Zwölf auf einen Streich: Der ultimative Glühweintest

Zwölf Winzerglühweine aus Dresden und Umgebung im Test

Glühweintest

Die Frage, welches denn nun der beste Glühwein der Stadt sei, ist seit Jahren von mindestens so großer Bedeutung wie die nach dem besten Stollen – und ebenso unerbittlich auseinander fallen die Antworten, denn ein jeder sagt „meiner“ und meint damit den, welchen er bevorzugt trinkt (Glühwein) oder isst (Stollen). Sich ein objektives Bild zu machen, scheitert meistens am Testverfahren: Auf dem Striezelmarkt (oder irgendeinem der anderen Weihnachtsmärkte in der Gegend) kann man sich zwar durchprobieren – aber hier riecht es nach Bratwurst, dort nach Fisch, nebenan nach Kräppelchen. Und mal ganz ehrlich: wie objektiv ist man nach elf Tassen Glühwein oder nach dem zehnten Stück Stollen? Eben.

Wir nutzten die Chance, in der geschützten Atmosphäre der Dresdner Weinzentrale zwölf auf einen Streich zu probieren (in kleinen Mengen, nicht gleich ganze Tassen). Der Vorteil: Alle Glühweine kamen aus der Flasche und wurden in der gewünschten Menge warm gemacht, um dann im (hochprofessionellen) Pappbecher serviert zu werden. Unser streng wissenschaftliches Vorgehen sah vor, sich über den Pappbechergeruch hinwegzusetzen und die zwölf Glühweine einer Geruchsprobe zu unterziehen, anschließend dem Gaumen die Chance auf Flüssigkeitskontakt zu geben und dann, nach einiger Zeit, den Geschmack im weihnachtsmarktüblichen Abkühlungszustand zu probieren. Die Testreihenfolgĭe bestimmte der Sommelier unseres Vertrauens: Jens Pietzonka kennt unseren Geschmack und offensichtlich auch die ausgeschenkten Glühweine – und würfeln als Zufallsalternative klingt nur wissenschaftlich, ist es aber nicht (diese gewagte These können wir dann gerne im Hardcoretest auf dem Striezel oder im Kötzschenbrodaer Winzerbermudadreieck diskutieren).

Wir starteten mit Proben der Nummern eins bis drei: ein weißer, ein roter und einer rosé, alle drei in 0,5-Liter-Flaschen und mit dem Label Genussmensch versehen sowie als ɡlyːˌvaɪ̯n angepriesen. Ein Sauvignon Blanc, ein Syrah und ein Tempranillo stecken hinter den Glühs, außerdem jeweils Limonen und natürliche Gewürze. Hinterm Genussmensch steckt Silvio Nitzsche von der WeinKulturbar, den wir ja sehr mögen – anders als die drei probierten Glühweine, die bei uns insgesamt keine Freude aufkommen ließen (der Weiße kam uns gar petrolich vor…), so dass wir beim nächsten Besuch in der WKB sicher wieder die unverschnittenen Originale versuchen werden.

Es folgte: Der heiße Schuh. Also nix mit Haselnüssen und Aschenbrödel, sondern ein aromatisiertes weinhaltiges Getränk von Matthias Schuh. Schön gewürzt und etwas hell, was vom verwendeten Schieler kommt und nicht abschrecken sollte. Eindeutig die Nummer eins in der Kategorie Glühwein in rosé (und in der farbunabhängigen Gesamtliste sicher in der Spitzengruppe vertreten). (Flaschenpreis 9,90 €)

Vom Proschwitzer Weinhaus Prinz zur Lippe kommt ein roter Glühwein, der uns sehr kräftig würzig vorkam. Schönes Etikett von Leo, somit macht die Flasche zum Verschenken was her. Kann man so machen – aber beim Wein bleiben wir in Proschwitz dann doch lieber bei denen ohne Glüh davor. (Flaschenpreis 6,60 €)

