Der große ultimative Glühweintest 2019

Glühweintest in der Weinzentrale: 13 heiße Tipps

Glühweintest

Es war (wieder einmal) ein Abend für die Mutigen unter den Weintrinkern. Beim großen ultimative Glühweintest in der Weinzentrale scheiterten selbst Profis gerne schon nach dem dritten Probeglas. Andere nahmen derer acht oder – wie wir, die wir uns dem großen Ganzen verpflichtet fühlen – alle dreizehn.

Es ist ja richtig: kein Mensch braucht Glühwein, wenn er alternativ richtig gute Weine trinken könnte. Andererseits gibt es die nicht zu leugnende normative Kraft des Faktischen (Kant, glaube ich), die man ja nur allzu gut auf den nun einsetzenden Weihnachtsmärkten beobachten kann: Menschen ohne Glühwein kommen da nämlich kaum vor.

Der große Streit, was denn nun prinzipiell besser sei – rot? oder weiß? –, ist immer noch nicht objektiv entschieden. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus Geschmacksache und Zufall, denn zumindest bei den handwerklich arbeitenden Glühweinmachern gibt es zwar ein Rezept und genaue Vorstellungen, aber eben auch die üblichen Abweichungen durch individuelles Arbeiten. Und das finde ich ja eher gut als schlimm!

G-Jay PietziDreizehn Proben – das ist natürlich längs nicht alles, was der hiesige Markt hergibt. Wir haben ja auch keinen wissenschaftlich-exakten Test gemacht, sondern in angeregter Runde (mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am Tisch!) geprobt und angeregt diskutiert. Die Reihenfolge der Weine gab Jens Pietzonka vor, der an diesem Abend zum G-Jay wurde, zum Glühwein-Jockey. Denn auf zwei kleinen Platten (korrekter: in zwei Töpfen auf zwei Platten…) erwärmte er immer nur so viel Glühwein, wie gerade bestellt wurde. Und das war nicht wenig, wie Jens Pietzonka und die trotz des Stresses unermüdlich fröhlich lächelnde Jana Schüller am Tag darauf beim Entsorgen des Leerguts feststellen mussten. „Mehr als 24 Flaschen in Portionen zu 5 cl, das hat was!“, konstatierte Pietzonka.

Wir probierten zuerst die sechs weißen Glühweine, dann zwei der eher seltenen Gattung „rosé“ und abschließend fünf Rote:

  • Spicy Friends weiß – Haus Steinbach, Radebeul
  • Glühvieh weiß – Weingut Metzger, Pfalz
  • Der heiße Müller – Lutz Müller, Dresden
  • Heiße Cosel – Gustav Müller, Dresden (mit Weißburgunder nicht aus Sachsen)
  • Winzerglühwein weiß – Stefan Hermann, Dresden (mit Wein vom Kultwinzer Emil Bauer & Söhne, Pfalz)
  • Weißer Glühwein – Hoflößnitz (mit Wein nicht aus Sachsen)
  • Der heiße Schuh Rosé – Weingut Schuh, Meißen
  • Spicy Friends rosé – Haus Steinbach, Radebeul (mit zugekauftem Wein aus der Pfalz)
  • Der heiße Schuh Rosé – Weingut Schuh, Meißen
  • Winzerglühwein rot – Stefan Hermann, Dresden (mit Wein vom Kultwinzer Emil Bauer & Söhne, Pfalz)
  • Rebglut rot – Jan Ulrich, Meißen
  • Feuer & Wein rot – Schloß Wackerbarth, Radebeul
  • Spicy Friends rot – Haus Steinbach, Radebeul (zum Teil mit zugekauftem Wein aus der Pfalz)

Um das halbwegs zu überstehen, nutzten wir trotz minimaler Mengen in den Gläsern den Behälter für die Resteentsorgung…

Gab’s Lieblinge? Gab’s Komplettversager? Gute Fragen, schwer zu beantworten. Ich antworte mal mit einem beherzten „naja!“ Warum diese Verzweiflung? Vielleicht kann man das beim Roten von Wackerbarth ganz gut festmachen. Der hatte mit seinem Startplatz Nummer 12 es ja nicht wirklich leicht, die Stimmung steigt an so Abenden zwangsläufig, da neigt man schnell zur Keckheit. Also nimmt man das Glas an die Nase und ahnt, was der erste kleine Schluck bestätigt: so süß! Was bei Enkeln ein Lob ist, muss keins bei Glühwein sein. So süß ist ja die kleine Schwester von or nöö – aber nun kommt’s: zweiter Schluck und ein nicht mal verlegenes „leggor!“ ist zu hören. Der Kollege Cheftester von der Morgenpost, der auch am Tisch saß, sah es ähnlich, womit wir ja beinahe ein verlässliches Urteil haben. Also: Süß, aber bestens trinkbar.

