Juniper Jack: Nichts dem Zufall überlassen

Jörg Fiedler

Auftritt vieler zerlumpter Männer und Frauen

Der Erste: O! Dass wir leben sollten, um diesen Tag zu sehen.
Der Zweite: Ein Tag mehr schwarz als Nacht.
Der Dritte: Kein Gin, um uns zu trösten.
Der Vierte: Kein Rum – kein Branntwein.
Alle. Nutzlos sind jetzt unser Half-Pence und unser Pence, O o.
[Alle heulen.

Jack Juniper, The Death of Queen Gin

Der kleine Juniper ist ein Mysterium. Er ist nun etwa 281 Jahre alt, aber hält sich recht fit. Und er hat zwei Väter – mindestens. Wie viele Verehrer Juniper hat, ist naturgemäß schwerer zu beziffern, aber 1.263 gefällt er nachweislich. Wahrscheinlich sind’s aber mehr, denn es ist ja nicht jeder bei Facebook, der einen guten Gin liebt.

Juniper ist nämlich gar kein Mensch, obschon er als Juniper Jack mittlerweile schon eine Persönlichkeit ist. Ein Retortenbaby sozusagen, das Jörg Fiedler zusammen mit Siegbert Hennig geschaffen hat. Nach mehreren Versuchen, klar doch – aber natürlich nicht seit 281 Jahren. Das Jahr 1736 als quasi ursprünglicher Ursprung von Juniper Jack (so der volle und korrekte Name) ist dennoch nicht aus der Luft gegriffen.

1736 beliebte nämlich König Georg II von Großbritannien darauf hinzuweisen, dass ein im Jahr zuvor beschlossenes Gesetz doch bitte einzuhalten sei. Dieses Gesetz war der Spirit Duties Act 1735 (allgemein bekannt als der Gin Act von 1736). Sein Ziel: Den zu der Zeit recht ausschweifenden Genuss von Gin durch Erhebung einer Einzelhandelssteuer auf Gin und Jahreslizenzen für Gin-Verkäufer einzudämmen. Die Briten hielten das offensichtlich für eine sehr skurrile Abart britischen Humors und hielten sich mehrheitlich nicht an das Gesetz – aber einer zumindest litt schon arg drunter und gab seinen Job als Gin-Destiller auf, um Schriftsteller zu werden. Unter dem Pseudonym Jack Juniper schrieb er ein Mecker-Drama, von dem die Welt wahrscheinlich nie erfahren hätte (und das von der schriftstellerischen Leistung her auch eher völlig zu Recht…), wenn nicht Jörg Fiedler aus Dresden gekommen wäre.

Fiedler ist Marketing-Mensch durch und durch. Und er hatte beschlossen, seinen tollen Job als Vertriebsleiter bei Schloss Proschwitz nach fünf Jahren aufzugeben, um was Eigenes zu machen. Er wollte sein eigenes Baby, er wollte Gin machen. Nicht irgendeinen, sondern einen herausragenden. Dazu gehört Zweierlei: ein exzellentes Produkt und ein besonderes Marketing, damit die Welt davon erfährt. Und beim Marketing überlässt Fiedler nichts dem Zufall. Er stieß auf das Gin-Drama und hatte einen Namen, der was hergibt: Juniper Jack. Im Gespräch schwärmt er: „Jack Juniper, ein einfacher Mitarbeiter einer Brennerei, legt sich mit keinem Geringeren als King George II an und zeigt mit seinem Theaterstück The Death of Queen Gin dem König, was er von seinem Gin-Act hält: Nichts!“ Freiheit, Unabhängigkeit und ein selbstbestimmtes Leben – das gefällt Jörg Fiedler, diese Power of Independent Spirit ist das, was er für seinen Gin haben wollte!

Aber man muss ja bekanntlich nicht nur wollen, man muss auch können. Und noch so klar umrissene Vorstellungen von einem einzigartigen Gin lassen ihn nicht schwuppdiwupp in die Flasche kommen. Aber Fiedler kannte ja jemand aus seiner Zeit auf Schloss Proschwitz – und mit Siegbert Hennig von der Meissener Spezialitätenbrennerei in Reichenbach bei Meißen fand er einen Bruder im Geiste. Hennig ist ein pingeliger Tüftler, der mit Phantasie und Sachkenntnis sowie meistens auch viel Geduld sein Ziel verfolgt. Da haben sich also zwei gefunden, die zusammen passen, denen Aromareichtum und Qualität über alles gehen.

Das erklärte Ziel von Jörg Fiedler war, keinen Allerweltsgin zu machen, sondern einen London Dry Gin. London steht hierbei nicht für die Herkunft (anders als bei Gin aus, sagen wir, Edinburgh, Helsinki, Wien oder Osnabrück), sondern für das Qualitätslevel: London Dry ist ein gesetzlich streng reguliertes Prädikat, bei dem mehr verboten als erlaubt bzw. zwingend erforderlich ist. Für Jörg Fiedler kein Problem, im Prinzip nicht mal eine Herausforderung, denn genau das wollte er: den puren Geschmack. Vor allem den von Wacholder, englisch: Juniper.

