Die Hoheiten und die Ameisen

Hinter den Kulissen beim neunten Semperopernball unterwegs

Debütanten

Es gibt Fremdwörter in der deutschen Sprache, denen hört man es auf Anhieb nicht an. Schlaf ist so eins – zumindest für die vielen Ameisen hinter der Bühne, die ein Ereignis wie den Semperopernball erst möglich machen. Die Tage (und Nächte) vor dem Ball sind meist Stress pur. Es will ja alles vorbereitet sein! Um so erstaunlicher, wie wach die Jungs und Mädels dann am Ballabend sind. „Wieso?“, sagte eine, „ich habe doch zwei Stunden geschlafen – das muss reichen!“ Na gut. Wir hatten die Woche zuvor keine schlaflosen Nächte, sondern wieder einmal das Vergnügen, am Abend selbst mit der Kamera auch hinter den Kulissen präsent sein zu dürfen. Wobei: Vergnügen ist relativ – die Gänge in der Semperoper sind lang und für nur gelegentliche Besucher verwirrend. Aber ich habe mich nur zweimal verlaufen!

Semperopernball 2014

Die Garrrderobe, wie Emil der Schweizer es aussprechen würde, spielt bei den Männern nur dahingehend eine Rolle, ob sie Frack oder Smoking tragen  und ob sie sich mit Orden und Ehrenzeichen dem Volk zeigen. Aber die Damen! Eine never ending story in allen Farben der Welt. Trägerlos mit und ohne Fragestellung, wie das um Himmels Willen hält, mit und ohne tiefe Einblicke, mit und ohne freiem Rücken.

Semperopernball 2014

Von allen Aspekten rund um diese Modediskussion sei hier nur erwähnt, dass manche Männer das nicht unbedingt richtig verstanden haben, wenn es heißt, auf etwas zu stehen. Schleppen gehören nämlich definitiv nicht dazu. Was man als Backstage-Arbeiter sofort sieht: Die Funkgeräte für die Mikros machen eine komische Hüfte. Sternekoch Stefan Hermann, der für die Versorgung des Balls zuständig ist, gehört selbstredend zu den Leuten mit Knopf im Ohr und Gerät auf der Hüfte, aber auch die Moderatorin Collien Ulmen-Fernandes hatte unterm freien Rücken (Entzücken, Entzücken!) vor dem Pops den Kasten, was die Optik doch gehörig verhunzte.

Semperopernball 2014

Wie sieht es denn nun aus in so einer Großkantine, die an dem Abend 1.600 Menüs an anspruchsvolle Gäste zu verteilen hat? Ruhig. Viel ruhiger als erwartet. Na klar, ein Großteil der Arbeit ist natürlich vorab erledigt: Die 400 Kilo Rindfleisch aus der Oberlausitz im Ganzen angebraten, dann portioniert und gaaanz langsam im Vakuum bei unter 60 Grad gegart. So bleibt’s Fleisch rosarot, ist zart und saftig. Und was ist mit den langen Wegen in der Oper? Die kann man kurz machen: Die 50 Köche werkelten in insgesamt neun Küchen, so dass die Service-Teams fix am Platz sein konnten.

An der Austernbar

Auf den Tischen lagen 18.000 Besteckteile und standen 9.000 Gläser. Die insgesamt 300 Servicekräfte schleppten 6.000 Teller, einmal hin zum Gast und einmal leer zurück. Für die Wandelgäste (also diejenigen, die ohne Sitzplatz und dafür ein wenig preiswerter reinkamen) gab es die berühmte Currywurst des Semperopernballs, 1.500 Felsenaustern aus der Bretagne und 350 Hummercocktails. Und, getrunken haben sie gar nichts? Oh doch: 3.000 Flaschen Wein und 2.000 Flaschen Champagner standen bereit, wobei letzterer am Stand gegenüber der Currywurst gleich einmal den Weg zur dekadenten Kombi bot.

Papa Razzo

Bei diesem Ball, dem neunten seiner Art, gab es echte Hoheiten und die Sächsische Weinkönigin. Wie man mit den wirklichen umgeht, so rein anredemäßig, hat sich freilich noch nicht überall herumgesprochen. „Frau Königin“ nannte Katrin Saft im Exklusivinterview der Sächsischen Zeitung für die Ballzeitung Königin Silvia – das zeugt echt mal von royaler Distanz, Frau Journalistin. (Am Rande: Wie man mit eben jener Königin Silvia locker und doch mit gebührendem Respekt umgehen kann, hat der junge Günther Jauch 1988 im Aktuellen Sportstudio des ZDF bewiesen. Direkt angesprochen hat Jauch die Königin übrigens das ganze Interview über nicht. Klasse gemacht!)

Semperopernball 2014

Der Held des Abends war dann übrigens um Mitternacht Udo Jürgens. Knapp achtzig Jahre alt und frisch wie immer. Vor allem die Damen entzückten vor der Bühne! Nach der Show hatte sich der Star weder Kamillentee noch Schampus mit Austern gewünscht: Ein frisch gezapftes Pils und eine Bockwurst sollten es sein. Aber auch das war für das Team um Stefan Hermann, der Jürgens dann nach der Show noch in der VIP-Lounge des Balls traf, kein Problem…

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