Wiener zum zweiten Geburtstag

Weine von Fritz Wieninger und Essen von Juan Amador zum Zweijährigen der Weinzentrale

Fritz Wieninger

Man gönnt sich ja sonst auch alles. Warum also nicht zum zweiten Geburtstag der Weinzentrale einen Abend mit Juan Amador und Fritz Wieninger? Den einen wollten wir immer schon mal kennenlernen, hat er doch mit seiner Drei-Sterne-Küche heftig auf sich aufmerksam gemacht und vor gut einem Jahr zusammen mit eben jenem Fritz Wieninger, den wir im Sommer 2014 oben auf dem Hirsch getroffen und schätzen gelernt hatten, in Wien ein Restaurant eröffnet. Also fix zur Geburtstagsparty angemeldet und schnell vorab noch mal in alten Berichten gelesen.

Jens Pietzonka Der eigentliche Geburtstag der Weinzentrale von Jens Pietzonka und seinem Team ist schwer auszumachen. Einerseits, weil die offizielle Eröffnung eine ganze Woche dauerte – vom 24. bis 28. August haben sich jeden Abend Top-Winzer und Spitzenköche die Ehre gegeben (und das kostete pro Abend 55 €!). Andererseits aber gab es ja schon vor der Eröffnung eine Palettenparty Mitte Juni und zwei Wochen später einen Abend mit Marsch durch die Neustadt ins Raskolnikoff. Die Wiener zum 2. Geburtstag waren nicht ganz so günstig wie die Ursprungsfeierer: 179 € kostete der Abend, Essen, Wein und Wasser inklusive.

Hat es sich denn gelohnt? Unbedingt. Juan Amador hatte zwar kurzfristig abgesagt (statt im Flugzeug, erfuhren wir, dass er „mit Magen-Darm woanders“ saß), aber eine vierköpfige Crew unter der Leitung seines Sous-Chefs Oliver Drug geschickt. „Die Jungs“, wie Amador sie vorab in einer E-Mail nannte, hatten lokale Unterstützung mit Sebastian Probst von der Rosenschänke bekommen: Tagsüber hatten sie in der großen Küche dort die Vorbereitungen erledigt, abends half Sebastian mit – so dass in der kleinen Weinzentrale-Küche fünf Köche halfen, das 5-Gang-Menü zu komplettieren und anzurichten. Und das Davor (ein Dreiergruß mit Beef Tartar al la chinoise, Gänseleber „Mon Cherrie“ und Calzone, zu dem es einen spontan vergorenen 2016 Muskateller Natural Hajszan-Neumann gab – steht zwar nicht Wieninger drauf, ist aber Wieninger drin, denn er hat das Weingut gekauft) sowie ganz zum Schluss noch das Danach (ein Salzkaramell-Macaron und eine Wasabi-Rote Beete-Praline).

Jacobsmuschel "Ceviche": Avocado | Limette | Jalapeño Oliver DrugMit dem eigentlichen Menü ging’s weinmäßig nach dem etwas ungewöhnlichen Starter gleich in die Trinkflussvollen. Der 2016 Gemischter Satz Nussberg Ried Ulm ist ein Paradebeispiel für diese Art, Wein zu machen. „In Wien wurden traditionellerweise meist bis zu 15 und mehr verschiedene Rebsorten bunt durcheinander in einem Weingarten ausgepflanzt, als Gemischter Satz geerntet und noch ganz jung als Heuriger verkauft. Ein Gemischter Satz hatte vor allem den Vorteil, Jahrgangsschwankungen auszugleichen. Früh reifende Sorten mit meist niedriger Säure und spät reifende Sorten mit mehr Aroma und meist höherer Säure ergänzten einander so über die Jahre gesehen sehr gut“, sagt Fritz Wieninger. Der Gemischte Satz vom Nussberg besteht aus neun Traubensorten: Weißburgunder, Neuburger, Welschriesling, Grüner Veltliner, Sylvaner, Zierfandler, Rotgipfler, Traminer und Riesling. Wieninger bewirtschaftet seine rund 70 ha links und rechts der Donau biodynamisch. Im Einklang mit Boden, Klima und Sorte geht es ihm darum, das typisch Wienerische im Wein herauszuarbeiten – und wo geht das besser als beim gemischten Satz, wo man „ganz Wien in einer Flasche“ hat? (Die Antwort kam mit dem nächsten Gang…) Zum Wein servierten die Jungs aus der Küche mit den Mädels vom Weinzentralen-Service Jacobsmuschel „Ceviche“: Avocado | Limette | Jalapeño. Ein kleiner feiner und erfrischender Gang, bei dem die Jacobsmuscheln sehr naturbelassen ihren Geschmack von all dem Grün auf dem Teller bekamen – wobei nicht genannt und auch nicht vordergründig sichtbar, aber doch deutlich zu schmeckendes Koriander das i-Tüpfelchen war. Aber nur, wenn man Koriander mag!