„Unsere Wacholderbeeren stammen aus Kroatien, an der Grenze des Nationalparks Plitvicer Seen selektieren und sammeln Duka und Mira die kleinen Wacholderzapfen exklusiv für Juniper Jack!“ berichtet Fiedler. Die persönliche und vertrauensvolle Beziehung zu den Sammlern sei ihm wichtig, denn sie garantiere ein gleichbleibendes Geschmacksprofil sowie Einfluss auf Qualität, Größe des Wacholders, Trocknungsgrad, Lesezeitpunkt und Zuckergehalt. Obendrein habe sich „eine herzliche Freundschaft entwickelt, die wir nicht missen möchten.“

Außer Wacholder gehört natürlich noch mehr dazu, um einen schmackhaften Gin zu erzeugen, der „Spaß im Glas“ machen soll, wie Siegbert Hennig das kurz und knackig formuliert. In Anlehnung an die Darsteller in der heroisch tragikomischen Farce von Jack Juniper sind die Hauptdarsteller natürlich Juniper sowie Lord Blackberry, Madame Orange, Sir Coriander, Duke Vermouth, Earl Lemon, Lady Mint …. und über dem Rest liegt der Mantel des geheimnisumwobenen Schweigens. Die Botanicals hat Master Distiller Hennig dank seiner Geduld, Erfahrung und einer schonenden Behandlung überzeugt, ihre verborgenen Geheimnisse frei zu setzen. Bitte nicht fragen, wie: beredtes Achselzucken und ein ablenkendes „wollen wir nicht lieber mal probieren?“ könnten die Antwort sein.

Oh ja, probieren! „Das Bouquet dieses Tropfens ist ein Paradebeispiel dafür, dass du für einen hochkomplexen Gin nicht viele Botanicals brauchst. Denn sind wir doch mal ehrlich. Behauptet jemand, dass er nur mit vielen verschiedenen Zutaten einen raffinierten und vielschichtigen Gin bekommt, dann hat derjenige den Begriff „Botanical“ schlicht nicht verstanden. Beispiel: Juniper Jack. Dieser nimmt die Wacholderzapfen derart auseinander, dass ich mich frage, ob es noch intensiver geht. Das herb-harzige Aroma der kleinen Kügelchen dominiert das Bouquet enorm“, konstatieren zum Beispiel die fachkundigen Kollegen von Eye for Spirits und vergeben 9 von 10 Punkten. Und sie sind nicht allein mit dieser Einschätzung: Sommeliers und Barchefs äußern sich durchgehend begeistert. Markus Leike (Barchef Gewandhaus Hotel Dresden) urteilt: „Er ist schnörkellos geradlinig und doch strotzt er vor Komplexität. Definitiv ein Gin, der Spaß macht!“, André Pintz (imperi, Leipzig) applaudiert: „Eine harmonische Kombination aus klassischer Frische und verspielter Fruchtigkeit. Bleibt am Gaumen und im Gedächtnis haften. Chapeau!“ und Rakhshan Zhouleh von der Sommelier Union Deutschland findet: „Kein Beauty-Contest-Gin, sondern ein kerniger, ehrlicher und zugleich anschmiegsamer London Dry.“

Wenn das Alles jetzt so klingt, als ob man diesen Gin haben müsste, dann ist da was dran. Aber einfach ist es nicht: im ersten Jahr wurden nur 1736 (so kein Zufall…) Flaschen hergestellt, mittlerweile sind es 3.500. Der Vertrieb erfolgt über ausgewählte Bars und Fachgeschäfte sowie sehr viel direkt – wobei direkt wörtlich zu nehmen ist. Zumindest in Dresden und Umgebung liefert Jörg Fiedler oft selbst aus. Er möchte seine Kunden kennen, mit ihnen ins Gespräch kommen. Noch rarer ist übrigens nur der kleine scharfe Bruder vom Juniper: Juniper Jack – NAVY STRENGTH, ein London Dry Gin mit 57,2% vol. Davon gab’s 2016 zur Premiere nur 300 Flaschen und in diesem Jahr immerhin 800 Flaschen… Das Geheimnis dieses Gins: er ist so stark, dass mit ihm getränktes Schwarzpulver immer noch krawummt. Aber mal ehrlich: Wer würde so einen raren und schmackhaften Gin (Pro-Tipp: mit einem Tropfen Wasser verdünnen!) schon verpulvern?

Infos:

Webseite: www.juniper-jack.de/
Übersicht Bars und Händler: www.juniper-jack.de/bars-und-haendler/

 

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