Im Schokohimmel den Novemberblues bekämpfen

Rundum gelungener Abend im Villandry in der Dresdner Neustadt

Villandry

„Liebe Dein Essen“ lautet die Devise im Villandry – nach wie vor ein Leuchtturm für Feinschmecker im Dresdner Szeneviertel Neustadt. Bernd und Uwe Haufe haben das Restaurant über die Jahre etabliert, eine große Fangemeinde sorgt dafür, dass es nahezu immer voll ist: Wer reserviert, ist auf der sicheren Seite.

Wir hatten reserviert und schon beim Telefonat Vorfreude empfunden: Ein wirklich nettes Gespräch: locker, korrekt, verbindlich, interessiert. Da hat man doch gleich den Eindruck, ein gern gesehener Gast zu sein. Und genau der ist man dann auch, wenn man kommt und sich freut, dass man noch einen Platz bekommt, obwohl nahezu alle Plätze belegt sind 😉 Die freundliche und unaufgesetzte Kommunikation geht weiter, wir werden beraten, wir können reden (diesen Wein? jenen Wein? geht der auch offen im 0,1-Liter-Glas? na klar!) und fühlen uns wohl.

Ein Markenzeichen des Villandry ist die handgeschriebene Tafel statt einer fixen Speisekarte. Alles ist frisch, und es kann auch schon mal vorkommen, dass irgendwas schon gegen acht von der Karte gestrichen werden muss. Kein Grund zum Ärger, im Gegenteil: Lieber frisch und aus als immer da und aus der Konserve! Und mal ganz ehrlich, die Auswahl ist ja nicht gering: fünf Vorspeisen, zwei Suppen, zweimal Fisch und zweimal Fleisch zum Hauptgang, dazu ab und an ein Extra und sowieso noch Desserts. Da findet man schon was.

Wir fanden je eine Suppe zur Vorspeise: Eine Orientalische Fisch-Krustentiersuppe mit Süßkartoffel, Fenchel und Garnele (6,50 €), die sehr reichhaltig war und sicher zu den Top-Drei der in Dresden servierten Fischsuppen gehört. Ein wenig enttäuschend war die Cremige Gänsesuppe mit Gänseklein und Kürbis (6,50 €), die vor allem eins war: cremig. Gänsegeschmack: nur ein Hauch. Gefundene feste Gänseinhaltsstoffe: minimal. Kürbis hingegen in so einer Suppe kam gut (ich habe dann einfach gedacht, ich hätte eine leichte Cremesuppe und war damit nicht unglücklich – denn als Hauptgang sollte ja noch mehr Gans kommen).

Die Gans war eins der beiden Extras auf der Tafel gewesen: Eine Pommerngans mit Apfelrotkohl, Kartoffelkloß und Preiselbeeren (19,50 €). Sie war den Versuch wert, obwohl Gans ja immer eine Herausforderung ist: Kross muss die Haut sein, nicht zu fett darunter und auf keinen Fall zu strohig-fest das Fleisch. Keule und ein bissl Brust mit unterschiedlichen Gargraden: da kann viel schief gehen. Die Küche hat’s weitgehend gemeistert und minimale Abstriche zur Perfektion durch einen Wahnsinnsrotkohl wett gemacht. Zusammen gab’s die ersten bemerkenswerten vorweihnachtlichen Geschmackserlebnisse. Und der dazu empfohlene Rotwein war sehr sehr passend: Ein Brunello di Montalcino der Tenuta Caparzo, den es eigentlich nicht offen gab, war noch glasweise zu haben – Dank an den Service, uns den empfohlen zu haben!

Zumal dieser 24 Monate im Eichenfass gelagerte Wein aus der Toskana auch zum Lammcarrée mit Ofenpastinake, Stängelkohl, rotem Zwiebelconfit und Pomme macaire (21,50 €) passte. Eigentlich waren wir ja hauptsächlich auf den Stängelkohl scharf, den wir in Italien als Cima di Rapa lieben gelernt hatten. Gibt’s dort massig auf Märkten und hierzulande leider kaum. Es erwies sich dann aber, dass alles andere auch ein Bestellgrund gewesen wäre, vor allem natürlich das Carrée, das wir wegen bester Fleischqualität und trefflichem Gargrad lobend erwähnen müssen (und die Frau, die’s gegessen hat, erinnert mich: vergiss das Zwiebelconfit nicht. Hatten wir doch noch nie so gut!) Wo sie Recht hat…

Drei Desserts (und eine Käseplatte) stehen auf der Rückseite der Tafel. Wir würfeln und sind mit Schokoladen-Malheur, Safranquitte, Vanilleeis (7,50 €) im Schokohimmel gegen den Novemberblues gelandet. Das Malheur soll andeuten, dass der Kuchen nicht durch, sondern innen flüssig ist. Ein wirkliches Malheur wäre es freilich, wenn er durch wäre! Es gibt nur einen siebten Himmel, aber auf dem Weg dahin viele Stationen: Marzipan-Mousse mit weißer Schokolade und Gewürzmandarine (6,90 €) sind definitiv eine davon.

Fazit: Wir sind zu selten im Villandry. Wahrscheinlich, weil der Fluss uns trennt – andere Gründe fallen mir gerade nicht ein!

Villandry Restaurant
Jordanstraße 8
01099 Dresden / Neustadt
Tel. 0351-899 67 24

Geöffnet:
Montag – Samstag ab 18 Uhr, Küche bis 23 Uhr

[Besucht am 14. November 2013 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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