Konzentration auf das Wesentliche

Kochsternstunden 2018: Sebastian Bellmanns Menü mit Höhepunkten in Bülow's Bistro

kss18 Bülow's Bistro

So ein Essen im Michelin-besternten Restaurant ist zwar meist ein Vergnügen, aber selten ein Schnäppchen. Weswegen es immer ein guter Rat (und längst schon kein Geheimtipp mehr!) ist, ins jeweilige Zweitrestaurant des Hauses zu gehen, denn meistens kommt das Essen dort aus der gleichen Küche – auch wenn die Gerichte und der Aufwand natürlich dem Preis angepasst sind. Das gute Preis-Genuss-Verhältnis scheint sich herum gesprochen zu haben, in Bülow’s Bistro war an diesem Samstagabend kein Platz mehr frei – da hatten Küche und Service gut zu tun (zumal das Sterne-Restaurant Caroussel auch gut besucht war). Wir aßen das Kochsternstunden-Menü, das als 4-Gänge-Menü (50 € inkl. Weinbegleitung 77 €) und als 3-Gänge-Menü (42 €/63 €) gibt.

Küchenchef des Bistro ist Sebastian Bellmann, den Sternekoch Benjamin Biedlingmaier aus seiner vorherigen Station auf Sylt im Mai 2013 zum Neustart in der Bülow als Sous Chef mitgebracht hatte. Die gemeinsame Arbeit sieht und schmeckt man, wir hatten selten ein so klar strukturiertes, wohl portioniertes und durchweg schmackhaftes Menü. Das ging gleich mit dem ersten Gang los, bei dem es Lachs von der Balmi Lachsräucherei im Dashi-Sud gab. Diese Räucherei in Berlin Neukölln ist sowas wie der (NameeinerdeutschenPremiumautomarke, bitte selbst einfügen) unter den Lachsräuchereien – allerbeste Lachse bekommen sie (von norwegischen Bio-Farmen), veredeln und verkaufen sie. Schmeckt man das? Ja, man schmeckt die Qualität! Also: Norwegen hätte ich nicht rausgeschmeckt, auch nicht die „Handvoll Gewürze, die nur der Ofen kennt“ (hier gelesen) – aber Textur und Eigengeschmack hinterließen schon Spuren im Gedächtnis. Das Drumherum ist aber auch nicht vergessen: der Dashi-Sud, der für subtilen Umami-Hauch sorgte, die kleinen Pilze, die diese geschmackskomponente verstärkten – und immer wieder geschmackliche Ablenkung und Highlights durch Apfel, Erbse, Kaviarkügelchen. Toller Gang, der mit einem 2016 Grüner Veltliner Wagram vom Weingut Fritsch, Wagram (Österreich) mehr als angemessen begleitet wurde. Wir genossen den zwar leichten, aber elegant-feingliedrigen GV mit seiner frischen Säure. Wahrscheinlich notierte der Service, den die Sommeliere des Caroussel, Jana Schellenberg, rein weintechnisch bei uns kenntnisreich wie immer erledigte, angesichts unserer sich leerenden Gläser auch den guten Trinkfluss und schenkte freundlich nach…

Vor einem Jahr beim Bistro-Menü während der Kochsternstunden gab es Kaninchennieren – und Gespräche: ja oder nein oder lieber was Gewohntes? Dieses Mal gab es Kaninchenleber-Crème brûlée mit Karotten-Sorbet und Pistazien und keine Diskussion. Wobei die Geschmacksüberraschungen nicht so bei der Kaninchenleber lagen, sondern eindeutig im Möhrenbereich. Das Karotten-Sorbet: super! Angerichtet war dieser Gang am oberen linken Ende des Tellers – Konzentration auf das Wesentliche, erkennbar schon am Freiraum auf dem Teller! Unser Wein dazu: ein 2016 Riesling feinherb vom Weingut Siener aus Birkweiler in der Pfalz, der saftig-fruchtig und keineswegs so feinherb-süßlich war, wie das Etikett es vermuten ließ.

Eine überraschende Kombination gab es im Hauptgang, im Namen Feines vom Linumer Wiesenkalb mit Meeresfrüchtebutter und Schwarzwurzeln angedeutet, aber auf dem Teller war’s noch ein wenig deutlicher zu sehen und dann zu schmecken. Das Kalb (das zu dem Geschmackvollsten gehört, das ich je gegessen habe – das Salzwiesenkalb des Lieblingsfleischers aus dem heimischen Ostfriesland inklusive) butterzart und so voller Geschmack, dass man die frischen Gräser und Kräuter, die dem Kalb Zeit seines Lebens gut getan haben, herauszuschmecken glaubte. Aber da war ja noch mehr: Meeresfrüchtebutter, mit der das Kalb beim Garen bestrichen wurde. Diese Komponente war sehr dezent – aber da war eben noch mehr (one more thing, oh, wait: two!): sah auf den brillenfreien flüchtig-schnellen Blick aus wie Spargel oder Schwarzwurzel, aber war in Wirklichkeit wunderbar scharfer Calamares. In unserer Liste der Lieblingsgänge für ein fiktives Kochsternstunden-Menü eindeutig der Hauptgang (und das bei unserem letzten von insgesamt 26 Besuchen!). Dazu tranken wir einen Spätburgunder, aber was für einen – aus Italien! Der 2014 „Grifo Nero“ Pinot Nero vom Weingut Russolo, Friaul (Italien), den wir nicht als Spätburgunder erkannt hätten. Der Wein, der in Edelstahltanks mazeriert wurde und dann in altes und neues Holz kam (Barriques), ist schön fruchtig, samtig-weich – und er bringt einen Hauch von Vanille mit. Eine Entdeckung…

Gar nicht auf Entdeckerpfaden wandelten wir getränketechnisch zum Dessert: Kir Royal mit sächsischem Winzersekt gab’s, und der passte schon wegen der Crème de Cassis zum Granitée von der Schwarzen Johannisbeere mit Quinoa-Crumble & Weizengras-Sorbet. Doppelt eisig, aber zwei total unterschiedliche Texturen und vor allem Geschmäcker. Weizengras? Merken! Schmeckt nämlich…

Bülow’s Bistro
Königstraße 14
01097 Dresden

Tel. +49 351 / 80030
www.buelow-palais.de/buelows-bistro

Öffnungszeiten:
täglich ab 11.30 Uhr

[Besucht am 10. März 2018 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.

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