Wenn der Schwib ’nen Schwips bekommt

Schwipsbogenverkauf

Eigentlich neigen die Sachsen ja dazu, allzu harte Konsonanten aufzuweichen. Man muss sich ja nur die (nicht ganz ernst gemeinte) sächsische Version der STIPvisiten ansehen, um schon auf der Schdardseide mehr über Weenbrofis, Resdaurandgridign und Geschischdn aus dem bralln Neuschdadd-Lebn zu erfahren. Um aufzufallen, muss man da schon einiges anders machen. Also beispielsweise den klassischen Schwibbogen nicht nur in seiner Anmutung verfremden, sondern ihn auch sprachlich zu verhärten: der Schwipsbogen  bricht mit allen Konventionen. Er ist die Fortsetzung der Tradition mit anderen Mitteln und bietet so vorzügliche Anlässe, um ins Gespräch zu kommen.

Der Erfinder des Schwipsbogens ist Magnus Hecht, Kulturberater (offizielle Bezeichnung) und Neustadt-Original (faktische Beschreibung). 2010 erblickte der Original Dresdner Schwipsbogen das Licht der Welt – zum 1. Scheune-Weihnachtsmarkt „Neustädter Gelichter“. Auf einem Begleitzettel findet der nichtsahnende und unwissende Altstädter eine wunderbare Interpretation des Schwipsbogens, den es in mehreren Größen gibt und in quasi allen Farben, solange sie schwarz sind. Der Bogen zeigt, und nun zitiere ich mal: „eine unrepräsentative Auswahl der Bewohner des Stadtviertels Äußere Neustadt. Ein Punk und ein Geschäftsmann, junge Leute mit Ball und Bike, eine betagte Dame mit Gehhilfe, eine Schwangere mit Kind und ein Musiker stellvertretend für die Kunstschaffenden nicht zu vergessen. Und über allen die Maus-Schnuppe der Bunten Republik Neustadt. Durch seine mit Hund und dessen Auswurf sowie einigen Katzen verzierten Standbeine lässt sich der Schwipsbogen vortrefflich auf Fensterbank oder Fernseher platzieren. Er ist, soweit es ging, handgemacht. Aus Holz.“

SchwipsbögensammlungSchon das ist ja bezaubernd, aber der eigentliche Clou ist natürlich, dass es zum Schwipsbogen nicht nur (batteriebetriebene) Kerzen gibt, sondern auch Schnapsgläser, denn „man betreibt den Schwipsbogen traditionell mit Schnaps, der sich in Gläser gegossen, welche auf den Tüllen abgestellt werden, zum gemeinschaftlichen Anstoßen eignet,“ meint Magnus Hecht. Als wir im vergangenen Jahr auf der Hirschweihnacht unseren Schwipsbogen kauften, mussten wir das gleich mal probieren: Funktionierte! Besonders experimentierfreudigen Käufern mit guter Haftpflichtversicherung empfiehlt er brennbaren Schnaps. Aber die gibt es offensichtlich nur rechts der Elbe: „Altstädter nehmen besser wie gewohnt Kerzen“ ist die eindeutige Empfehlung für die Leute vom anderen Ufer.

2 Kommentare

  1. Vielen Dank für die reizende Beschreibung der Idee „Schwipsbogen“. Dann hat sich ja für mich der kalte und bisweilen auch kühle Ausflug auf den Weißen Hirsch im letzten Jahr gelohnt! Ich habe mir mal erlaubt, den Artikel auch ein bisschen zu verlinken. Prost.

1 Trackback / Pingback

  1. Die Weihnachtsgans auf der Pizza | STIPvisiten

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*