Cucina Pancia – ein gutes Bauchgefühl

Bel Piatto Bauch

Köche und Kellner – das ist ein ganz großes Kapitel. Was da abgeht in den Momenten kurzer Begegnung, kann man in vielen Büchern nachlesen – meist geschrieben von Köchen, die es zu einer gewissen Berühmtheit gebracht haben. Es gibt allerdings noch kein spannendes Buch, das die logische Erweiterung des alten Duells schildert und den Gast einbezieht. Wahrscheinlich, weil da nichts mehr alliteriert – oder man lässt sich auf einen alternativen Titel wie „Der Koch, der Kellner und der Störenfried“ ein.  Klingt nach einem spannenden Abend? War es auch! Wir waren nämlich in großer Runde ins Bel Piatto gekommen, wo wir uns vor gut einem Monat bereits getroffen hatten. Der Wiederholungsbesuch hatte einen guten Grund: das eigentliche Bel-Piatto-Team urlaubt und hat den Laden nicht zugemacht in dieser Zeit, sondern Georg Bauch überlassen. Und der ist ja in Dresden kein Unbekannter, sondern eher ein rühriger Tausendsassa – wir hatten ihn mit großer Freude im Stresa erlebt, wir haben uns von ihm köstliche Currywurst servieren lassen – warum also nicht mal sehen, wie der Herr Bauch es italienisch treibt?

Cucina Pancia klingt doch schon mal gut: Bauchküche. Da die Karte sich auf der großen Schiefertafel fast so las wie bei unserem Junibesuch, wollten wir wissen: In welchem Gericht steckt am meisten Bauch drin? „Der Bauch steckt überall drin!“ sagt da Georg Bauch – „denn ich stehe ja in der Küche!“ Meistens jedenfalls, denn manchmal kam er auch mit raus und half servieren – was wir ja immer eine gute Idee finden, weil’s da Zeit für dumme Fragen gibt. Da müssen die Stars durch! Kann natürlich auch sein, dass er mit rauskam, weil die Bedienung grenzenlos überfordert war. Wir verstehen ja nie, warum es eine gefühlte halbe Stunde dauert, bis der Wein am Tisch ist. Allein die Zeit, bis wir die Weinkarte hatten, schlich dahin. Und verrann. Und dauerte. Und verrann – bis wir die Karte selber holten.

Eigentlich hätten wir sie ja gar nicht gebraucht, die Karte. Denn der La Segreta 2013 von Planeta, in dem 50% Grecanico, 30% Chardonnay und je zehn Prozent Fiano und Viognier sich zu einer fruchtig-frischen Melange vereinen, hat uns ja gut gefallen. Wahrscheinlich, weil die nur auf Sizilien wachsende Grecanico-Rebe ein wenig an Sauvignon Blanc erinnert – deren Aroma passt ja im Sommer meist gut. „Bere bene quotidiano“ steht hinten auf dem Etikett – am besten jeden Tag trinken, habe ich das mal nicht ganz korrekt aber zielsicher in die richtige Richtung weisend übersetzt. Als der Wein dann kam, war er erwartungsgemäß gut – aber bis er kam… Wir hatten ja noch Glück und erhielten wirklich die richtige Flasche in der korrekten Größe – andere am Tisch lechzten nach einem großen Pils und bekamen die Fingerhutdosierung im 0,2 Liter-Glas.

Bei schlechtem Wetter wären das Gründe gewesen, uns die Stimmung zu vermiesen. Aber es war dieser eine Abend ohne Gewitter, wir saßen draußen, wir hatten Spaß – und Gesprächsstoff. Dienstleister und so. Und als dann das Essen kam, war eh Versöhnung angesagt. Der Vorspeisenteller beim Nachbarn war üppig (und geschmeckt hat er auch, sagte der Nachbar). Probiert hatte ich nicht, weil der Pulposalat vor mir die volle Genusskonzentration erforderte. Butterweicher Pulpo (der war uns im Urlaub selbst schon mal nicht so gut gelungen, man muss nämlich sehr nett sein zu diesen Tieren, sonst bleiben sie zäh!) auf köstlichem Gemüse. Tomaten, Sellerie, Karotten, Erbsen – alles punktgenau gegart und geschmacklich im siebten Himmel auf mediterraner Kräuterwolke vereint. Ganz großes Kino, dieser Gang (als Vorspeise 11 €, als Hauptgang 16,50 €). Was uns obendrein gefiel: Die Küche reagierte selbstverständlich auf Sonderwünsche wie „kein Knoblauch“ oder so – das geht eben, wenn alles frisch gemacht wird!

Kalbsleber mit Spitzkohlrisotto (16,50 €) kam als reichliche Portion. Unsere Kalbsleber ist immer ein wenig weniger durch, aber es ging – weder hart noch zäh und trocken war die servierte, also in Ordnung. Der Risotto gehörte zu den ordentlichen, was ja nicht selbstverständlich ist. Zusammen ein Hauptgang, mit dem man sehr gut leben konnte! Aber das war ja nur vom Teller nebenan gestiebitzt. Ich hatte Tagliatelle, Rinderfiletstreifen und Paprika (13,50 €) und fühlte mich sehr wohl damit. Lauchzwiebeln, die nicht zum Menünamen gehörten, waren übrigens mit von der Partie und gefielen mir gut – roh übern Teller gestreut gaben sie dem Gericht noch einen frisch-scharfen Pfiff mit auf den Weg. EIin Gang aus der Kategorie „so schmeckt Sommer“!

Dolce müssen sein. Die Nachbarn zur Rechten wie zur Linken rieben sich genüsslich den Bauch (also jeweils den eigenen!) nach der Panna cotta mit Melonengranité (5 €), ich ließ mich auf das Abenteuer ein, Bambinaparfait mit frischem Obst (5,50 €) zu probieren. Da mir der Bambina-Geschmack keine Erinnerungen an früher hervorrief, war’s wohl nur der halbe Genuss. Aber die Erdbeeren waren gut!

Also: Küche gut, alles gut. Wenn da nicht das Warten auf die Rechnung gewesen wäre. Und die Bedienung, die alle Schuld der Welt nicht bei sich, sondern der Kasse sah, als sie lustige Belege mit phantasievollen Zusammenstellungen brachte und alles erklären zu können glaubte. Das passte zum Anfang des Abends und hätte uns beinahe wieder von der Genusswolke heruntergezogen. Aber Ärger kann man gegebenenfalls mit einem Grappa aufs Haus runterspülen. Und das taten wir dann auch. Salute!

Cucina Pancia
Georg Bauch im Bel Piatto
Glacisstr. 11
01099 Dresden
Tel.: 0351 / 810 80 96
www.belpiatto.de

Geöffnet: Mo–Fr 12 – 15 Uhr und 18 – 24 Uhr, Sa nur abends
Sonntags 10 – 14 Uhr Brunch „Cucina Pancia“ (20 €)

[Besucht am 6. August 2014 | Lage | Zur Karte der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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