Schmelziges und etwas mit glücklichen Schweinen

Gour Meat im Estancia Beef Club mit Weinen von Torres

Estancia

Versuch mal bei diesen modernen Computern Gourmeat zu schreiben. Sie wollen es nicht, verbesssern Dich und machen Gourmet draus, bis man sie überlistet und zur Wahrheit zwingt. Wobei: Gourmet ist ja gar nicht so falsch, auch wenn’s nicht richtig ist. Denn das Wort, was die Rechtschreibverfummelung nicht mag, ist ja ein Kunstding aus den beiden Begriffen Gourmet und Meat – womit wir bei Steffen Zuber und seinem Estancia Beef Club wären. Da gibt es nicht nur hervorragende Steaks (das können unter Umständen andere auch), sondern auch erstaunliche Weine. Also erstaunlich gute für ein Restaurants, in dem es primär um Steaks geht. Ganz doll besonders gute Weine gibt’s, wenn Gourmeat überm Abend steht: Angefangen mit einem All-American-Abend mit US Prime Beef und Spitzenweinen aus Kalifornien über Abende mit Weinen aus dem Piemont bis zu Spargel und dazu Weine von Robert Weil sind das schon nicht alltägliche Vergnügen.

Steffen Zuber | Vilarnau CavaDer vierte Abend dieser lockeren Reihe fand am Diada Nacional de Catalunya statt, dem Nationalfeiertag Kataloniens (es geht doch nichts über eine gepflegte Feindschaft!). Zuber, der ein großer Fan von Barcelona ist (Stadt und Fußball…), hatte sich mit Torres einen begnadeten Partner ins Boot geholt (nein, nicht den Fußballer, den Weinmacher!) Aber da es keine Regel ohne Ausnahme gibt, gab’s zur Begrüßung nix von Torres, sondern einen Vilarnau Cava. Frei Wahl: Brut Reserva oder Brut Rosado Reserva oder Brut Nature Vintage. Wir nahmen den Vintage, der über zwei Jahre in der Flasche gereift ist und aus einer Trencadís-Flasche serviert wurde. Das Mosaik auf der Flasche erinnert an Antoni Gaudí und bringt Erinnerungen an den Parc Güell in Barcelona – und der fruchtige Geschmack des leicht perlenden Cava könnte einen auf die Idee bringen, das gleich mal vor Ort zu probieren…

Aber bevor es dazu kommt, testen wir doch lieber noch ein paar andere Argumente und beginnen mit einem Fransola Sauvignon Blanc aus dem Penedès (von nun an alle Weine von Torres). Man muss die Nase gar nicht ins Glas halten: es riecht betörend nach Stachelbeere! Im Mund entpuppt sich dieser Sauvignon Blanc dann aber als eher runder und ausgewogener Wein, nicht vordergründig, sondern rund und anhaltend. Fein fein! Dazu gab’s Gazpacho und Jacobsmuschel. In der kalten Tomatensuppe, so erfuhren wir, sei auch Rote Bete drin. „Schmeckst Du das Erdige?“ fragte mich der Gastgeber, der den Abend über von Tisch zu Tisch ging und mit den Gästen plauderte. Warum lügen? Also: „Nein!“ – Dann ist’s ja gut! Bei einem guten Essen soll man die einzelnen Bestandteile auch nicht rausschmecken!“

