Der ausgezeichnete Individualist

Besuch im Weingut von Miquel Gelabert in Manacor auf Mallorca

Vins Miguel Gelabert

Sein Kosename ist auf den ersten Blick nicht gerade schmeichelhaft: El Loco de Manacor, der Verrückte von Manacor. Ziel erreicht, könnte man aber auch sagen, denn welcher Normalo bringt schon Außerordentliches zustande? Richtig: keiner. Aber Miquel Gelabert ist ganz sicher kein Normalo, und selbst wenn man sich nicht traut, ihn einen Verrückten zu nennen, ist er auf jeden Fall ein vom Wein machen Besessener. Wir besuchten das Weingut, das mitten in Manacor liegt – ziemlich versteckt im Gassenwirrwarr. Miquel Gelabert war bei unserem Spontanbesuch selbst nicht da, die Story und Informationen zu den Weinen kamen von Neus Llopis, die eine vorzügliche Gastgeberin war. Aber auf dem Regal, neben seinem teuersten Rotwein: da prostete er uns von einem Bild aus zu.

Zehn Hektar ist sein Weingut klein, verteilt auf vierzehn Parzellen. Sie gehören zwar alle zum Anbaugebiet Pla i Llevant, liegen aber doch weit verstreut in den Gemeinden Manacor, Felanitx und Petra. Das mag vom Organisatorischen her mühsam sein, hat aber Vorteile, denn die verschiedenen Weingärten bringen ihr unterschiedliches Mikroklima mit und haben ihr eigenes Terroir – was sich in einer Vielfalt an Nuancen bei den Weinen bemerkbar macht.

Miguel Gelabert – KellerMiquel Gelabert ist ein Quereinsteiger. Eigentlich war er einmal Küchenchef seines Restaurants und begann 1985 eher rein hobbymäßig mit der Weinmacherei. Später wurde dann daraus, wie man so schön wortspielt, Beruf und Berufung. Aus der Hobby-Weinmacher-Zeit hat er etwas rüber gerettet, was man mehr Winzern wünschen möchte: den Spieltrieb. Und so gönnt er sich auf seinem vergleichsweise kleinen Weingut (die Bodegas José L. Ferrer besitzt 140 eigene Hektar Rebfläche und erhält zusätzlich weitere Trauben von den Winzern der Umgebung) mehr als 30 Rebsorten. „Wir bauen alle Trauben an, die wir herstellen, und kaufen keine Trauben von Dritten. Auf diese Weise kontrollieren wir den gesamten Produktionsprozess“, erklärt Miquel Gelabert seine Philosophie.

Miguel Gelabert – WeinkellerUnter den 30 Sorten gibt es viele autochthone (also solche, die man nur auf Mallorca findet), aber auch so Überraschungen wie Riesling. Den hätten wir ja nun gar nicht auf der Insel vermutet, fanden ihn aber in einem der beiden Einstiegs-Weißweine (dem aus der Serie Golos, die Flasche kostet 11,50 € ab Weingut) wieder, wo er offensichtlich für das Säure-Rückgrad zuständig ist. Zusammen mit Moscatel, Viognier und der einheimischen Sorte Giró Ros ergibt das einen frischen Wein, von dem man am liebsten gleich noch ein nächstes Glas hätte – auch weil er trotz der Frische ordentlich Körper und Struktur mitbringt. Das Geheimnis? Ist keins: Riesling und Moscatel gären in Edelstahltanks, die anderen beiden Mitspieler dürfen ins Barrique und reifen dort sechs Monate. Die Mischung macht’s halt. Der Riesling wächst übrigens in zwei Lagen (Sa Valleta am Eingang des Tales und Es Morro mit Nordost/Südwest-Ausrichtung), beide je etwa 1 ha klein und der Mittelmeersonne nicht so doll ausgesetzt.

Bekannt geworden ist Miquel Gelabert im Weißweinbereich durch seine Chardonnays. Wir probierten den einfacheren 2017 Chardonnay Roure (22,95 €), der sechs Monate in französischen (und einigen wenigen amerikanischen) Eichefässern auf der Hefe lag und den großen Bruder (oder die große Schwester? Egal!) 2015 Chardonnay Roure Selecció Especial (26,75 €), für den die Trauben in mehreren Durchgängen nach Reifegrad selektiv gelesen werden und der zehn Monate Fermantation in neuen Eichefässern und Reifezeit auf der Hefe hinter sich hat. Eine Mundbombe und unsere Wahl des Tages unter den Weißen! Wobei uns diese Entscheidung nicht leicht fiel, denn auch der 2013 Sa Vall hatte es in sich und zeigte, dass die Weine des Weinguts durchaus das Zeug haben, zu reifen. Die Cuvée aus Giró Ros, Viognier und Pinot Noir (weiß gekeltert) sei der meist geschätzte Wein der Bodega (22,50 €), erfuhren wir.

