig, sondern nimmt es einfach als angenehm wahr.

GänsemarschAuf dem Weg durch Graupa gibt’s individuelle Gespräche – da erfährt man zwar meist mehr als im offiziellen Teil, aber das muss ja nicht auch gleich alles notiert werden. Wesentliche Erkenntnis: Graupa ist ein Schlafdorf. Keine ordentliche Gaststätte, trotz der Wagner-Stätten. Aber man ist ja schnell fort, mit dem Bus und über die Autobahnanbindung und dem Auto sowieso. Die Schläfer von Graupa halten ihren Ort allerdings gut in Schuss, es läuft sich nett, zu sehen gibt’s immer mal wieder was – vom alten Borsbergbad (das nun auch schon über zehn Jahre geschlossen ist) über den Dorfplatz bis zu netten Häusern und Gärten. Der Dorfplatz Nr. 1 war übrigens als deutscher Musterhof auf der deutschen Bauausstellung 1900 in Dresden zu sehen, nurmalso…

Königliche BrückeUnd dann geht’s ab in den Wald, leicht bergan. Oben, so das Versprechen, gibt’s zur Belohnung den nächsten Wein! Das spornt an, aber zuvor gibt’s noch ein Stück Heimat- und Geschichtsunterricht. Wir stehen auf einer Brücke im Wald. Sie ist klein und unscheinbar, trägt aber das königlich-sächsische Wappen! Weil seine Hoheit zur Jagd zu reiten beliebte, sollten die Wege bitte recht schön sein! Weiter oben die Hohe Brücke haben wir ja schon einmal bewundert und uns über den Geschmack früherer Brückenbauer gefreut!

IMG_8367Nach diesem so lehr- wie unterhaltsamen Stopp pirschte Winzer Winn wie ein junger Hirsch voran – wir sollten ruhig langsamer nachkommen, beschied er uns. Warum er von hinnen hirschte, ward uns beim Erreichen der Höhe klar: Im Rucksack waren nicht nur gekühlte Weinflaschen, sondern auch ein iPad und ein Lautsprecher. Es gab: Wagner! Dazu eine Ruländer Spätlese von alten Reben, dessen herbstblattgoldige Farbe hübsch verdeutlichte, dass der Grauburgunder (nichts anderes ist Ruländer) eine Mutation des roten Spätburgunder ist – weiß der Küfer, warum man ihn zu den Weißweinen zählt. Spät gelesen, mit 14,5% Alkohol recht kraftvoll, aber keine süße Plörre, sondern sächsisch-feinherb ausgebaut: Das schmeckte und passte gut zum Wagner, der mit dem Hochzeitsmarsch („Treulich geführt“, natürlich Lohengrin!) uns ganz populär kam. Wagner und Ruländer, das merk‘ ich mir!

RysselkuppeBeim Weiterlaufen wagen wir einen Blick zurück, vom Aussichtspunkt runter auf Graupa und weiter in die Sächsische Schweiz kann man sehen. Das ist nett anzuschauen, aber es wird noch schöner. Beispielsweise beim Stopp am oberen Ende der Rysselkuppe, die wir ja sonst meist nur am Fuße besuchen: Dort ist das Weingut Zimmerling zu finden, die gepflegten Reben, auf die wir sehen, gehören dem sächsischen VDP-Winzer. Einmal ganz von oben hinunter ins Land zu schauen ist da ein Gewinn – mit Blick nicht nur auf die zimmerlingschen Reben, sondern auch weiter weg aufs Obst (das wie Rebanlagen ausschaut!). Und was trinken wir? „Augusts Traum in weiß“, eine Cuvee Weissburgunder, Ruländer und Müller-Thurgau vom Königlichen Weinberg. Hier oben sitzt man traumhaft, und da der Platz ein wenig versteckt ist, auch nicht unbedingt mit den dahinschlendernden Massen. Auch merken (und nicht verraten)!