Antonio SogorbFür den nächsten Gang war Antonio Sogorb angereist, ein Jamón-Meister, wie er sich auf seiner Webseite nennt – Steffen Zuber stellte ihn als Schinken-Sommelier vor. Was so einem professionellen Schinkenschneider locker von der Hand geht, gehört in die Abteilung „sieht leicht aus, aber mach das mal nach!“: Hauchdünne Scheiben abschneiden, ohne sich zu verletzen. Eine Untersuchung der Ärztekammer in Málaga brachte 57 000 registrierte Unfälle im Zusammenhang mit dem Schinkenschneiden zutage. Antonio ist Profi, da ging alles glatt – und er schnitt ja auch nicht irgendeinen Schinken, sondern schon fast ehrfurchtsvoll einen der besten: Jamón Joselito Gran Reserve. Das Schwein, das einmal an diesem Bein hing, hat sich nur von Eicheln und Kräutern ernährt. „Wir essen quasi vegetarisch!“ beliebte am Nachbartisch jemand zu scherzen – wobei, wenn man drüber nachdenkt, es ja sogar quasi-vegan war. Statt in einen bierernsten Disput mündete die Aussage allerdings in herzhaftes Lachen einerseits und Bewunderung für den gereichten Wein andererseits: Milmanda Chardonnay, DO Conca de Barberà. Ein herrlich schmelziger Vertreter, der da im Glas das Thema „Schmelz“ vorgab, das auch vom Schinken aufgegriffen wurde: die hauchdünn geschnittenen Scheiben zergingen im Mund – selten (nein, ehrlicherweise: nie) so was Zartes und Würziges gegessen. Die Unvernünftigen gingen zum Jamón-Meister und holten nach. Wir dachten: da kommt ja sicher noch was und hielten uns zurück. Joselito wirbt übrigens damit, dass seine Schweine glücklich seien, „denn [das Schwein] lebt in völliger Freiheit für ± 2 Jahre in seinem natürlichen Lebensraum: die Dehesas, ein kostbares Ökosystem auf halbem Weg zwischen dem Mittelmeerwald und der Prärie, wo jedes Schwein ± 3 Hektar für sich allein“ hat. Keine Ahnung, ob das die Schweine wirklich glücklich gemacht hat – uns aber auf jeden Fall.

Mas la Plana – aus korrekter FlaschengrößeZum Hauptgang ist im Estancia Beef Club natürlich Steak gesetzt. Rinderfilet „Barceloneta“ im Serrano an Pimientos de Padrón in einer Größe, die an normalen Abenden allein ausreicht. Zur Qualität muss man nichts weiter sagen, die ist anerkannt hoch – und so soll das ja wohl auch bleiben. Uns war, soviel Nörgeln auf hohem Niveau muss sein, das Filet ein wenig zu durch, aber eben nur ein wenig. Und bei rund 70 Gästen gleichzeitig darf man ja auch Milde für den Mann am Grill walten lassen. Außerdem spielte das Steak bei diesem Gang ja auch gar nicht die Hauptrolle, denn es gab „die Legende in Schwarz“, wie Torres seine Weine Mas la Plana nennt. 100 Prozent Cabernet Sauvignon machen diesen Wein aus, für Spanien eher eine Seltenheit. Geerntet wird streng selektiv im 29 ha großen Weinberg, dann kontrolliert im Edelstahltank vergoren. 28 Tage bleibt der Wein auf der Maische, was ein Maximum an Aromen und die traumhafte Farbe gewährleistet. Die Reife erfolgt in neuen Fässern aus französischer Eiche und dauert 18 Monate. So weit, so gut. Und dann gibt’s ja auch immer mal besondere Jahrgänge und Flaschen. Wir hatten das große Vergnügen, den Jahrgang 2010 aus einer Methusalem zu trinken – das ist die 6-Liter-Flasche, aus der das Einschenken ein Kraftakt und das Trinken ein Vergnügen ist. Ein runder weicher Wein mit toll eingebundenen Tanninen – wie gut, dass die Flasche groß genug ist! Wobei ein Vergleich mit dem 2006er Jahrgang auch nicht schlecht war, der aus Magnum-Flaschen serviert wurde.

Crema Catalana und Tarta de Almendra zum Dessert, begleitet von Floralis Oro, Moscatel, Penedès: wie praktisch, dass Jacqueline – die Frau des Chefs – so gut backen kann: eine hervorragende Mandeltorte und somit zusammen mit einem wänzigen Schlöckchen des zarten Moscatels ein perfekter Abschluss eines perfekten Abends.

Estancia Beef Club
Bautzner Str. 93 / Ecke Forststr. 1
01099 Dresden

Tel. 0351 / 81157899
www.estancia-dresden.de

Öffnungszeiten
Mo-Fr 12 – 15 und 17 – 00 Uhr
Sa 17 – 00 Uhr

[Besucht am 11. September 2017 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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