Vins Miguel GelabertVor den Rotweinen probierten wir noch einen Wein, den der Junior gemacht hat. Der Sohn des 59jährigen Miquel Gelabert heißt praktischerweise auch Miquel und hat für seinen 2015 Son Moix Blanc die heimische Giró Ros mit dem Chardonnay vermählt. Wenn man den probiert, erfreut die Komplexität des Weins – und es scheint, als muss man beim Generationenwechsel keine Bange haben: das wird schon! Auch dieser Wein hat Potential, wenn man denn von ihm lassen kann und ihm die Chance gibt zu reifen. Die Weine von Miquel Gelabert sind alle unfiltriert und auch ansonsten möglichst naturnah ausgebaut. Die Moste vergären spontan ohne Einsatz von Fremdhefen, und schon in den Weinbergen betreibt der Winzer naturnahen Anbau. Es muss ja nicht immer öko auf dem Etikett stehen, um so zu arbeiten…

Nun aber zu den Roten! Beim Autònom (26,75 €) bilden ausschließlich einheimische Trauben wie Callet, Manto Negro, Fogoneu, Gorgollassa und andere von alten Reben die Grundlage für einen elegant-seidigen Wein. Zwölf Monate hatte der Wein Zeit, in Eichenfässern zu reifen, anschließend durfte er sich in der Flasche weiter entwickeln. Wir hatten den 2013er Jahrgang im Glas, das war schon recht ordentlich! Noch zwei Jahre mehr Zeit zum Reifen hatte der Gran Vinya Son Caules (25,50), ein reinrassiger Callet-Rotwein. Callet bedeutet im mallorquinischen Dialekt „schwarz“. Offenbar sieht man das vielen Callet-Weinen aber nicht an, denn der Wikipedia (katalanische Version…) entnehmen wir: „Callet produziert einen Wein von maximal 12,5% vol. mit wenig Körper und geringer Farbintensität“ – aber dann steht da noch eine Ausnahme, die nach einem Blick aufs Rücketikett (14% vol.) für das Weingut von Miquel Gelabert geschrieben zu sein scheint: „außer in Ausnahmefällen, in denen niedrige Produktion, geeignete Terroir und alte Reben außergewöhnliche Weine hervorbringen. In jedem Fall zeigt es auf önologischem Niveau ein sehr interessantes Aroma.“ Das Geheimnis? Sehr alte Reben, von daher eh wenig Ertrag – und dann auch per Handlese sehr ausgesuchte beste reife Trauben, zwölfmonatige Reife in Eichefässern und viel Zeit auf der Flasche zum Reifen. Die Parzelle Son Caules ist mit 0, 34 ha sehr übersichtlich, neben Callet wächst hier auch Girò Ros. Der Vorgängerjahrgang dieses Weins wurde übrigens als bester Rotwein Spaniens mit dem Grossen Preis der bedeutendsten Fachmesse des Landes ausgezeichnet. Eine von sehr sehr vielen Auszeichnungen, die der Winzer bekommen hat – die Wände des Weinguts sind voller Urkunden!

Nach dem Pendant zur weißen Katze mit dem schwarzen Kater (Son Moix Negro, Callet und Cabernet Sauvignon – 36,30 €) probierten wir den Spitzenwein, der die Verrücktheit des Winzers aufs angenehmste widerspiegelt: im Colom de Penya (72,60 €): finden sich die besten Trauben der Weinberge zusammen. The best of the best wird natürlich in Eichenfässern ausgebaut. Der Wein sollte in der Flasche lange – am besten aber länger! – warten, bis er getrunken wird. Bei richtiger Lagerung soll er 30 Jahre und länger halten. Unser Probeschluck war so gesehen eine Babyverkostung, dem Jahrgang 2015 stehen die besten Jahre noch bevor…

Bodega Vins Miquel Gelabert
C /. Salas, 50
07500 Manacor
Mallorca
Balearen

Tel. +34 971 821 444
www.vinsmiquelgelabert.com

[Besucht am 9. November 2018]

Bezug der Weine direkt ab Weingut möglich, sie verschicken mit DHL (bei 18 Flaschen sei der Versandanteil pro Flasche am günstigsten, verriet uns Neus Llopis). Wem das zu kompliziert ist:  Beim Versandhandel Der Mallorquiner (Sitz in Bornheim) gibt es viele der Weine auch – allerdings nicht mehr zu Weingutspreisen…

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