IMG_8433Hinter der Rysselkuppe, die schon zur Lage des Königlichen Weinbergs in Pillnitz gehört, tut sich erst einmal ein Stück Wald auf – im Sommer nicht unwillkommen. Doch bald schon öffnet sich der Blick, und nun wird’s richtig romantisch-schön: Der „Große Berg“ mit sieben Hektar Wein (größtenteils bewirtschaftet von 70 Freizeitwinzern der Weinbaugemeinschaft Weinberg Pillnitz), Wächterhäuschen, einer Weinbergkirche und Blicken aufs Schloss Pillnitz und über die ganze Stadt. Das hat schon was. Der Weg oberhalb des Weinbergs ist vor allem bei schönem Wetter und am Wochenende keiner für Leute, die die Einsamkeit suchen. Wenn man allerdings Teil der Masse ist, merkt man’s nicht mehr so – außerdem hatten wir ja Wein dabei. An dieser Stelle, gleich hinterm Wald, wo man noch den ganzen prachtvollen Blick vor sich hat, einen Roten. „So lange hätte doch keine noch so gut gekühlte Flasche mit Weißem gehalten!“ meinte der Winzer und erhielt für diese fürsorgliche Kümmernis zustimmendes Kopfnicken. Der Rote war nicht irgendeiner, sondern einer vom „Schlossblick Pirna“, wo Wolfgang Winn seit dem Frühjahr 2012 einen Weinberg mit einer Rebfläche von 3.400 m² bewirtschaftet. Dieses Jahr gab’s den ersten echten Pirnaer Wein: Wir probierten den Dornfelder, der sowas von furztrocken ist, dass man seine Freude dran haben kann. Tiefrot ist er im Glas, und für einen Erstling aus Pirna hat er was. Wird ja bald Herbst und etwas kühler am Abend, da passt der ganz gut zum Süffeln oder als Begleiter zu nem Käsehäppchen…

WeinbergkircheVon nun an haben wir die Weinbergkirche im Blick, erleben sie aus jedem Blickwinkel. Vorbei am ersten und zweiten Wächterhaus und dann, zumindest für mich, die große Überraschung: Nicht vorbei am dritten, dem größten der drei. Denn das ist unser großes Pausenziel. Hier hat die Frau des Winzers einen zünftigen Imbiss vorbereitet, den man auf der hier großzügigen Terrasse an Tischen einnehmen kann. Fettbemmen, Gurke, Käsewürfel, Trauben, Tomaten, frisches Brot – einfach gut! Und dazu natürlich einen Wein – wieder einen weißen, denn hier konnte ja gekühlt werden! Ein Morio Muskat, der unter ein Prozent Restsüße aufweist und von der leichten, süffigen Art ist – nicht so anrüchig, wie man ihn vielleicht in Erinnerung hat. Zwei Bildbände des Winzers lagen aus – schöne Aufnahmen und die Erkenntnis, dass Romantik und Schufterei sich manchmal trefflich ergänzen.

IMG_8475Hier hätten wir am liebsten noch das eine oder andere Stündchen gesessen, aber das Ziel war ja das Carl-Maria-von-Weber-Museum – ein kleiner Spaziergang nur. Am Haus: Weinreben. Und dreimal dürfen Sie raten, wer die hegt und pflegt, um exklusiven Wein für die Gäste des Hauses zu keltern!

Wir sind am 11. August 2013 mitgewandert.

Weinwanderung vom Jagdschloss Graupa zum Carl-Maria-von-Weber-Museum in Dresden Hosterwitz, Dauer: 4 bis 5 Stunden inklusive 5er Wein-Probe und kleinem Imbiss. Geführte Wanderung mit dem Winzer Wolfgang Winn, 20 € pro Person (Eintritt in die Museen nicht enthalten). Termine und Anmeldung über: wolfgang.winn@winzer-winn.de oder Tel. 0172 810 9 860

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