„Hätten Sie was vom eisenhaltigen Lehm?“

Riesling-Lagenbox mit sechs 2019 Riesling von Martin Tesch in der Verkostung

Am Ende einer Weinprobe

Es ist ja gar nicht so leicht, mit einer Punkband gut zu können und gleichzeitig so seriös zu gucken wie der eigene Großvater. Martin Tesch (streng genommen: Dr. Martin Tesch, denn der Winzer ist promovierter Biochemiker) schafft das. Mit den Toten Hosen („der Soundtrack meines Lebens“ nennt Tesch sie) ist er freundschaftlich verbunden und macht ihnen einen eigenen Wein – Weißes Rauschen. Ein Riesling, wie fast alle Weine von ihm – 90 % Riesling sowie je 5 % Weiß- und Spätburgunder wachsen auf den 25 ha. Und trocken, wie alle Tesch-Weine. Da könnte man ja meinen, dass die alle irgendwie gleich schmecken. Tun sie aber nicht, wie man besonders gut schmecken kann, wenn man sich durch die sechs Flaschen der Riesling Lagenbox probiert.

Tesch Lagen WeineWas macht der Boden mit dem Wein? Die Riesling Lagenbox will Antworten auf diese Frage geben. „Man findet an der Nahe auf nur ca. 4.000 Hektar Rebfläche über 150 verschiedene Formationen“, weiß Martin Tesch. „Diese geologische Diversität machen wir uns seit Generationen zu Nutze, keine andere Rebsorte bildet die unterschiedlichen Bodenverhältnisse besser im Wein ab als der Riesling!“ Ich habe mich mit Matthias Gräfe vom Radebeuler Wein & fein auf Spurensuche begeben und durch lehmigen Boden mit Kies, Lehmlöss und verwitterten Roten Granit, Kalkstein und Löss, verwitterten Roten Sandstein, Vulkanverwitterung sowie Rotliegendes mit Eisenoxyd getrunken. Die Weine, die zu diesen Böden passen, sind in der Box:

Tesch Riesling Lagenbox

  • Löhrer Berg, TESCH Riesling trocken, QbA Nahe | Alc. 13,0 %
  • Krone, TESCH Riesling trocken, QbA Nahe | Alc. 12,5 %
  • Königsschild, TESCH Riesling trocken, QbA Nahe | Alc. 12,5 %
  • Karthäuser, TESCH Riesling trocken, QbA Nahe | Alc. 12,5 %
  • St. Remigiusberg, TESCH Riesling trocken, QbA Nahe | Alc. 12,5 %
  • Rothenberg, TESCH Riesling trocken, QbA Nahe | Alc. 12,5 %

In der Box lagen die Weine anders, aber der Herr Gräfe meinte nach seinen jahrelangen Tesch-Wein-Erfahrungen: „Wir fangen am besten mit einem Riesling an und probieren uns dann so durch!“

Die Weine sind sich alle sehr ähnlich, weil sie ähnlich viel Alkohol haben und auch auch von der Säure und dem Restzucker ähnlich eingestellt sind. Es geht also um die Böden! Auffallend ist die Optik: jeder dieser Weine hat seine eigene Farbe. Nicht zufällig, wie man schnell merkt, denn Farbe und Boden haben miteinander zu tun…

Löhrer Berg

Tesch-Lagen-Weine-Löhrer-BergLos geht’s mit dem Langenlonsheimer Löhrer Berg. Das ist eine der ältesten Riesling-Lagen der Nahe. Und wer hat Schuld? Der pfälzische Kurfürst Philipp Wilhelm von der Pfalz! Der ordnete 1688 an, diese Lage ausschließlich mit Riesling zu bestocken. Die Reben, aus denen Tesch seinen Lagenriesling Löhrer Berg keltert, sind über 40 Jahre alt. „Typisch Apfel! Sehr harmonisch, sanft…“ urteilt Matthias Gräfe. „Ein extrem gut versorgter Boden – lehmig, viel Wasser. Für trocken unglaublich harmonisch eingestellt!“

Krone

Tesch-Lagen-Weine-KroneDie Laubenheimer Krone ist zwar der unmittelbare Nachbar des Löhrer Bergs. Doch trotz der Nähe sind die Bodenverhältnisse verschieden. „Es geht um Böden, wo Buntsandstein drin zu finden ist, Lehm-Löss-Böden wie man sie hier aus der Gegend von Proschwitz kennt. Die Krone erweist sich als rassiger Riesling, apfelfruchtig und mineralisch. Matthias Gräfe: „Man sieht schon nach der zweiten Probe: das sind sehr komplexe Weine, sie liegen ölig am Glasrand. Trotz des jungen Alters sind sie sehr präsent. Sie geben das Gefühl der Leichtigkeit eines Sommers! Es bleibt ein schöner Hauch am Mund hängen.“ Eine gute Idee, kriegen wir im Gespräch raus, wäre, diese Weine reifen zu lassen. Fünf Jahre mindestens, gerne länger, meint Gräfe.

