„Die Natur zur Geltung bringen“

Vierter Tresen-Skype der Weinzentrale mit drei Winzern aus Südafrika

Tresen-Skype Südafrika

Drei Winzer aus Südafrika gleichzeitig zu Gast – das ist durchaus eine Rarität in Sachsen. Allein hingegen waren sie schon in Dresden: Im September 2014 trafen wir Miles Mossop, im Mai 2016 David Trafford – und im November 2019 verpassten wir Niels Verburg (weil er in der Weinzentrale in Dresden war und wir irgendwo anders Wein tranken). Nun waren sie – in diesen Corona-Zeiten – alle zu Hause, so wie auch ihre Gäste. Die Winzer in Südafrika, ihr Importeur Arlo Hentschel in Berlin und die Gäste in Dresden. Tresen-Skype hat Jens Pietzonka von der Weinzentrale das Format genannt, dieses war die vierte Ausgabe (hier die anderen).

Südafrika ist ja nicht gerade der Inbegriff von cool climate – aber dennoch gab’s nur Weißweine, erstaunlich frische obendrein. Die drei Winzer haben Weingüter überschaubarer Größe, es sind Familienbetriebe mit viel Handarbeit und Liebe zu individuellen Weinen.

Niels Verburg, Luddite

Niels Verburg„n‘ Abend Damen und Herre!“ begrüßte Niels Verburg vom Weingut Luddite, um dann ins geläufigere Englisch zu wechseln (alle „Zitate“ sind also mehr oder minder gut übersetzt…). Sein 17-ha-Weingut (davon 10 ha unter Ertrag) liegt an den östlichen Hängen des Houw Hoek Mountain im Weinanbaugebiet Overberg.

Sein Wein hatte einen ungewohnten Verschluss: einen Kronkorken. „Ich war nie ein großer Freund von Schraubverschlüssen!“, meinte Niels und verwies darauf, dass dieser Kronkorken immerhin der gleiche sei wie bei Champagner in seinem frühen Leben. Er sei unkaputtbar und ein fantastischer Verschluss! Nun aber zum Inhalt des 2018 Saboteur White. Es ist eine Cuvée aus 71 % Chenin Blanc aus der Region Bot River sowie 15 % Viogner und 14 % Sauvignon Blanc aus der Region Overberg. Die Trauben aus drei Weinbergen wurden auf den Schalen vergoren und reiften 6 Monate in alten Eichenfässern. „Und dann kann der Wein machen was er will!“, erklärt der Winzer, und zur Freude der Sofa-Teilnehmer hat er sich benommen (also der Wein): fruchtig, frisch und saftig ist er geworden. Trinkfluss garantiert! Auch der Winzer gibt sich zufrieden: „The Abgang is georgious!“ (Preis für eine 0,75-l-Flasche Saboteur 20,90 €).

Seit über 15 Jahren arbeiten die beiden zusammen. ausdrucksstarke Weine, sie haben Power – aber sie sind elegant, nie marmeladig. gerad ein SA, wo es sehr warm ist, ist das immer eine Herausforderung. „Wenn sie eines genug ´haben, dann ist es Sonne!“  Niels hat in den 70er/80er Jahren als Sommelier in London gearbeitet – und so viel probieren können. Das hilft dem Winzer, eigene Weine zu entwickeln!

Niels Verburg, Luddite
www.luddite.co.za
+27 83 444 3537

David Trafford, de Trafford Wines

David TraffoirdDas kleine Familienweingut von David und Rita Trafford liegt am Ende der Upper Blaauwklippen Road in den Bergen oberhalb von Stellenbosch. David und Rita sind keine gelernten Winzer – er ist studierter Architekt, sie ist Künstlerin und hat an der Cordon Bleu Kochschule obendrein gut kochen gelernt.

DIe Künstlerin Rita Trafford bringt ihre Kunst als Etikett auf die Flasche. Wem das bekannt vorkommt und wer da gleich an Malgorzata Chodakowska und Klaus Zimmerling denkt, liegt gar nicht so verkehrt – zumal sich die beiden Winzer-Künstlerinnen-Paare auch noch gut kennen und hin und wieder besuchen.

