Essen nach Art der Ferraresi

Ein Besuch im Ristorante Ca' d' Frara, Ferrara

Ristorante Ca' d' Frara

So richtig italienische Küche ist ja immer nur eins: frisch und regional, manchmal sogar lokal. Deswegen können Italiener beim Essen ja auch so gut übers Essen reden, weil alle ihre eigene Esskultur offen vor sich her tragen und stolz wie (nein, nicht Bolle, eher…) Andrea die Nudeln der nonna und den Wein sowie natürlich auch das Öl des zio lobpreisen. Und es sind immer wieder die Omas und Onkel, die ihr Wissen weitergeben – manchmal auch auf Umwegen, wie wir seinerzeit auf Sardinien beim Nachmachen der S‘ Anguli e Cibudda erfahren durften. In Ferrara, der wunderbar mittelalterlichen Stadt in der Emilia Romagna reden immer alle von den Spezialitäten, die man un! be! dingt! probieren müsse – und dann gibt’s die gar nicht überall. Bis wir im Ristorante Ca‘ d‘ Frara dann endlich ein komplettes Menü bekamen, das die Tradition hochhält – für alle, die gern mal nach Art der Ferraresi essen wollten, wie die Speisekarte verkündete.

Wir waren ja als journalistische Reisegruppe nicht ganz unabhängig unterwegs und hatten nicht mal eine Karte zum Auswählen – aber ich denke mal, was wir hatten, entsprach weitgehend dem Menü „La tradizione Ferrarese“, das man für mindestens zwei Personen bestellen muss (und das pro Person 26 € kostet). Wie so oft in Italien: vor allem bei den Vorspeisen und den Primi ist es lustiger, mit vielen Leuten an einem Tisch zu sitzen und sich zentral an den aufgetischten Genüssen zu bedienen. Unbedingter Bestandteil des Antipasto di salumi tipici della tradizione Emiliana con cipolline Borettane ist dann nämlich das dabei entstehende Geschnattere und frohe Lachen, das man auch in besseren Lokalen keineswegs als störend empfindet. Und das liegt nicht am Wein, der quasi der zweite naturgegebene Bestandteil ist – in guten Restaurants sollte man unbedingt einen Lambrusco versuchen: der ist schon lange nicht mehr so, wie ihn die Älteren von uns in Erinnerung haben (ich sag nur: Korbflasche!), sondern eine fruchtig-trocken-prickelnde Erfrischung, die allerprimstens zur Vorspeise (mindestens, manchmal auch zu dem danach…) passt. Das Ristorante Cà d’Frara (vom lokalen Dialekt: Casa di Ferrara) verfügt über einen gut sortierten Keller, die Damen und Herren vom Service finden da sogar dann das Richtige, wenn man selbst ahnungslos vor der Karte sitzt.

Wurst und Schinken zum Auftakt waren zwar sehr typisch, nun aber für uns auch nicht neu: das gibt’s ja auch anderswo. Das sollte sich mit dem nächsten Gang ändern, denn da kamen – munter auf einem Teller vereint – gleich zwei ortstypische Gerichte. Cappellacci di Zucca al Ragù sind mit Kürbis gefüllte Ravioli – aber natürlich nicht irgendein Kürbis, sondern zucca barucca. Unsere Lehrmeisterin für italienische Küche, Marcella Hazan, schreibt: Wenn man in Italien capellacci sagt, weiß jeder, was damit gemeint ist: eine Art Ravioli mit einer leicht süßlichen Kürbisfüllung. Capellacci sind eine Spezialität der Stadt Ferrara im Nordosten der Emilia Romagna. Der dafür verwendete Kürbis heißt zucca barucca, ist süß und saftig und hat ein seidenweiches Fleisch. Kein anderer Kürbis kommt ihn gleich. Doch können Sie es in Mitteleuropa auch einmal mit einheimischem orangefleischigem Kürbis versuchen; fügen Sie eine Prise Zucker hinzu (Seite 194 im hier besprochenen Buch). Das eigentliche Geheimnis des Rezepts – für das offensichtlich jede Familie ihre kleinen Abweichungen im Detail hat – ist neben gutem Kürbis und gegebenenfalls wie bei uns feinem Ragù vor allem die Liebe und Geduld, die beim Herstellen des Teigs (Mehl und Eier, sonst nichts) in die handgemachte Pasta fließt. Das Ergebnis jedenfalls ist ein Traum an Geschmack.

Der zweite Bestandteil auf dem Teller hat eine lange Geschichte: Pasticcio di maccheroni all’uso di Ferrara soll ein Überbleibsel der Renaissance-Küche sein (und passt somit gut zu Ferrara, wo doch dort alles irgendwie Renaissance ist). Die Makkaroni-Pastete ist ein Kuchen mit einer äußeren Hülle aus süßem Mürbeteig und einer pikanten Füllung aus Makkaroni, Fleischragout, Béchamelsauce, Pilzen, Trüffeln und Muskatnuss. Damit’s gut wird, braucht man (mal wieder) Geduld und Zeit – aber das Ergebnis ist eine gelungene Kombination entgegengesetzter Geschmacksrichtungen. Unser Wein dazu? Immer noch Lambrusco!

Nun waren wir schon mal gut eingetaucht im Geschmack der Ferrarese, doch der Höhepunkt kündigte sich mit „Salama da Sugo IGP“ con puré di patate an: das IGP im Titel ist ja ein deutlicher Hinweis, es steht für Indicazione geografica protetta, also geschützte geografische Angabe. Nun muss ja nicht alles gut schmecken, was dieses Siegel trägt, aber diese Schweinswurst ist überaus würzig und – so man Schweinefleisch mag – ein würdiger Vertreter von nose-to-tail-Verwertung: Hals, Wange, Teile des Schenkels, Zunge, Leber – alles drin. Plus Rotwein (möglichst kräftig und naturbelassen, einer aus dem Bosco Eliceo vielleicht?) Egal welcher drin ist, so ein kräftig-würziger Fortana wäre ein idealer Begleiter zu diesem Traditionsgericht, das – wenn alles richtig gemacht wird – mit Stampfkartoffeln zusammen serviert wird. Auf unserem Teller gab es (ich vermute mal: abweichend vom sonst servierten Gang) dann noch die Variante von Rosmarin-Bratkartoffeln mit einem Schweinebraten, was einen netten Vergleich Tradition und Moderne gestattete.

Man ist bis hierhin rein bauchtechnisch doch schon arg genudelt, aber dann kommen zum Abschluss – natürlich – noch süße Leckereien. Die Composizione di Dolci Tipici e Crema fritta passten (auch hier: natürlich!) noch, und vor allem die Crema fritta gab den Nimm!mich!noch!einmal!-Verführer. Nun denn…

Ristorante Ca‘ d‘ Frara
Via del Gambero, 4
44121 Ferrara – FE

Tel. +39 0532.20.50.57
www.ristorantecadfrara.it

Öffnungszeiten:
12:15–14 Uhr (Lokal schließt um 15:30 Uhr)
19:15–22 Uhr (Lokal schließt um 24 Uhr)
Dienstags und mittwochs geschlossen

[Besucht am 10. Juni 2018]


Hinweis:
Die Recherchen zu diesem Bericht wurden im Rahmen einer Pressereise vom Consorzio Visit Ferrara unterstützt.

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