Königsschild

Tesch-Lagen-Weine-KönigsschildSüdlich vom Löhrer Berg befindet sich der von Muschelkalk durchsetzte lockere Lösslehm des Königsschild. Die Namensgebung ist wahrscheinlich auf die Zugehörigkeit zur Winterresidenz Karls des Großen – der Ingelheimer Kurpfalz – zurückzuführen. Die alten Rebwurzeln folgen dem tief absickernden Wasser und arbeiten sich bis zu 15 Meter tief in den Boden.

„Ich liebe diese Muschelkalkböden! Hier hat man die florale, verspielte Art, später die kühle Mineralik, extrem geradlinig. Ich finde, das ist das, was Riesling darstellen kann! Gemessen an den ersten beiden ist das der präzisere, der knackigere Wein!“, analysiert Matthias Gräfe. Das hohe Potential dieses Wein aber liege im Alter: „Der hat auch nach zehn Jahren noch keine Alterungstöne, der Wein ist frisch und elegant.“

Karthäuser

Tesch-Lagen-Weine-KarthäuserIhren Namen verdankt die Lage Karthäuser seinen Besitzern im späten Mittelalter, den schweigsamen Kartäuser-Mönchen. Die Lage besticht dadurch, dass es so ein Talkessel ist, südwestlich geöffnet. Die Wärme wird im verwitterten roten Sandsteinboden gut aufgenommen und gespeichert. Der rote Sandstein macht schon einen besonderen Wein, findet Gräfe: „Der Wein ist kraftvoll, aber doch würzig-fruchtig abgepuffert und irgendwie auch total ruhig. Den Wein nimmst du in den Mund – und da möchte man einfach die Augen schließen und diese unglaublich weiche ruhige Art genießen.“ Der würzig-fruchtige Riesling ist straff mit zurückhaltender Säure.

St. Remigiusberg

Tesch-Lagen-Weine-RemigiusbergSt. Remigiusberg ist eine der kleinsten Einzellagen der Nahe. Sie befindet sich direkt neben dem Karthäuser. Verwittertes Vulkangestein und eisenerzdurchzogener Lehm prägen den Boden. Historisch betrachtet führt der St. Remigiusberg zu den damals in Laubenheim aktiven Benediktiner-Mönchen und erinnert an deren Fürstabt von Reims, der nach seinem Tod heiliggesprochen wurde. „Meine Lieblingszitrusfrucht  – Mandarine – macht den Wein so unverkennbar!“, meint Matthias Gräfe. Geringe Erträge und höchster Extrakt sind ein Merkmal des Remigiusbergs, die Weine haben eine dichte, elegante Struktur.

Rothenberg

Tesch-Lagen-Weine-RothenbergWestlich von Langenlonsheim liegt der Rothenberg. Dieser Südhang weist eine Steigung von bis zu 40 % auf. Der Boden ist ähnlich wie beim  Karthäuser, also roter Sandsteinboden. Hier findet man auch das Rotliegende, eine lockere Gesteinsverwitterung mit viel Eisenoxid.

Die Lage liegt ein wenig höher und ist dadurch kühler – „der Wein hat, finde ich, dadurch ein bisschen mehr Opulenz“, kommentiert Gräfe. Er mag die leichte fruchtige Bitterkeit „wie bei Aprikosen, diese Steinfruchtnote. Er hat auch was vom nicht so saftigen Weinbergpfirsich – ohne dass es süß ist.“ Für Gräfe geht der Wein „in die Richtung des Karthäuser, hat aber noch mehr Komplexität“. Er attestiert dem Rothenberg ein hohes Reifepotential, aber auch für den Moment sei „das ein Wein, der einen eine Weile beschäftigt…“ 

Jetzt sind wir durch – aber…

Matthias Gräfe…um die Größe der Weine zu zeigen, springen wir spontan noch mal auf den Königsschild zurück, der ja wesentlich verspielter und floraler ist, weicher, eleganter. Gräfe sinniert: „Man merkt die Zweiteilung des Sortiments: Löhrer Berg, Krone und Königsschild – die diese weichere Noten haben, die Verspieltheit und Cremigkeit. Und auf der anderen Seite Karthäuser, St. Remigius und Rothenberg, wo man mehr Nachhall hat, die man sich im Wortsinn ertrinken muss. Die ersten drei sind wunderschöne Speisenbegleiter, aber die anderen drei sind wesentlich anspruchsvoller gemacht. Wenn man die in einer Gruppe probiert, wird natürlich jeder zu seinem persönlichen Finale kommen. Es macht einfach Spaß! Ich bezweifle ja, dass die Leute rumlaufen und sagen: Irgendwas vom eisenhaltigen Lehm – haben Sie was da?“ Aber es ist natürlich ein spannendes Erlebnis, es mal rauszuarbeiten. Und vor allem: man schmeckt’s. Man kann den Boden schon schmecken…“

Update: Das ganze Gespräch gibt es nun auch als Folge 1 in unserem neuen Podcast Auf ein Glas… 

Weingut TESCH
Naheweinstrasse 99
55450 Langenlonsheim

Tel. +49 6704 93040
www.weingut-tesch.de

Gräfes Wein & Fein
Hauptstraße 19
01445 Radebeul

Tel. 0351 / 8365540
www.graefes-weinundfein.de

[Probiert am 23. September 2020]

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