Schampus geht eigentlich immer…

Kochsternstunden 2018: im finesse genossen wir die beste Fischsuppe und tolle Sauce zum Fleisch

kss18 finesse

Popcorn! Nicht geworfen, nicht aus der knitternden Tüte im Kino genascht, sondern auf der Spitze des Grußes aus der Küche platziert, der auf dem Silbernen Löffel serviert wurde, zusammen mit dem dazugehörenden Begrüßungsdrink Apfeldiebs Atelier Quittenlikör mit Goldberg Tonic Water: ein farbenfroher und erfrischender Auftakt als fest geplanter Teil des Kochsternstunden-Menüs im finesse von Elvis Herbek in der Küche und Nicole Hieke im Service (5-Gänge-Menü 59 €, inklusive Wein und Espresso 93 €, als 4-Gänge-Menü ohne Zwischengang 49 € / 75 €). Wir waren ja vor fast genau einem Jahr schon mal dort, und was damals galt, gilt immer noch: „Bei unserem Besuch werkelte Herbek tiefenentspannt und ruhig … und Nicole Hieke bediente engagiert-lustig-freundlich-frisch“ – wunderbare Beständigkeit.

Der erste Gang des Menüs nannte sich Potpourri aus dem Meer, Fenchel und französischen Anisée und war eine Fischsuppe, die ausdrücklich keine Bouillabaisse sein wollte, also nicht die klassische provenzalische Fischsuppe. Ich sag mal so: dafür dass es keine sein wollte, war es die beste, die ich je in Dresden gegessen habe (die allerbeste überhaupt freilich vor langer Zeit in Südfrankreich – in einem Campingplatzrestaurant!). Warum sie so gut war? Weil mehrere Sorten Fisch (ich habe nicht genau seziert, aber vier oder fünf denke ich mal) plus Muscheln Geschmacksvielfalt boten, weil Fenchel und Anis den Hauch von Südfrankreich rüberbrachten – und weil die Suppe, die dann über die festen Bestandteile gegossen wurde, ein sehr würziger dunkelroter Sud war. Es gab kleine Weißbrotscheiben, es gab ein Glas (und weil wir nachfragten, dann ein zweites) mit der Herbek-Interpretation der scharfen, knoblauchlastigen Rouille – wie gesagt, nahezu perfekt das alles. Dazu tranken wir einen sächsischen Riesling – was ja erst einmal sehr gewagt klingt. Aber der 2016 Riesling von Stefan Bönsch, der Mineralität mit Fruchtigkeit verbindet, konnte sich erstaunlicher- wie erfreulicherweise sehr gut behaupten.

Auch der zweite Wein kam aus dem Keller des Langebrücker Winzers (in Langebrück ist aber nur der Keller, seine Weine wachsen auf Lagen in der Radebeuler Lößnitz, dem Meißener Rauhental und ebenfalls linkselbisch auf dem Burgberg Niederwartha): die 2016 Zweimalrot Cuvée (aus den beiden Sorten Cabernet Dorsa und Cabernet Dorio) ist tiefrot und betört durch leichte eingebundene Holznoten mit einen langanhaltenden Abgang. Beide Sorten sind übrigens eine Kreuzung aus den Rebsorten Blaufränkisch und Dornfelder (1971). Diesem Bönsch-Wein, den wir schon kannten, trauten wir von vornherein zu, ein guter Begleiter zu Rinderbacke, Sellerie, Karotte und ein Hauch Valhrona Kakao zu sein – und als wir dann das butterzarte Fleisch und die grandiose Sauce dazu probiert hatten, mussten wir revidieren: ein idealer Begleiter, nicht nur ein guter.

Zur Vorbereitung auf den Hauptgang (noch einmal Fleisch…) gab es eine kleine Showeinlage, bei der mit Amaranth bedecktes Johannisbeersorbet „vom Geist des Don Papa geküsst“ wurde. Der Geist ist ein Rum, der aus einem Flakon gesprüht sich in der Tat nur mit einem Hauch seines köstlichen Geschmacks aufs Eis niederlegen konnte. Aber: so eine Verdauungseinlage nach Art des trou normand ist immer wieder fein! Nun also: Platz da für Rehrücken, Walnuss, Erdapfel, Brüsseler Kohl und Moosbeere, was an drei Stellen zwar etwas verspielt daherkam (Erdapfel für Kartoffel, Brüsseler Kohl statt Rosenkohl und das Reh mit dem Logo des Hauses gebranded – sah man aber nicht, ohne drauf aufmerksam gemacht worden zu sein) – aber bestens schmeckte, und deswegen waren wir ja da. Das Fleisch perfekt rosarot, der Rosenkohl mit Biss (aber gerade richtig, kurz vorm Mehligwerden), die Kartoffeln als knusprige Bällchen – alles prima. Ungewohnt (aber eine gute Idee) die Getränkebegleitung dazu, eine Champagne Cuvée Expression Rosé von Alexandre Bonnet. Am Vortag unseres Besuches gab es zu jedem Gang Champagner – wir stellten lakonisch fest: Schampus geht eigentlich immer…

Wenn ein Dessert irgendwas mit einer Zweipunktnull heißt, verbirgt sich dahinter erfahrungsgemäß ein bekanntes Gericht, das der Koch nicht wie gewohnt zubereitet, sondern mehr oder weniger in seine Einzelteile zerlegt präsentiert. CheeseCAKE 2.0 ist natürlich so eine Art Käsekuchen, dem in der Hauptsache der Boden zum Crumble geriet (was immer schön ist!) – und ansonsten durch allerlei selbst gemachtes wie dazu besorgtes Pralinenähnliches und einen Fruchtkorb geschmacklich abgerundet und höchst erfreulich gestaltet wurde. Dazu hätte ganz sicher auch wieder ein Champagner gepasst, aber wir hatten einen dieser köstlichen Süßweine aus dem Rivesaltes in Südfrankreich. Der 2012 Rivesaltes Ambré Vin Doux Naturel von P. Paul Giocanti ist eine Cuvée aus der (weiß gekelterten) Rotweintraube Grenache Noir und der weißen Traube Macabeo, beides von über 50 Jahre alten Reben. Der Winzer ist ehemaliger Mathematikprofessor, weswegen die zwei Rebsorten zu einem Gericht mit der Bezeichnung 2.0 natürlich sehr angemessen war – nein, Scherz: wer die Süßweine Südfrankreichs mag, ist mit diesem sehr glücklich (und ich mag sie – gleich neben dem südfranzösischen Bouillabaisse-Restaurant gab es einen Winzer, der uns das Genießen dieser Weine gelehrt hat!).

finesse
Schützengasse 13
01067 Dresden

Tel. +49 351 / 48454930
www.restaurant-finesse.de

Öffnungszeiten:
Di–Fr 11.30–14.30 Uhr und 17.30–22.30 Uhr
Sa 17–22.30 Uhr

[Besucht am 9. März 2018 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]


Hinweis:

Die STIPvisiten sind Partner der Kochsternstunden.

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