St.Pierre „BBQ“: Gurke | Schweinebauch | Schwarzer Knoblauch Kabeljau: Shi Take | Miso | Cecina de LeonZweimal Fisch sollte folgen. Beim St.Pierre „BBQ“: Gurke | Schweinebauch | Schwarzer Knoblauch war der Petersfisch leider etwas durch, was die Geschmacksaromen der anderen Bestandteile zwar ein wenig wett machten – aber unter uns: die Portion war schon arg winzig und erinnerte an den alten Nouvelle-Cuisine-Witz: „Wie fanden Sie den Fisch? Oh, zufällig unter der Garnitur!“ Trost suchten und fanden wir im 2015 Chardonnay Grand Select, einem der Spitzenweine des Weinguts (auch vom Preis her, übrigens). Über 40 Jahre alte Reben bilden die Grundlage, schon aufgrund des Alters sind die Erträge gering; die Böden bestehen aus leichtem, sandigem Löß auf massivem Kalkstein im Untergrund – das Ergebnis ist ein Chardonnay mit Tiefgang und Schmelze zum Reinsetzen. Da hatte es der darauf folgende 2015 Grüner Veltliner Kaasgraben nicht ganz leicht – aber zum Kabeljau: Shi Take | Miso | Cecina de Leon passte er trefflich – und weil der Kabeljau so punktgenau gegart war, wie sich das gehört, und mit dem Sößchen Geschmacksknospentango tanzte (wobei Cecina de Leon überbewertet wird, finde ich), war das ein Gang allerhöchster Freude. Diesen GV nennt Fritz Wieninger übrigens eine „Diva“ – und es ist eine nicht so junge. Der Weingarten ist 50 Jahre alt, was Wieninger da aus der eher hoch gelegenen Lage rausholt, ist ein sehr schöner kraftvoller Grüner Veltliner.

Mieral Taube: Mango I Cocos I Purple Curry Merlot Brick in the Wall: Marille I Lorbeer I VanilleSo, noch sind mit den Probierhappen nicht alle Lücken gefüllt – Platz also für den Fleischgang. Taube ist ja nicht so das Ding für viele, weil sie meist sehr sehr roh serviert wird und einem beim Essen nicht immer das Wort zart in den Sinn kommen  mag. „Sie werden heute eine essbare Taube bekommen!“ hatte der Wieninger Fritz versprochen und erzählt, dass er und Juan Amador sich über diese Spezialität kennen und mögen gelernt haben. Für Mieral Taube: Mango I Cocos I Purple Curry hatten die Jungs in der Küche die Teller schön gemacht, sozusagen punktgenau Mango & Co drapiert und einem Saucenspiegel und dem Bruststück mittig den zentralen Platz gelassen. Die Sauce, wie auch die zuvor, war ein Gedicht. Wir schlabberten sie mit Löffel und einige Kesse ganz heimlich auch mit genießerischer Zunge. Tut man nicht – aber, wie es in billigen TV-Krimis am Ende so gern heißt: was hätten wir denn tun sollen? Das Täubchen war in der Tat so, wie wir es noch nicht gesehen haben: rosa ja, aber nicht roh. Und zart! Ein Traum, dazu noch sehr pikant gewürzt. Was kann man da trinken, um ein perfekt harmonisches Gesamtgenusserlebnis zu haben? Den 2011 Merlot Grand Select aus der Magnum! „Normalerweise ist dieser Merlot ein Teil der Wiener Trilogie, allerdings in besonderen Jahren füllen wir die besten Fässer extra als „Merlot Grand Select“ ab. Die Trauben für den Merlot stammen aus einem Weingarten, wo die Erträge sehr stark reduziert werden, um eine möglichst hohe Reife und Konzentration zu erlangen“, erklärt Wieninger. Dieser Weingarten ist die Riede Jungenberg am Bisamberg, eine sehr geschützte Südostlage mit wenig Wind, die sich im Sommer immer sehr stark aufheizt. Die Böden hier bestehen aus leichtem, sandigem Löß auf massivem Kalkstein im Untergrund. Ein geiler Wein mit viel Länge – „mehr kann ich nicht, mehr geht nicht“, kommentiert Fritz Wieninger ihn.

Zum Dessert Brick in the Wall: Marille I Lorbeer I Vanille gab es eine Rarität – die 2016 Nussberg Beerenauslese ist nicht im Verkauf, es gibt nur 250 Flaschen. Schade, eigentlich…

Aufgegessen

Weingut Wieninger
Stammersdorfer Strasse 31
1210 Wien

Tel. +43 1 290 10 12
www.wieninger.at

Amador’s Wirtshaus und Greißlerei
Grinzingerstrasse 86
1190 Wien

Tel. +43 660 90 70 500
www.amadors-wirtshaus.com

Weinzentrale
Hoyerswerdaer Straße 26
01099 Dresden

Tel. +49 351 / 89966747
www.weinzentrale.com

Öffnungszeiten:
Mo – Fr ab 16 Uhr

[Besucht am 21. August 2017]

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