Dreimal zwei plus mehr

Geschmackssache Heimat im Restaurant Daniel

Der Weinerklärer bei der Arbeit

An den Titel der Veranstaltung musste ich mich erst gewöhnen – Geschmackssache Heimat klingt dem politisch sensiblen Ohr ja durchaus befremdlich. Aber wenn das Deutsche Weininstitut als zentrale Kommunikations- und Marketingorganisation der deutschen Weinwirtschaft Veranstalter und Silvio Nitzsche von der WeinKulturBar Moderator ist und das Ganze im Restaurant Daniel stattfindet, dann pusten wir mal die Befürchtungen weg und sehen dem Abend mit dem Biowinzer Alexander Pflüger aus der Pfalz und dem Aufsteiger Maximilian Dexheimer vom Weingut Walldorf Pfaffenhof aus Rheinhessen vorfreudig entgegen.

Geschmackssache HeimatDie beiden jungen Winzer der Generation Riesling waren live vor Ort, natürlich mit eigenen Weinen. Außerdem gab es vier weitere Weine aus Baden, Württemberg und Rheinhessen. Nix „von hier“? Natürlich nicht: Die kann man doch immer haben, sogar vor Ort beim Winzer. Alles gut.

Silvio Nitzsche plauderte wie wir es gewöhnt sind, und er behielt auch seine Angewohnheit bei, nie nur mit einem Wein aufzuwarten: „Wir servieren die Weine jeweils im Zweierflight, damit sich messen kann, was nicht zu messen sein soll“ sagte er. Alles klar.

Im Gespräch mit Alexander PflügerIm ersten Zweier trafen zwei Rieslinge aufeinander. Klar, dass uns bekennenden Riesling-Liebhabern das gefiel. Die beiden anwesenden Winzer gehören zur Generation Riesling – auch so eine Marketing-Kiste des DWI, aber eine feine. Winzerinnen und Winzer unter 35 können Mitglied werden, rund 350 machen mit. Die beiden Rieslinge kamen von der Mosel (20 Brix Riesling Spätlese trocken vom Weingut Brixius-Boellinger) und aus der Pfalz (Dürkheimer Michelsberg Riesling „Große Lage“ vom Weingut Pflüger). Vor den Genuss kam aber die Wissensvermittlung! Der Weinerklärer Silvio Nitzsche und der biologisch-dynamisch arbeitende Winzer Alexander Pflüger im Gespräch – das hatte großen Unterhaltungswert bei hoher Lernkurve. Natürlich wussten wir danach nicht alles über die Wirkung von Hornmist (Präparat 500) oder Hornkiesel (Präparat 501) – aber dass dabei ein großartiger Wein herauskommen kann, wurde uns beim Probieren schon klar. Vater Pflüger war einer der ersten, der (damals noch belächelt) seit 1989 biologisch arbeitet. Die verschärfte Gangart, das biodynamische Winzern und die Zugehörigkeit zu Demeter, kam 2007 hinzu. Alexander Pflüger, aus unserer kleinen 1,69-m-Sicht ein Hühne, lebt diese Art des Winzerns, die Erfolge geben ihm Recht – und lachen tut nun keiner der Nachbarn mehr. Der Brix im anderen Glas war ein traditioneller schiefergeprägter Mosel, der (die Flaschen-Verkaufspreise ab Hof standen auf der Tischunterlage, daher wissen wir’s) halb so teuer wie der Pflüger-Wein, war aber keineswegs nur halb so gut – im Gegenteil: Zum Pfifferlings-Risotto, das Daniel Fischer zu diesem Weingang als Begleitung servieren ließ, hat er uns in seiner frischen Kernigkeit fast besser gefallen.

Geschmackssache HeimatIm zweiten flight durften sich eine badische Scheurebe und ein württembergischer Blanc de Noir den Geschmacksnerven stellen. Bestehen mussten sie gegen einen optisch geilen und geschmacklich großartigen Gang: Tomate, Tomate, Tomate, Tomate, Tomate, Tomate, Tomate und Büffelmozarella nebst Kräutern brachten exakt die farbliche und geschmackliche Vielfalt ein – und dagegen muss ein Wein sich erst einmal behaupten. Trennkost vielleicht? Erst den einen (2013 Scheurebe von Andreas Laible, Baden), dann was vom Tomatenvielfaltsgang, dann den anderen Wein (2012 Sulzfelder Lerchenberg Blanc de Noir vom Weingut Lutz, Württemberg)? Nein, das wäre was für Mädchen (pardon, ist mir so rausgerutscht). Wir also einen Schluck hiervon, einen Happs davon, einen Schluck davon – und wurden uns handelseinig: zur subtilen Säure der Tomaten ging der Weiße vom Roten besser. Ein Schwarzriesling mit Schmelz und Finesse, und wieder ein wenig günstiger als der VDP-Wein (den wir uns mit seinem Maul voll Johannis- und Stachelbeeren als Apero oder unterm Kastanienbaum am lauen Sommerabend wünschten). Und was haben wir bei diesem Gang gelernt? Dass der Herr Georg Scheu 1916 seine Züchtung Sämling 88 nannte und kund und zu wissen tat, es seien Riesling und Silvaner im Spiel gewesen. Riesling stimmt, Silvaner nicht: die Bukettraube war’s.

Maximilian DexheimerVorhang auf zur Runde drei: Auftritt Max Dexheimer, 22 Jahre jung und erfrischend locker. Manchmal vielleicht einen Hauch zu locker, aber wenn er so hessisch daherbabbelt, gewöhnt man sich an den rauen Charme. „Wir machen so ein paar Weine!“ spielt er runter, was er macht (andere sagen: phänomenale Weine). Sein 2011 Cabernet Sauvignon und Merlot vom Weingut Walldorf-Pfaffenhof heißt kurz Hannes. Hannes? „Ja, so haben sie mich immer genannt: Hannes, mach net so lange hin!“ Und Hannes sei ja nun definitiv kürzer als Cabernet Sauvignon und Merlot! Und dafür, dass Rheinhessen ja eher so Riesling und Silvaner ist, war das ein beachtlicher Wein, der – wie Silvio Nitzsche anmerkte – „das Bäckchen gut genommen hat“. Und nicht nur das Bäckchen vom Schwein – auch den Steinpilz, der (mit einem feinen Ratatouille und einem Kartoffelsäckchen) als vegetarischer Hauptgang serviert wurde, wusste er zu meistern. Und was war mit dem zweiten Wein zu diesem Zweigang-Gang? Was war mit dem 2010 Spätburgunder trocken Innovation vom Weingut Kiefer in Baden? Den haben wir einfach nur genossen und weggesüffelt. Pardon.

Organisiert und bezuschusst wird Geschmackssache Heimat von Julia Enders und dem Deutschen Weininstitut (DWI). Der Preis für den Abend betrug 25 € pro Person für Wasser, Weine und das Essen.

Weingut Pflüger
Gutleutstraße 48
67098 Bad Dürkheim

Tel. +49 6322 63148
www.pflueger-wein.de

Weingut Walldorf-Pfaffenhof
Mainzer Strasse 50
D – 55291 Saulheim

Tel. +49 6732 – 5055
www.pfaffenhof.de

Restaurant Daniel
Daniel Fischer
Nieritzstraße 11
01097 Dresden

Telefon 0351 / 81197575
www.restaurant-daniel.de

Geöffnet:
Mo – Sa, Feiertags 17.00 Uhr – 24.00 Uhr; Sonntag geschlossen

[Besucht am 31. August 2014 | Lage und Karte der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

 

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