Von Schloss Wackerbarth probierten wir „Weiß & Heiß“, der natürlich weiß war und obendrein laut Etikett vorne „erlesen sächsisch“. Wir schmeckten Kardamom und nur wenig Alkohol, was beim Blick aufs Rücketikett eine Erklärung fand. Denn neben „sächsischem Weißwein (49%) ist Traubensaft drin: 40 % und ohne Herkunftsadjektiv. 8% Vol sind dann ja auch nicht viel (der Schuh-Schieler hat 12). Unser Urteil: etwas zu süß und etwas zu saftig. (Flaschenpreis 8,90 €)

Das Speisewerk in der Dresdner Neustadt macht auch Glühwein – und verkauft ihn in der praktischen Bügelflasche. Das Etikett war mit zwei Bändchen nur locker angeschoselt, verriet aber viel über den Inhalt. Dem Nachbarn an der Probiertheke war’s egal, dass da auch Wein drin sein sollte, er kippte ihn weg. Und der kippt sonst nichts ins Außerhalb! Zu viel Lebkuchen, sagte er. Von den Zutaten passte es. Ich fand’s nicht so schlimm, nur zu viel Orange und zu wenig Chardonnay und Pinot Blanc.

Frédéric Fourré macht seit einigen Jahren weißen Glühwein aus Reben vom Müller Thurgau und 13 sehr geheim gehaltenen Gewürzen. Der Wein ist im Vergleich zu den anderen sehr trocken, die Gewürze nicht vordergründig, sondern perfekt eingebunden. Wenn man trocken mag: der beste unter den probierten Weißweinen. Wenn man es nicht ganz so trocken mag: weiterlesen! (Flaschenpreis 8,00 €)

Zum Finale hatten wir dann was ganz Großes vor: den ewigen Wettkampf der Striezelmarktgänger, nämlich bean&beluga oder Keth? Man könnte auch sagen: Uli gegen Stefan, so von der Trinkerseite her gesehen, denn der eine mag den einen und der andere den anderen lieber (weswegen wir, wenn gemeinsam unterwegs, immer beide trinken müssen). Stefan Hermann nimmt weißen wie roten Grundwein von Konrad Closheim (dessen Tochter Anette haben wir ja schon öfter in Dresden zu Gast gehabt) aus dem schönen Ort Langenlonsheim an der Nahe. Winzer Keth nimmt natürlich seinen eigenen Wein, und der kommt aus Offstein im Anbaugebiet Rheinhessen – eine Weinbar haben Keths auch in Dresden, am Wasaplatz.

In der ersten Runde b&b gegen Keth probierten wir die beiden Roten. Erster Eindruck: der von bean&beluga kommt besser in der Nase: fruchtig-würzig. Und er schmeckt beim zweiten Eindruck uns auch runder. Keths Roter kommt trockener rüber, was man mag oder nicht. Kalt gingen übrigens beide Weine auch noch, der von b&b war mir da immer noch lieber. In der letzten Probierrunde probierten wir dann die beiden Weißen der Glühweinkönige vom Striezelmarkt: Der von Keth riecht weiniger, bei dem von bean&beluga haben wir Nelken und Kardamom in der Nase. Diese Erfahrungen setzen sich am Gaumen fort. Beim Keth ist alles eingebundener, beim b&b eher vordergründiger. (Flaschenpreis bean&beluga: 9,50 €, Keth 4 €/Literflasche – zweifellos der Preis-Leistungs-Sieger). Spitze sind unserer Meinung nach beide (bzw. alle vier) Weine – nun kommt’s auf den persönlichen Geschmack an, und da hilft nur: selber probieren. Es müssen ja nicht gleich alle zwölf Glühweine sein…

Weinzentrale
Hoyerswerdaer Straße 26
01099 Dresden

Tel. +49 351 / 89966747
www.weinzentrale.com

Öffnungszeiten
Mo – Fr ab 16 Uhr

[Glühweintest in der Weinzentrale: 12 x 0,05 l zu je 0,90 €. Tasse Glühwein: 2,50 €. Getestet am 28. November 2016]

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