Geschmackvolle Collagen

Goldener Hahn, Finsterwalde

Silvestermenü 2014

Zehn Gänge, natürlich von der Menge abgestimmt, sollten das Warten aufs neue Jahr verkürzen helfen. Doch das kam dann doch schneller als erwartet: Zwischen Hauptgang und den zwei bis drei Desserts begrüßten die Gäste des Restaurants Goldener Hahn erst einmal das neue Jahr bei einem Glas Champagner – draußen vor der Tür beim überschaubaren Feuerwerk von Finsterwalde. Auch mit draußen: das komplette Küchenteam, auch sehr übersichtlich. Zu zweit werkelten sie in der Küche – großer Respekt!

Das mag eines der Geheimnisse sein von Frank Schreiber. Als er ganz am Anfang des Abends mit seinem Kollegen das Amuse Bouche selbst servierte und ansagte, musste er sich grinsend für die leise Stimme entschuldigen: In der Küche würde nicht geschrien, da verlerne man das laute Reden. Leise, lächelnd – das sind äußere Zeichen. Und von der offenbar ruhigen Art profitierten dann auch die rund 30 Gäste an der langen Tafel: Es ging vergleichsweise zügig voran (ohne dass wir gejagt wurden).

Der Webseite des Goldenen Hahns entnehmen wir, dass Schreibers Motto „Kochen ist Kunst – Kunst für alle Sinne“ ist und er die Teller aus seinem Küchenatelier gerne wie Gemälde schickt, besser gesagt: als geschmackvolle Collagen. Dabei hat er Vorlieben wie den breiten Pinselstrich als Grundlage im Panoramaformat oder die kleinen Klackse rundrum. Wer nörgeln möchte, hätte da einen Ansatzpunkt – man könnte das aber auch als Stil des Kochs deklarieren, und da befinden wir uns nun mal offensichtlich in der PanoPinselPhase (2013 bei unserem Besuch hatten wir die noch nicht).

Zum Stil des Hauses gehört auch ein wundervoller Mix aus Zutaten, die man in der Gourmetküche gewöhnt ist und solchen aus der Lausitz, der nächsten Umgebung also. Wobei im Ernstfall der Lausitzer Anteil für den spezifisch guten Geschmack sorgt. Die Mischung aus internationalen Zutaten frisch vom Pariser Großmarkt (oder wo auch immer die Leute von Rungis ihre Ware ordern) und Dingen, die direkt vor der Haustür wachsen, beherrscht Schreiber meisterlich. Beim Decollagieren der Teller (früher nannten wir es Essen) kommt dann noch ein fein balanciertes Spiel mit Texturen hinzu. Man könnte auch schlicht schreiben: es schmeckte vorzüglich. Dass der Service unter der Leitung von Iris Schreiber den langen Abend über das Lächeln nicht verlor, gehörte ebenfalls zu den schönen Dingen des Jahresausklangs.

Hier das Menü (120,- € inklusive Mitternachts-Champagner, Mineralwasser, Kaffee):

Apero
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Amuse Bouche
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Jacobsmuschel / Gurke / Yuzu
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Gänseleber / Quitte / Bitterschokolade
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Imperial Kaviar & Ei / Grüner Spargel
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Steinbutt / Chicorée / Haselnuss
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Taubenbrust / Kürbis / Berberitze
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Rind Dry Age / Pilze / Schwarzwurzel
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Rohmilchkäse / Apfel-Senfsorbet / Zwiebelmarmelade
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Passionsfrucht / Birne / Nougat
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Petit fours

Wunderbar: Es gab keinen Gang, der herausragte – weil jeder eine neue Freude war.  Aussetzer sowieso nicht, statt dessen Erinnerungen an treffliche Produkte in bester Zubereitung – aber nicht nur Jacobsmuschel, Gänseleber (die besonders!), Kaviar-Ei, Steinbutt, Taube und Rind, sondern eben auch ganz klar die Gurke zur Muschel, Chicorée zum Steinbutt oder Kürbis zur Taubenbrust schmeichelten den Geschmacksknospen und waren Anlass, tagsdrauf noch einmal bei den Schreibers einzukehren. Denn so vorzüglich, wie man das alte Jahr beschließt, kann man das neue ja gut beginnen!

Goldener Hahn
Hotel und Restaurant
Inhaber Frank Schreiber
Bahnhofstraße 3
03238 Finsterwalde

Telefon: 03531 / 2214
www.schreiber-cuisine.de

Geöffnet: Dienstag bis Samstag ab 17 Uhr, Sa auch ab 12 Uhr.

[Besucht am 31. Dezember 2014 | Karte der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

1 Kommentar

  1. Schön zu lesen und gedanklich zu schmecken (soweit es überhaupt geht). Außerdem ein erneut aufwallender Ärger über das 3- Gang- Menü inkl. Veranstaltung im meißner Burgkeller.

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