Da wir den Roten von Stefan Hermann in diesem Jahr als sehr herb empfanden (und ihn sicher – wie einige andere auch – in den kommenden Tagen nochmal im Freien probieren werden, weil Glühwein da ja doch schon anders schmeckt – Update: gemacht! –), hatten wir die verwegene Idee, ihn mit einem eher zu süßen zu cuvertieren. Rebglut rot von Jan Ulrich könnte da ein idealer Kandidat sein, weil eher als knatschsüß empfunden und somit zur Süßreserve bestens geeignet. Ich werde gegebenenfalls darüber berichten. Am anderen Ende der Skala, die mit knatschsüß beginnt, steht furztrocken. Den Eindruck hatten wir beim Roten aus dem Haus Steinbach, den es eigentlich ja gar nicht in Flaschen gibt: spicy friends, vom Winzer Lutz Gerhardt im vergangenen Jahr erstmal auf den beiden Märkten in Altkötzschenbroda und Dresden (auf dem Striezelmarkt) angeboten, ist ja als Fassglühwein konzipiert, der erst kurz vorm Verzehr vom Wein zum Würzi wird.

„Wir legen viel Wert darauf, dass unsere Glühweine niemals zu süß sind, damit sowohl der Grundwein als auch die Gewürze noch zu erkennen sind“, sagt Lutz Gerhardt. Bei der natürlich in Flaschen zum Test gebrachten Probe hatten wir den Eindruck, dass das mehr als gut gelungen war, wie die Notiz „passt gut zu Wein, der zu süß geraten ist“ nahelegt. Trocken und ein bissl spröde schienen sie uns alle – ob das am Flaschentransport lag, wird der Nachtest auf dem Striezel und/oder in Altkö zeigen (Update: erledigt!).

Die Grundweine der spicy friends stammen zum Teil aus der Pfalz – und Winzer Gerhardt geht damit ganz offen um. Auch bei Stefan Hermann kommen die Weine aus der Pfalz, wie im vergangenen Jahr vom Kultwinzer Emil Bauer & Söhne.  Das ist der mit den kessen Sprüchen auf dem Etikett („Sex ist schön. Sauvignon blanc hab ich öfter.“). Das ist legitim, denke ich (also Wein aus der Pfalz oder sonstwo her zu beziehen), so lange man das nicht so gut wie möglich vertuscht. Sie haben ja einfach viel mehr Wein in der Pfalz oder in Rheinhessen.

Ob die Hoflößnitz auch in diesem Jahr wieder ein größtmöglicher Vertuscher ist, wird sich erst beim Besuch eines Standes zeigen. In den vergangenen Jahren erhielten wir dort ja gerne die Auskunft, dass es natürlich sächsische Weine seien – aber natürlich sind die Grundweine zugekauft. Man erkennt es am dezenten Hinweis „Deutscher Glühwein hergestellt in Sachsen“ auf dem Rücketikett, da ist weinrechtlich alles okay. Mal sehen, was die Verkäufer an den Buden in diesem Jahr sagen, wenn wir den Glühwein probieren. Obwohl uns das sicher wieder etwas Überwindung kosten wird, denn der Weiße von Hoflößnitz ist ja auch dafür bekannt, dass man ihn schon von weitem erriechen kann. Da wurde nämlich nicht mit der Vanillinschote gegeizt. Wer also Vanillepudding to go in flüssiger Form mag: das ist der richtige Wein dafür!

Noch wen oder was vergessen? Die heiße Cosel natürlich. 100 Prozent Weißburgunder aus Traubenzukauf, wusste Jens Pietzonka zu berichten – was uns ja egal ist, wie geschrieben. Schmeckte fruchtig, nicht übersüß: prima also. Der heiße Müller ist vom Winzer Lutz Müller gemacht mit 100 Prozent Müller-Thurgau. Alles Müller also, vielleicht mit ein bissl zu viel Milli Vanilli. Trinkfluss, ein Begriff aus der Vorglühweinzeit, empfanden wir beim Weißen vom Metzger: ein Glühwein vom der süffigen Fraktion, der aber wahrscheinlich (ich kenne die anderen Weine von Uli Metzger…) keinen Kopf macht.

Beim heißen rosa Schuh rochen und schmeckten wir erst Brausepulver und wollten das spontan gar nicht so gut finden, bis wir, nach kleinem Schwatz, den nicht mehr ganz so heißen Schuh tranken – und ihn plötzlich richtig richtig gut fanden. Da abkühlender Glühwein im wirklichen Leben ein Fakt ist, also gar nicht mal so schlecht!

Nun müssen wir nur noch die vielen anderen Glühweine finden – Fortsetzung folgt (Hashtag: #gluehwein2019)!

Weinzentrale
Hoyerswerdaer Straße 26
01099 Dresden

Tel. +49 351 / 89966747
www.weinzentrale.com

Öffnungszeiten
Mo – Fr ab 16 Uhr

[Glühweintest am 25.11.2019 in der Weinzentrale: 5er bis 13er Flights zu je 1 €/Probe. Tasse Glühwein: 3,50 €. Probiert am 25. November 2019 | Zu den Glühweintests 2018, 2017 und 2016 | Vielen Dank an Thomas Stache für die meisten der Etiketten-Fotos!]

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