Ein Abend für den Speichelfluss

Kochsternstunden 2018: Popup-Restaurant BrogunderBar mit Sebastian Probst und Matthias Schuh

BrogunderBar

Dana Peter: … wenn mir deine streng subjektive Kritik nicht gefällt, dann … schreib ich eine eigene!

Ulrich van Stipriaan: Das wäre eh mal lustig, „gegeneinander“ zu schreiben.
Wobei unser Geschmack wahrscheinlich zu ähnlich ist…

Dana Peter: Meine Kritik wird kurz ausfallen:
Ein schöner Schuh kann dein Leben verändern (frag Aschenbrödel). Probst!

Franziska Märtig: Ich … freue mich auf eure Kritiken –
Danas kurze Fassung à la Mopo ist aber kaum noch zu toppen!!!

Diese kleine Dialog, bei facebook nachzulesen, könnte uns ja viel über den lokale Boulevard verraten – schließlich fand er ziemlich genau einen Monat vor der Veranstaltung statt. Da lässt sich eine Kritik wunderbar kurz fassen! Andererseits hatte die Frau M., die von Beruf wegen sonst eher sehr sehr lange Texte schreibt, ja gemeint, dass die eh nicht zu toppen sei – warum also noch schreiben? Weil’s sich lohnt, etwas mehr zu erfahren, denn der Abend in der BrogunderBar hat nachhaltigen Eindruck hinterlassen.

Sebastian Probst | Matthias SchihDas liegt vielleicht am Konzept der BrogunderBar: Es ist ein Popup-Restaurant nur während der Kochsternstunden. Und die beiden Jungs, die sich das ausgedacht haben, machen es vor allem aus Spaß. Die Jungs sind der Winzer Matthias Schuh (30) und der Gastronom Sebastian Probst (30). Sie sind, was nicht unwichtig ist, ziemlich beste Freunde, die sich primstens verstehen und gerne miteinander Spaß haben – vor allem aber ergänzen sie sich in ihrem Drang nach Perfektion. Die Zeit während der Kochstunden passt auch: der Winzer ist zwar nicht arbeitslos (im Weinberg und im Keller gibt’s immer was zu tun), aber er kennt hektischere Zeiten. Und der Koch hat sich, nach einigen Jahren in der Rosenschänke, selbstständig gemacht. Da kann man zusammen schon mal was auf die Beine stellen, was nicht alltäglich ist.

Vorübergehende Bleibe der BrogunderBar ist die Event-Küche des Restaurants Cantina, geöffnet (noch bis zum 10. März) mittwochs bis samstags ab 18.30 Uhr. Wer noch nicht reserviert hat, muss sich allerdings grämen: Erstmals in der zehnjährigen Geschichte der Kochsternstunden war ein Restaurant bereits vor Beginn des Menüwettbewerbs komplett ausgebucht. Wie konnte das passieren? Steht etwas weiter oben beschrieben: es sind zwei Perfektionisten am Werk. Die erste Vorankündigung flatterte den Redaktionen als Pressemeldung bereits am 1. Dezember in die E-Mail-Postfächer. Es gibt, natürlich, eine eigene Webseite und Aktivitäten bei facebook und Instagram – das volle Programm, um das Projekt bekannt zu machen.

Brothers in DineFür ein temporäres Restaurant ist die Angelegenheit eh wunderbar durchgestylt: es gibt an der Eingangstür ein Schild BrogunderBar, es gibt eigene Weingläser mit dem Logo (du weißt schon, wie man sich als Bro, als Brother, begrüßt: mit der Bro Fist) und dem eigenen Vornamen: damit man sein Glas beim Hin und Her zwischen Küche und Wohnzimmer nicht mal vermisst oder vertauscht. Gegessen wird nämlich, wie im wirklichen Leben, manchmal in der Küche und manchmal am langen Tisch, an dem maximal 16 Personen Platz finden.

Das Menü, das Sebastian Probst mit insgesamt zwölf Gängen zusammengestellt hat, ist quasi sein persönliches Best-of aus den vergangenen fünf Jahren, in denen er als Küchenchef in der „Rosenschänke“ in Kreischa gekocht hat. Lediglich der allerletzte Gang war für seine Stammgäste eine Premiere. Es gab: Rum und Tabak. „Weil manch geile Dinge des Lebens mit der Zigarette danach enden…“ meinte Sebastian Probst – aber es gab gar eine Zigarette und auch keine Zigarre, das sah nur so aus. Aber es schmeckte nach Rauch und gab mit dem (echten) Rum das richtige Gefühl danach. Grandios.

