Auf der Suche nach dem Besten im Einfachen

Sebastian Probst ist seit dem Spätsommer Küchenchef im Restaurant Moritz

Spektakuläre Aussicht auf die Frauenkirche

Bei den Dresdner Kochsternstunden – und damit den hiesigen Genussessern – ist Sebastian Probst quasi auf Sieg programmiert: Die Rosenschänke bei Kreischa führte er seit 2012 immer aufs Siegertreppchen, und beim diesjährigen Wettbewerb trat er zusammen mit dem Winzer (und Freund) Matthias Schuh als PopUp-Restaurant mit der BrogunderBar an – und wieder gab’s den ersten Platz. Seit dem Spätsommer nun ist Sebastian Probst Küchenchef im Moritz (Motto laut Webseite: „Bei uns sind Sie dem Himmel ein ganzes Stück näher“) – und damit das Moritz mit einem Probst-Gang auf dem Cover des nächsten Kochsternstunden-Heftes. Wir wollten aber nicht bis Februar warten, sondern waren jetzt schon mal naschen.

Wobei – naschen ist untertrieben. Im Restaurant, das im 5. Stock des Hotels Suitess liegt (dem Himmel näher!) und im Außenbereich über einen fantastisch fotogenen Blick auf die Frauenkirche verfügt, gibt es nämlich zwei Menüs – und wir nahmen (zu zweit) beide. Menü 1 kann man als 3-Gang-Menü (49 €) oder als 5-Gang-Menü (69 €) bestellen, Menü 2 geht nominell als 4-Gang-Menü (69 €) oder 6-Gang-Menü (89 €) raus. Nominell, weil man mit dem Service reden kann und im Prinzip sich aus den insgesamt elf Gängen zusammenstellen kann, was man mag. Hinter jedem einzelnen Gang steht, was er allein (dann wahrscheinlich in größerer Portion) kostet, da hat man einen Anhalt. Wir machten uns die Sache einfach und bestellten einmal Menü 1 komplett und einmal Menü 2 komplett – mit der Bitte um möglichst kleine Portionen und der Zusatzbitte, zum Zwecke gegenseitigen Naschvergnügens Teller tauschen zu dürfen. Wir durften.

Und wer gestattete es uns? Der Küchenchef persönlich! Sebastian Probst stand an diesem Abend nicht in der Küche („das kann mein Team auch alleine ganz gut!“), sondern bediente zusammen mit Annett Hönicke die Gäste. Ein wenig verwunderte es uns, so wie es uns auch erfreute – wir kennen uns, und es macht ja durchaus Spaß, zwischendurch immer mal wieder ein klein wenig zu plaudern und zu fachsimpeln. Andererseits wunderten wir uns: gehört ein Küchenchef, der neu im Laden ist, nicht in die Küche, um seine neuen Ideen umzusetzen? Denn von denen hatte er ja – unter anderen Vorzeichen, aber sehr überzeugt – bei der BrogunderBar erzählt: Weg vom ChiChi, die Gerichte einfacher zu machen bei höchster Qualität und auf handwerklich allerfeinsten Niveau.

Da waren wir gespannt, denn hervorragende Produktqualität sind wir im Moritz schon länger gewohnt – und kochen können sie dort auch, lehrte uns die Erfahrung. Lediglich das Einfache, das ja sehr sehr schwer zu realisieren ist, wenn es gut sein soll – das war nicht so das Ding bislang. Bei früheren Besuchen hatte sich schon mal eine weniger-wäre-mehr-Erfahrung eingestellt. Was im Umkehrschluss auch heißt: mehr wäre manchmal auch ganz schön – also nicht nur ein Klecks, eine Kugel oder ein Fitzelchen von was-auch-immer.

Das Prinzip Von allem zu viel, von jedem zu wenig haben freilich viele Köche zum Prinzip erhoben. Sie nennen es zwar nicht mehr „an bei auf“, sondern schreiben nur die (Haupt-)Zutaten hin, aber die muss man dann auch erst mal finden. Und da sind wir nun wieder im Moritz, wo uns vom Amuse Gueule (Achtel von der Wachtel…) bis zum Steinpilzeis ein Dutzend Geschmacksproben der Küche schon erfreuten, aber hinter den Erwartungen zurück blieben – weil die im Frühjahr postulierte Erkenntnis, das Beste im Einfachen zu suchen, auf dem Weg zum näheren Himmel auf der Strecke geblieben scheint. Ich wünschte mir weniger akribisch gestapeltes Essen und auch nicht nur einen Hauch von – beispielsweise – Blumenkohl, sondern jeden Gang schon nett arrangiert, aber mit Mut zur Reduktion aufs Wesentliche. Das könnte dann auch zu mehr be-merkens-werten Gängen führen, von denen man noch Tage danach schwärmt.

Aber vielleicht sind ja zwei Monate nicht genug für einen grundlegenden Stilwechsel. Optimistisch sehen wir also den Kochsternstunden im kommenden Februar/März entgegen – auf dem Titelbild des kommenden Programmhefts ist ein saures Ei, Teil des Menüs von Sebastian Probst.

Restaurant Moritz

Menü 1

  • Gebeizter Saibling mit Gin / Gurke / Wacholder / Zitrone (15 €)
  • Krustentierbisque mit Tomate / Fenchel / Safran / Austernmayo (18 €)
  • Schweinerei³ mit Sellerie / Apfel / Zwiebel (26 €)
  • Brillat Savarin mit Birne / Kürbis / Brioche (14 €)
  • Crème Brûlée mit Vanille / Beeren / Schokolade (12 €)

Menü 2

  • Tatar vom Weiderind mit Kürbis / Senf / Eigelb / Crème Fraîche (15 €)
  • Schaumsuppe vom Champignon mit Portwein / Schalotten / Schnittlauch (11 €)
  • Bio Ei mit Kartoffel / Senf / Kapern / Speck (16 €)
  • Goldforelle & Knusperhaut mit Kartoffel / Kopfsalat / Kerbel / Gurke (26 €)
  • Rehrücken mit Blumenkohl / Pumpernickel / Pflaume / Blini (36 €)
  • Steinpilzeis mit Brombeere / Schokolade / Vanille / Balsamico (14 €)

Restaurant Moritz
An der Frauenkirche 13
01067 Dresden

Tel. +49 351 / 417270
www.suitess-hotel.com

Öffnungszeiten:
Restaurant täglich ab 17.30 Uhr
Business-Lunch Mo–Fr 12– 14 Uhr

[Besucht am 16. Oktober 2018 | Übersicht der hier besprochenen Restaurants in Dresden und Umgebung]

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