Von Wackerbarth zur Hoflössnitz

Als Osterspaziergang eine Weinwanderung von Schloss Wackerbarth bis zur Hoflössnitz

Carpe Diem

Meist treibt es einen als Tourist ja entweder hier oder da um. Wir verbanden das Hier mit dem Da und unternahmen einen kleinen Wanderspaziergang von Schloss Wackerbarth zur Hoflössnitz. Zur Einstimmung tranken wir (jaja, Wanderungen in dieser Gegend haben immer mit Wein zu tun!) eine Rarität. Das Wort stand glücklicherweise nicht auf der Flasche, dafür aber auf dem rückwärtigen Etikett zwei Zahlen: 0656/1500. Will heißen: Wir leerten die 656. von insgesamt nur 1.500 hergestellten Flaschen: trockene Scheurebe, klassische Flaschengärung  – aber nicht in Wackerbarth, sondern auf dem Weg dahin bei einem Zwischenstopp in Gräfe’s Wein und fein, wo wir ja eigentlich nur eine Kiste von dem famosen Prinzenwein abholen wollten. Den hatten wir bei unserem Besuch während der Kochsternstunden dort kennen und schätzen gelernt!

Wein & feinNa gut, dann beginnen wir den Tag eben mit einer Weinprobe, ist ja auch nichts Außergewöhnliches in der Gegend. Man lernt in dem kleinen Laden eh ganz gut: Rosé von Martin Schwarz, Riesling vom Radebeuler Wagen von den Freizeitwinzerfamilien Lang und Mitzschke: Sachsens Winzer liefern Bekanntes und Unbekanntes – und manchmal richtig Erstaunliches! Dazu gab’s als Ohnmachtshappen ein kleines Spargelrisotto von Nicolle Kirsten – passt schon! Next stop: Wackerbarth.

Schloss WackerbarthDas Schloss ist natürlich ein Publikumsmagnet. Also ist es voll, aber das Gelände ist groß. Das Schöne eines Schauweinguts: es gibt was zu schauen. Nicht nur drinnen bei den Führungen, auch draußen, wo die Reben blühen (und weil dransteht, was da gepflanzt ist, könnte man mal lernen, wie sich die Sorten unterscheiden. Aber wir sind ja Endverbraucher, also beginnen wir damit mit dem, was hinten rauskommt!).

Haus FliegenwedelAber bevor wir Wackerbarth durchstreifen, gönnen wir uns noch ein zweites kleines Vorspiel: Gleich nebenan gibt es das Weingut Fliegenwedel, wo hinter dem zauberhaft rekonstruierten Haus auf 0,2 ha terrassiertem Steilhang Müller-Thurgau, Spätburgunder und Traminer wachsen. Werner und Viola Hösselbarth, die die Bauruine des über 300 Jahre alten Winzerhauses 1985 kauften und denkmalgerecht sanierten, rebten den Hang hinterm Haus auf und gründeten 2010 das Weingut Fliegenwedel. Im historischen Weinkeller reifen die Weine in Edelstahltanks. Das ist mal einen gesonderten Besuch wert.

Schloss WackerbarthSo, nun aber: Wackerbarth. Traumhaft schöne Anlage, die dem Volk gehört – naja, nicht ganz: Es ist ein Staatsweingut, also stecken da Steuergelder drin, und das nicht zu wenig. Aber man muss für das Betreten der Anlage keinen Eintritt zahlen, sowas kann man ja von Staats wegen in Dresden auch (im Schlosspark von Pillnitz). So gesehen frag‘ ich mich, warum die Dame im Gelände so dreinschaut, als ob sie Heine rezitiere: Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, das ich so trahaurig bin – Wackerbarth ist nämlich insgesamt eher heiter als traurig!

Schloss WackerbarthWas man auf Wackerbarth tun muss: Einmal hinters Schloss, Springbrunnen gucken. Was man machen sollte: Sich am Verkaufswagen ein Glas Wein holen (ab 5 € für 0,2 l) und einen Platz auf der Terrasse suchen. Kleiner Tipp: meist sitzen alle rechts von der Treppe, die hoch zum Belvedere führt. Wer seine Ruhe haben will, findet die in der Regel 30 Sekunden weiter links der Treppe. Der Dame im Brunnen des Belvedere-Sockels ist es egal, sie meint ja eh: „Menschengeschlechter ziehen vorüber wie die Schatten vor der Sonne.“

Wackerbarth vom Jacobstein

SternguckerWir ziehen auch vorüber, und zwar links ab in den Weinberg. Es geht recht steil hoch, ist ja schließlich eine Steillage hier! Umdrehen lohnt sich immer wieder mal, denn so nach und nach entwickelt sich das Ensemble von Wackerbarths Ruh, wie die Anlage auch genannt wird, zu einem Gesamtbild (für Fotografen: am Nachmittag im herrlichsten Gegenlicht!). Es gibt zwei Wege hoch: der eine führt direkt zum Jacobstein, der andere geht gerade hoch in den Weinberg. Oben kann man dann rechts abbiegen und gelangt so auch zum Jacobstein und zur Sternwarte Radebeul. Die beiden Sterngucker schenkte der Bildhauer Walter Howard 1973 der Stadt Radebeul, seitdem gucken die beiden sich den Himmel über Wackerbarth an.