Gestartet haben die beiden Traffords 1992 mit Rotweinen – Syrah, Cabernet, Merlot. 1995 fanden sie eine Parzelle mit Chenin Blanc – und 1999 gewannen sie schon einen Preis damit. Die Flasche vor uns mit dem Künstler-Etikett ist so ein Weißwein, ein 2017 Chenin Blanc (23,50 €). Hellgelbe Farbe im Glas, frische Aprikose und reife Melone in der Nase – und dann weicher, elegant strukturierter und komplexer Gaumen mit einem langen, cremigen Abgang. Kann man gern haben!

Während wir probierten und genossen, erzählte David Trafford uns Hintergründiges. 1/3 neues Holz hatten sie anfangs eingesetzt – „aber im Laufe der Zeit nahmen wir die Dominanz des Holzes zurück, um das Terroir besser zur Geltung zu bringen.“ Nun landen also höchstens zehn Prozent des Weines in neuen Fässern, und die Fässer sind auch unterschiedlich groß: „Um die Komplexität des Weins besser heraus zu arbeiten“, reifen die Weine in Fässern mit 225, 400 und 700 Litern Inhalt. Unter 10.000 Flaschen/Jahr gibt es vom Chenin Blanc. Und natürlich alles so natürlich wie möglich: „Wir haben noch nie industrielle Hefe hinzugefügt, seit wir Wein machen!“, betont Trafford. „We are trying to express nature!“

David Trafford
www.detrafford.co.za

Miles Mossop

Miles Mossop und Saskia„Da ist so’n verrückter Surfer“ hatten ihm andere Winzer gesagt. Ist er deswegen so entspannt? Drei Weine sind nach seinen drei Kindern benannt: Saskia ist nach seiner ältesten Tochter benannt. Seit 2004 macht er Wein – anders als die beiden anderen hat er aber eine eigenen Weine, sondern kauft sie hinzu. Die daraus entstehende Philosophie liest sich so: „Ich nehme Trauben aus außergewöhnlichen Weinbergen, pflücke sie zum richtigen Zeitpunkt und führe sie durch den natürlichen Prozess der Weinherstellung, um ausdrucksstarke, individuelle Weine von höchster Qualität zu produzieren, die ich selbst gerne trinke.“

Miles Mossop hat sich als Winemaker von Tokara international einen Namen erarbeitet – wo er seit dem Jahr 2000 arbeitete. 2004 begann er parallel dazu eigene Weine zu machen. Mittlerweile konzentriert er sich allerdings nur noch auf seine eigenen Weine. Der 2016 Saskia, den wir im Glas hatten (24,90 €/Flasche), ist eine Cuvée aus 68 % Chenin Blanc, 13 % Clairette Blanche, 13 % Verdelho und 6 % Viognier. Im Glas ist er goldgelb, in der Nase hat man gelbe Früchte, am Gaumen weißen Pfirsich und Zitrusfrüchte. Ein Wein, von dem man gerne sofort das nächste Glas (die nächste Flasche?) haben möchte!

Was für eine Rolle spielen die Gläser? Für Miles Mossop eine gewichtige: „Ich versuche immer wieder mal, den Wein aus verschiedenen Gläsern zu trinken und schmecke manchmal erstaunliche Unterschiede!“ Das große Burgunderglas käme der Komplexität des Weines entgegen, bringe sie deutlich besser zum Ausdruck als ein Riesling-Glas.

Zum Ende des Gesprächs trafen wir dann übrigens noch the real Saskia, die derzeit studiert. „As beautiful as the wine!“ kommentierte eine Teilnehmerin der Runde. Welch schönes Schlusswort!

Miles Mossop
www.milesmossopwines.com
Tel. +27 21 808 5900

Vertrieb aller besprochenen Weine in Deutschland c/o Ahwas, Arlo Hentschel, www.ahwas.de. Die Preise in Klammern sind die Mitnahme-Preise der Weinzentrale.

Weinzentrale
Hoyerswerdaer Straße 26
01099 Dresden

Tel. +49 351 / 89966747
www.weinzentrale.com

[Tresen-Skype der Weinzentrale am 22. April 2020 | Alle Beiträge des Tresen-Skype in der Übersicht]

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