Die bunte Inselhauptstadt

San Sebastián de La Gomera

San Sebastián (2006)_0683

Auf keinen Fall den Farbfilm vergessen! Denn schon bei der Anreise mit der Fähre vom optisch und in manch anderer Hinsicht weniger liebreizenden Los Cristianos (Teneriffa) erlebt man San Sebastián de La Gomera als buntes Häusermosaik vor dem Felsmassiv. Die Inselhauptstadt ist gewachsen und hinterlässt bei uns mittlerweile einen guten Eindruck (2006 waren wir ja etwas genervt, weil nix so klappte wie die Reiseführerliteratur es uns versprochen hatte). 2016 und 2022 erschloss sich die Stadt uns neu, was (in beliebiger Reihenfolge) am guten Wetter, einem guten Restaurant und sowieso guter Laune unsererseits lag.

Anreise (2019)Der erste Eindruck ist herrlich pittoresk. So nach und nach taucht La Gomera aus den meist dort reichlich vorhandenem Wolkenschirm auf, und spätestens wenn das Schiff die Geschwindigkeit drosselt, sollte man mal genauer hinsehen – gutes Wetter vorausgesetzt, aber das gibt es ja meistens. naja: oft. Je nach Fähre und Jahreszeit kommt man ja bei Abflügen aus Deutschland meistens kurz vor oder mit dem Sonnenuntergang an, das kann herrliches Licht ergeben (das Foto hier stamm allerdings von einer Frühanreise, falls Insider sich über den Sonnenstand Gedanken machen).

HafenIm Hafen selbst ist nicht arg viel los: die Fähren von Armas und Fred Olsen, manchmal ein Kreuzfahrer. Das war’s. Bei einem Stadtbesuch kann man sich aber auch noch den Yachthafen ansehen. Kein Vergleich mit Nizza oder so, aber wer Boote liebt, kommt auf seine Kosten. Tatsächlich lohnt sich ein Spaziergang an der Strandpromenade – und er ergibt sich wie von selbst, wenn man von seinem Urlaubsdomizil mit dem Auto zur Inselhauptstadt reist: es gibt einen kostenlosen Parkplatz fußläufig vom Zentrum, und man kommt entlang der Playa de San Sebastian am besten dahin. Wer mag, kann da sogar was bei lernen: Portraits und Kurztexte zu Inselpersönlichkeiten sind in den Boden eingelassen – und nachdem man bei Kolumbus angekommen ist, krönt dann ein großes Bodenbild den Weg mit der Seeroute von Europa über Afrika (in diesem Fall: La Gomera) nach Amerika.

Torre del CondeDie Frage nach der ersten Besuchstation ist abhängig von der Zeit und von der Art des Hungers: mehr Geschichte und Kultur? Oder ganz profan knurrender Magen und/oder Durst? Für beide Gelegenheiten gibt es eine Lösung. Hier die mit der Kultur! Also auf zum Torre del Conde. Das ist der Turm, den man von der Strandpromenade schon sieht, weil er ziemlich allein in einem kleinen Park steht. Man kann den Turm besichtigen, was für Liebhaber alter Karten eher ein Muss ist als für alle anderen. Aber von drinnen mal raus zu sehen und die Dicke der Mauern zu erleben, hat für alle was.

Iglesia Ntra. Sra. de la AsunciónDie Kirche Ntra. Sra. de la Asunción (Mariä Himmelfahrt) weist auf die Anfänge von San Sebastián. Einer Informationstafel entnehme ich, dass hier um 1440 drei Palmen standen, „höher als der Turm von Sevilla“, also eigentlich sogar so hoch, dass das Hochsehen offensichtlich so lange dauerte, dass „der Blick ermüdet“. Infotafelpoesie galore! Neben der Poesie gibt’s aber auch harte Vermutungen – wie die, dass hier, wo alle Wege der Insel begannen, Hernán Peraza „der Ältere“ an einem reißenden Wasserlauf einen groben Tempel aus Ziegeln und Mauerwerk errichtete. Also: errichtete steht da, aber natürlich legte er wohl kaum selber Hand an, deswegen: errichten ließ.

Ob hier, wie eine Zeit lang auf einem Schild zu lesen stand, Kolumbus betete, ist nicht erwiesen. Das Schild jedenfalls gibt’s nicht mehr. Klar ist aber, dass die jetzt dreischiffige Kirche eine wechselvolle Vergangenheit hat. Heute gibt sie ein schmuckes Bild ab mit der weißen Fassade portugiesischen Ursprungs (manuelinischer Stil) und dem zentralen Körper aus rotem Tuff und zwei Toren an den Seiten, die von weißem Stein umgeben sind. Im Laufe der Jahrhunderte machten sich Piraten über die Kirche her, aber offensichtlich nicht nur die: In „Perioden der Vernachlässigung“ wurden aus dem Chorgestühl Brennholz, die Orgelpfeifen „nach Gewicht an den Dorfschmied verkauft“ und Bilder in den Lagerräumen entsorgt. Nun aber ist alles hübsch.

Was fehlt? Der Bericht übers gute Essen! Wir waren 2016 im La Forastera, damals „die Nummer eins“ beim gern gelesenen tripadvisor und konnten das Urteil sehr wohl nachvollziehen. Jetzt waren wir wieder da, am gleichen Ort, bei „der Nummer eins“ – obwohl es seit längerem schon ein anderes Restaurant ist. Das Bistro ágApe ist einen eigenen Beitrag wert!

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