Wo der Besen hängtAn der Sternwarte fanden wir erstens den Hinweis, der als Bild diesen Beitrag einleitet: Carpe diem, genieße den Tag. Diese rund 2037 Jahre alte Weisheit des Horaz ist ja nur der Abschluss jener Sentenz, die auch die zielweisenden Worte enthält (in der auf Wikipedia gefundenen Übersetzung): „Sei nicht dumm, filtere den Wein und verzichte auf jede weiter reichende Hoffnung!“ Was die perfekte Überleitung zu zweitens ist, denn wir fanden nicht nur die Sonnenuhr mit dem Klassikerspruch, sondern an einem Baum auch einen Besen mit Hinweis auf eine Besenwirtschaft, es seien nur „111 Meter Richtung Wasserturm“. Eine passable Entfernung für eine Weinwanderung!

BesenwirtschaftsausblickEi verbibbsch, wo ist denn der Wasserturm? Rinks oder lechts, das ist hier die Frage – die wir mal mit „rechts“ beantworten – wenn man den Rücken zur Elbe hat. Nach ungefähr hundertzehn Metern erspähten wir dann auch schon ein offenes Tor: wir hinein und Wow! Großartige Aussicht – vor allem, wenn man Sicht hat. An diesem Karsamstag beliebte Petrus es ein wenig dunsten zu lassen, so dass nix war mit Fernsicht. Aber freie Plätze in der ersten Reihe mit Blick über erst im vergangenen Jahr gesetzte Reben und Radebeul bis aufs andere Elbufer, an dem der Raps schon mal gelbe Tupfer setzte. Es gibt in der Besenwirtschaft an der Sternwarte Radebeul die Weine der Meißner Winzergenossenschaft, kann man also trinken, sich hinsetzen und die Ruhe genießen.

Hinter MauernWer ein Ziel hat, könnte jetzt weitergehen. Unser Ziel: Der Weg, wie immer. Zuerst folgen wir dem Sächsischen Weinwanderweg, auf dem wir uns im Prinzip seit Wackerbarth befinden. An der Hauptstraße (der Moritzburger) weichen wir jedoch ab: Der Weinwanderweg geht unterm Hang entlang, wir schlängeln uns in Serpentinen hinauf, Richtung Wasserturm (der schon wieder!). Die Straußwirtschaft Förster nimmt uns die Entscheidung eines neuerlichen Zwischenstopps ab: geschlossen (mit einem Zettel am Stahltor: 24. August bis 13. Oktober samstags, sonntags und an Feiertagen ab 13 Uhr geöffnet – ohne Jahresangabe, aber es klingt nach 2013 🙁 ).

Blühende GärtenMan sieht an dieser Stelle nicht viel, weil alles hinter Mauern versteckt ist. aber das gibt sich alsbald. Es kommt, sobald es Richtung Jägerhof geht, ein schönes Stück vom Weinwanderweg, zuerst durch bebautes Gebiet – aber mit Wahnsinnsgärten. Da blüht es wie im Mustergarten – nein: schöner, weil nicht so ordentlich. Und an den Sträuchern hingen Ostereier in schönen bunten Farben. Wir konnten uns gar nicht satt genug sehen!

SängerhöheDer Weinwanderweg ist hier (wie auch an anderen Stellen) immer nur in eine Richtung ausgezeichnet – wir gehen aber in genau die andere. Das kann manchmal verwirrend sein, wenn zum Beispiel das Weinwanderwegzeichen nach links zeigt und es nach rechts woanders hingeht. Wir folgen jetzt zwar dem Weinwanderweg, aber da er nicht ausgezeichnet ist, gehen wir Richtung Jägerhof im Paradies. Vorbei an noch mehr alten Mauern, aus denen Blaukissen sprießen, an alten Häusern, vor denen Magnolien blühen und der seit etwa 1973 geschlossenen Bergschänke Sängerhöhe, wo die Gardinen ein Hauch der Vergangenheit umweht.

HoflössnitzDie verrückteste Besenwirtschaft der Gegend ließen wir dieses Mal aus – denn im paradiesischen Jägerhof erleben wir zwar immer wieder wirkliche Überraschungen, aber dort gibt’s ja lediglich Fettbemme zum Sattwerden. Wir hatten aber langsam nicht nur wieder Durst, sondern verspürten auch ein Hüngerchen, weswegen uns nach mehr als ner Stulle war. Erklärtes Ziel: Die Hoflössnitz, und dort das Weingut Aust. Dank weithin sichtbarem Spitzhaus und Bismarkturm droben auf dem Berg sahen wir, dass das Ziel bald erreicht werden könnte. Es galt lediglich, die Gleise der Bahn zu überwinden. Die ist zwar eine Schmalspurbahn, aber man kommt natürlich dennoch nicht so einfach drüber. Aber wenn man die Brücke mal gefunden hat, ist man auch gleich da und kann, wahlweise, hoch ins Areal des Weinguts Hoflössnitz oder geradeaus zum Weingut von Karl Friedrich Aust. Das taten wir – Bericht folgt! Und der Rückweg? Unten lang durch die auch sehenswerten Nebenstraßen von Radebeul nach Wackerbarth. Oder, wenn man eh mit der Bahn angereist war, zur Haltestelle an der Meißner Straße.

…mit einigen unwichtigen Aussetzern beim Aufzeichnen 😉

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