Ein Abend im william

william

Wir waren in einem ganz außergewöhnlichen Konzert: einem Abschlusskonzert in der Musikhochschule – um 17 Uhr hatte Seul-Ah Youn aus der Meisterklasse von Prof. Winfried Apel begonnen, so gegen 19 Uhr war sie fertig. Brillant!

Was tun mit dem angebrochenen Abend? Durch die kalte Nacht nach Hause eilen? Schlechte Idee. Also ins Staatsschauspiel – aber nicht um „Der geteilte Himmel“ nach der Erzählung von Christa Wolf zu sehen, sondern um dem william einen Besuch abzustatten. Die Treppe, die sich zum william hochwendelt, hat ein güldenes Geländer und einen roten Handlauf. Kurz vorm Restaurant läuft man dann auf rotem Teppich – willkommen in der Welt der gehobenen Spektakel.

Genau dann zu kommen, wenn die Vordemtheateresser gerade gehen, ist als walk-in eine prima Idee: Es gibt Platz! Das william, das sei all denen einmal verraten, die sich in Dresdens Restaurantszene nicht so arg auskennen, ist Teil des Genussimperiums von Stefan Hermann. Der hat mit seinem bean&beluga auf dem Weißen Hirsch einen Stern erkocht und wurde 2013 im Sommer vom Feinschmecker zum Restaurant des Jahres in Deutschland gekürt. Die Qualität von – ach, machen wir’s einfach: von allem spürt man auch im william. Der Service hat diese einzigartige Verbindung aus Leichtigkeit, Fröhlichkeit und Kompetenz, die uns oben auf dem Hirsch schon so gefällt. Und das auch in zwickligen Situationen.

So eine erlebten wir gleich am Anfang. Wir bestellten eine Flasche Wasser, die auch kam und auf den Serviceplatz fernab vom Tisch platziert wurde. Und da stand sie nun, stand, stand und stand. Der Service, der uns ja erst mal gut versorgt zu wissen meinte, kümmerte sich um die Tische von den Theaterbesuchern, die zur Vorstellung gegangen waren. So weit, so doof. Natürlich schenkte uns Miss A sofort ein, als sie vorbeikam und wir unsere dürstende Situation klagten. Normal, OK. Aber dass dann kurz darauf Miss B kam, sich ehrlich und mehrfach entschuldigte und mehr sich als uns fragte, wieso sie nicht sofort eingeschenkt hatte – das war schon gut. Stimmung gerettet – und das war’s dann auch mit Befremdlichem, denn danach ging’s primstens weiter: Zusammen mit dem Wein kam der Brotkorb, eine schlimme Verführung. Die Mädels machten dann auch gleich das Warte-Wasser durch eine zweite Runde Brot mehr als wett…

Als Vorspeise hatten wir uns Ochsenbrust / Vinaigrette / Kartoffel (10 €) bestellt – und einen Hilferuf gen Sommelier losgeschickt. Die Weinkarte ist (was uns nicht verwundert, wenn mit Jens Pietzonka der zweifache Sommelier des Jahres 2013 da seine Finger im Spiel hat) erlesen. Aber was denn nun zu einer Vorspeise passt, die Vinaigrette schon im Titel trägt – das sollte der Fachmann entscheiden. An diesem Abend beriet uns der gastronomische Leiter von Semperoper und Staatsschauspiel, Markus Dietzschold. Zur Vorspeise empfahl er einen 2003 Altenberger Riesling von der Saar, den die WeinFUNatiker gemacht haben – ein Süßwein, der in der Tat wunderbar die Säure in der Vorspeise balancierte. Die war anders als erwartet (aber das sollte wohl auch so sein). Unten auf dem Teller die Ochsenbrust, hauchdünn geschnitten (und, wie wir später merkten, so zart wie saftig), darüber eine reichlich bedachte Lage der Vinaigrette – sehr schön, da musste man öfter zum Säureausgleich greifen. Die Kartoffeln waren kleine kross gebratene Würfel (das war die Überraschung – wir hatten mit Kartoffelsalat gerechnet!), und obendrauf Radieschen und Mausohrsalat, natürlich auch mit Vinaigrette überzogen – Prost! Zusammen war das, pardon, schlicht geil.

Zwei Hauptgerichte hatten wir auf dem Tisch. Kabeljau / Graupen / Grünkohl (18 €) klingt sehr nordisch. Na klar, der Küchenchef des william ist Marcel Kube – und der war vor seiner Zeit im bean&beluga auf Norderney. Dort oben in Ostfriesland macht man den Grünkohl aber sicher anders. Dieser war extrem knackig (die Ostfriesen kochen ihn stundenlang und mindestens einmal wieder auf, bevor er schmeckt). Aber holla: Das ging! Unterm Grünkohl der Kabeljau war von ultimativer Saftigkeit mit brauner Umhüllung, und darunter die Graupen eine echte Alternative zu Risotto. Vom anderen Teller habe ich nur genascht, aber Frischling, Süßkartoffel, Pflaume (19 €) hätten mich auch begeistern können. So geht rosa! So zart, so würzig. Die Süßkartoffeln einmal als Pürree, dann als kugelige Kartoffel. Mit der Lauchstange obendrüber und den Pflaumen ergab das auch noch ein farbenfrohes Bild.

Zum Dessert gab’s Zupfkuchen / Preiselbeere / Walnuss (10 €). Der Zupfkuchen war natürlich nicht so, wie wir ihn kennen – aber er war auch nicht besser als wir ihn kennen. Die Walnuss kam als Crumble, eine Eisnocke und die Früchte setzten fruchtige Akzente und schlossen fast perfekt den Farbkreis zur Butter beim anfänglichen Brotkorb.

william
Theaterstraße 2
01067 Dresden

Tel. +49 351 / 44 00 88 00
www.bean-and-beluga.de/Schauspielhaus/

Öffnungszeiten
Montag bis Freitag 11 – 23 Uhr
Samstag bis Sonntag 10 – 23 Uhr

[Besucht am 16. Januar 2014 |Karte der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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