Sebastian ProbstMan muss nicht jeden Gang einzeln beschreiben, um die Speichelflussproduktion schon beim Lesen anzuregen. Einige Details machen aber klar, wo die Besonderheiten des Abends lagen – außer in (erwartungsgemäß) besten Produkten und sehr solidem Handwerk. Das sieht man, nur so als Beispiel, beim Tatar, bei dem Probst das Rind selbstredend nicht durch den Wolf gejagt hat, sondern mit dem Messer klitzekleine Würfel geschnitten hat. Das schmeckt nicht nur besser, es sieht auch besser aus. Was das kostet? Zeit. Aber die sollte man – hauptsächlich in der Vorbereitung – ja immer investieren, wenn es besonders schmecken soll. Saucen reduzieren manchmal tagelang (von 40 auf einen Liter!), und das schmeckt man dann eben. Daneben sind da (einmal mehr, wir hatten es neulich schon in Radebeul erlebt) die Kindheitserinnerungen, die nachhaltig geschmacksprägend sind. In der Küche gab es, „wie damals bei der Oma, wo wir den Bratensatz der Pfanne mit Brot ausditschten“, von Sebastian Probst für jeden Gast in der Küche ein eigenes Pfännchen mit reduzierter Sauce und Brot.

Matthias SchuhVom Winzer gab es ebenfalls einen Wein mit Erinnerung, einen Elbling. Der ist trotz seines Namens ja eigentlich gar nicht von hier – wie auch Mathias Schuh nicht. Die Römer, so glaubt man, haben vor 2.000 Jahren  die Rebe mit nach Deutschland gebracht – und an der Obermosel ist sie dann heimisch geworden. „Der leichte frische Wein ist für mich erstens eine Kindheitserinnerung“, sagte der in Trier geborene Winzer, „aber er erinnert mich auch an Vinho Verde, also an Portugal, wo ich immer wieder sehr gerne bin!“.

BrogunderBar
Film ab? Clicl!

Von Erinnerungen allein leben reicht aber nicht, denn obschon „Zukunft Herkunft braucht“ (Probst), wäre Stillstand bekanntlich auch Rückschritt. Also interpretieren die Beiden, probieren sich aus. Matthias Schuh beispielsweise hat einen Grauburgunder gemacht, der im Glas aussieht wie ein (blasser) Rosé. „Es ist eigentlich ein Grauburgunder, wie die Alten ihn machten“, erzählt er. Er hat die Trauben (wie bei Rotwein üblich) mit der rötlich-grauen Schale auf der Maische gären gelassen – da geben sie Farbe ab. Und Geschmack. Was dabei rauskommt, ist nicht frisch und fruchtig, aber – im Wortsinn – geschmackvoll. Und somit ein fabelhafter Begleiter zu, beispielsweise, Ochsenschwanz.

BrogunderBar
Film ab? Click!

Und auch in der Küche ist Kindheitserinnerung manchmal nur noch die Inspiration für einen neuen Auftritt. Schwarzwälder Kirschtorte ist für den Koch, der auch Pattissier und Schwabe ist, selbstredend ein Muss. Aber er bringt sie überraschend an den Tisch – wir hatten das schon einmal bei den Kochsternstunden und wussten ja, was auf uns zukommt, aber die decollagierte und neu arrangierte Schwarzwaldkirsch 2.0 ist optisch wie vom Geschmack her der Hammer.

Das Menü

  • BROTZEIT | in der Küche
  • GÄNSELEBER | Gewürzapfel | Brioche Frisée | Haselnuss
  • RIND | Crème fraîche | Orange | Meerrettich | Kaviar
  • JAKOBSMUSCHEL | Erbse | Erdnuss | Wachtelei | Krustentier
  • LACHSFORELLE | Kopfsalat | Knusperhaut
  • CHAMPIGNON | Speck | Lauch | Kartoffel
  • OCHSENSCHWANZ | Schmorgemüse | Portweinschalotten
  • TAUBENBRUST | Sellerie | Kirsche | Macadamia | Thymian
  • MÜSLI | Hafer | Kaffee | Milch | Physalis
  • FOURME D ́AMBERT | Birne | Tanne
  • SCHWARZWALDKIRSCH 2.0 | dunkle Schokolade | Sahne | Kirschwasser
  • RUM & TABAK | zum „afterglow“ in der Küche

Die Weine

(alle vom Weingut Schuh, Sachsen)

  • Brogunder 2016 Weißburgunder
  • 2017 Riesling Kabinett (Fassprobe)
  • 2017 Elbling
  • 2016 Grauburgunder Orange (Magnum)
  • 2016 Spätburgunder
  • Rosa Schuh, Secco
  • 2016 Traminer
  • 2009 Regent Likörwein

Menü inkl. Wein, Wasser, Kaffee und Digestif 99 €

BrogunderBar
Eventküche im Restaurant Cantina
Wittenberger Str. 76
01309 Dresden

Tel. +49 162 2057 294
www.brogunder.de

Das Popup-Restaurant mit Sebastian Probst und Matthias Schuh hat(te) während der Kochsternstunden 2018 vom 2. Februar bis 10. März geöffnet.

[Besucht am 7. Februar 2018 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.

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