Auf den Spuren von Lingner und Felder

Kochsternstunden im Café | Restaurant Lingner im Hygiene-Museum

Lingner

Das Deutsche Hygiene-Museum in Dresden wurde 1912 gegründet und hat sich seit seiner Neuorientierung und dem Umbau Anfang des Jahrhunderts zu einem der meist besuchten Museen Dresdens entwickelt. Im vergangenen Jahr kamen rund 285.000 Besucher – da macht sich doch ein Café oder ein Restaurant gut! Gibt es, seit 2003 im von Peter Kulka sanierten und teilweise umgebauten Museum: Lingner heißt das Café-Restaurant, so wie der Gründer des Museums: Karl August Lingner, der mit Odol ein Vermögen machte.

Was mag das für ein Restaurant sein – in so einem Haus wie dem engagierten Museum? Theoretisch eins, in dem man über das eigene Tun nachzudenken bereit ist. „Unsere Antwort auf die Frage nach gutem Essen liegt in der Wahl der Zutaten und der frischen Zubereitung. In den vergangenen Jahren haben wir uns ganz besonderes auf die Wahl unserer Lieferanten bzw. Hersteller konzentriert. So ist inzwischen eine feine Auswahl von Produzenten entstanden, welche vor allem aus Dresden und der näheren Umgebung stammen“, sagt Johannes Haenchen, der Geschäftsführer im Lingner ist. Und für seinen Küchenchef Christoph Köhler „ist die Kreation geradliniger Gerichte unter der Verwendung bester Zutaten der Region“ Verpflichtung, wie wir im Programmheft der Kochsternstunden lasen. Wir waren – einen muss es ja treffen – wahrscheinlich die letzten Gäste, die das Menü im Lingner probierten. Beinahe wäre es schief gegangen, denn es waren nicht mehr alle Zutaten da – aber Sandro Sauer, der Gastronomische Leiter des Restaurants, hatte nach der Reservierungsannahme kurzentschlossen noch Fehlendes besorgt. Vergäben wir Punkte, gäbe es dafür einen extra!

Das Café-Restaurant Lingner ist zwar unabhängig vom Museumsbesuch zugänglich, aber natürlich eher während dieser Zeiten frequentiert. Wer nach 21 Uhr kommen will, sollte auf jeden Fall reservieren. Dafür bekommt man aber, was in der Landeshauptstadt Dresden ja durchaus nicht selbstverständlich ist, auch zur besten Nachmittagskaffeezeit ein ordentliches Essen – die Küche hat durchgehend geöffnet.

Das Kochsternstunden-Menü gab es mit Fisch und Fleisch oder als vegetarisches Angebot. Wir nahmen das mit den beiden F (3-Gang-Menü 34 €, 4-Gang-Menü 40 € – plus 12/15 € für korrespondierende Weine und Espresso). Zur Begrüßung gab es frisches Weißbrot und Butter (mit Bärlauch, lecker!), Öl und Salz. Kleine Geste, große Wirkung – der erste Hunger ist schon mal fort. Das reguläre Menü begann mit einem gebratenen Lachsforellenfilet von der Schönfelder Teichwirtschaft mit Wurzelpraline, karamellisierter Bete und Schnittlauchjogurt. Mit hätte es ohne die Balsamico-Malerei sicher noch besser geschmeckt, denn das Auge isst ja bekanntlich mit, und so eine behende hingeschnörkelte Essigspur passt ja auch nicht zum gestrengen Kulka-Stil. Aber was soll’s, der Riesling QbA Meißner Kapitelberg von Vincenz Richter (den es sonst nur als ganze Flasche gibt) half uns, darüber hinweg zu essen.

Zur Entenkraftbrühe mit Pilzen und Ravioli bekamen wir frisches Brot, auch eine neue (dunklere Sorte). Derlei Kleinigkeiten mögen wir ja – zumal wenn’s Brot schmeckt (tat es). Die Kraftbrühe war kräftig wie der Name es verhieß, die Pilze keine Offenbarung, das Raviolo mit cremiger Füllung passend. Zur Suppe brachte der Service einen Rosé vom Weingut Schloss Proschwitz QbA  (den gibt’s auch offen auf der Karte: 0,10 l für 4,50 €). Schade, dass die Jahrgänge verschwiegen werden – gerade bei den eigentlich guten Weinen im Angebot (neben hochkarätigen Sachsen auch solche von Jochen Dreissigacker und einige Franzosen wie Italiener) geht da beim Auswählen ja einige Information verloren.

Der Hauptgang versprach Zweierlei vom Podemuser Ochsen – saftiger Rücken und geschmorte Querrippe mit Wirsinggemüse und Kartoffelkuchen. Podemus, das sei Nicht-Dresdnern unter den Lesern verraten, ist ein Bio-Bauernhof bei Dresden. Im Vorwerk Podemus widmet man sich seit 1991 „aus tiefster Überzeugung“ (Webseitentext) dem organischen Landbau und der Herstellung hochwertiger ökologischer Lebensmittel. Mittlerweile ist das ein veritabel mittelgroßer Betrieb, mit über 80 Mitarbeitern und etlichen Filialen (unter anderem im Dresdner Hauptbahnhof: angekommen in der Realität!). Doch was hilft bestes Bio-Fleisch, wen der Koch es nicht zu würdigen weiß. Dieses ging. Der Rücken hauchdünn, dafür aber wirklich erstaunlich saftig und weich, das Geschmorte ein wenig zu dröge, aber ebenfalls sehr zart. Der Wirsing grenzte ans Salatige – wenn es so gewollt war: nun ja. Wir mögen ihn deutlich weicher mehr, frei nach Wilhelm Busch: „wofür sie besonders schwärmt, wenn er wieder aufgewärmt“. Ansonsten erinnerte uns das Gericht an Essen wie bei Muttern: nicht sehr aufwendig dekoriert, aber eine gute Portion feinen Sonntagsbratens. Was tranken wir dazu? Einen sehr schönen und passenden Dornfelder QbA Meissener Weinhaus Prinz zur Lippe (auch den gibt’s sonst nicht offen).

Das Dessert – zu dem es einen Espresso der passableren Art  gab – hinterließ uns mit einem Rätsel: Birnenclafoutis, Rotweinparfait und Schokoladenmousse á la C. Felder hatte alles, was ein Dessert braucht zum süßen Abschluss. Nur: Wer ist C. Felder? Keine Ahnung, ich Ignorant. Denn wer Christophe Felder nicht kennt, ist offenbar selber schuld. Nun wissen bzw. ahnen wir, wer Felder ist, und das Rezept haben wir auch gefunden!

Café | Restaurant Lingner®
Lingnerplatz 1
01069 Dresden

Tel.: 0351 | 48 46 600
www.restaurant-lingner.de

Öffnungszeiten:
Di – So ab 10.30 Uhr
Mo geschlossen, außer an Feiertagen

[Besucht am 13. April 2014 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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