Wir tranken die Quadratur des Kreises

Besuch bei Florian Lauer vom VDP-Weingut Peter Lauer in Ayl

Florian Lauer

Wenn man die Webseite des Winzers Florian Lauer aufruft, sieht man ihn einen steilen Berg empor schreiten. Unsereins würde da ja eher hoch japsen, aber er arbeitet sogar in diesem Berg: die Ayler Kupp, mit Hangneigungen bis zu 70 Prozent. Wenn Florian Lauer von seinen Parzellen im Schonfels kommt, ist das übrigens fast wie eine Erholung – dort hat’s 75–80%! Statt zu japsen zogen wir (ein engagiert probierender Trupp von Journalisten auf Wein-Recherche-Reise) es vor, zu genießen. Im Restaurant des Weinhotels Ayler Kupp trafen wir den Winzer, dessen Weingut die gleiche Adresse hat – will heißen: im Keller unterm Restaurant liegt mehr als auf der Karte steht…

WeinHotel Ayler KuppDas kann also nur ein anstrengender Abend werden: gutes Essen und guter Wein, und dann auch noch eine freundlichste Bedienung und ein auskunftsfreudiger Winzer! Jörg Diekert, der Küchenchef, hatte sich mal (andernorts) einen Stern erkocht. Er weiß also genau, was er tut – und natürlich kennt er die Weine. Man muss nicht groß auf die viel beschworene (und nicht immer erreichte) Harmonie von Speis‘ und Trank achten, das passt hier wunderbar. Sowieso liebe ich ja Sterneköche ohne Stern, weil die sich nichts mehr beweisen müssen. Da wir wegen des Winzers und seiner Weine da waren, hier nur kurz ein neidvoller Blick aufs Menü:

  • Gruss aus der Küche, ein Grüner Vulkan (Mousse von Kräutern) und getrocknete Tomate/Tomate in Öl
  • Tatar vom norwegischen Lachs an Reibeküchlein & jungem Salat
  • Filet vom Zander auf Rahm-Riesling-Sauerkraut & Nußkartoffeln
    oder
    Cous-Cous mit Nüssen, gegrilltes Gemüse & Pesto
  • WEINtresterparfait & marinierte Trauben

Florian LauerFlorian Lauer ist der Winzer der fünften Generation im Weingut Peter Lauer. Die gelebte Tradition spürt man – auch bei einer doch sehr schönen Antwort im VDP-Interview auf die Frage nach den Vorbildern: „Meinen Großvater und meinen Vater.“ Seit 17 Jahren sammelt Florian Lauer eigene Erfahrung beim Weinmachen, und wenn auch nicht alle Jahre alles gleich ist, gibt es doch Erfahrungs-Schubladen, in denen man Hilfe fürs eigene Handeln finden kann: „“Wir haben einen sehr klassischen Jahrgang hinter uns – 2021 knüpft an an vergangene Zeiten.“ In der vergangenen Dekade habe es ja ein Auf und Ab der Temperaturen gegeben, mit „üppigsten Geschichten 2011 und 2018, aber wir haben auch 2010/2013 und 2021 das Gegenteil erlebt.“ Das vorläufige Fazit von 17Jahren Weinmachen? „Während der 17 Jahrgänge merken wir die Klimaerwärmung, aber unsere Weine sind in dieser Zeit besser geworden.“

Derlei durchaus schmunzelnd vorgetragenen Sätze sind natürlich kein Hinderungsgrund, aktiv etwas gegen den Klimawandel zu tun – oder sagen wir mal: für den Erhalt der Wein- und Kulturlandschaft an der Saar. Auf der Webseite lesen wir: „Im Weinberg verzichten wir auf kräutervernichtende Substanzen sowie Gifte gegen Insekten oder Milben.  Wir verwenden die seit Jahren etablierten Mittel des ökologischen Weinbaus, allerdings ohne den dort praktizierten Einsatz des Umweltgiftes »Kupfer«, denn dieser tötet nachweislich die Regenwürmer und Mikroorganismen in unseren Böden.  Im Berg wird mit organischen Düngern gearbeitet. Sie stammen aus den nahen Rinder- und Pferdestallungen unseres Dorfes. Schwere Maschinen haben in unseren Weinbergen keinen Zutritt, da sie unnötig den Boden verdichten und so den Lebensraum dort verarmen.“

Florian LauerUnser erster Wein zum Menü ist der 2021 Alt Scheidt Saar Riesling feinherb. Ein Kabinett aus der Ayler Kupp, „in dieser Form gibt es das nirgendwo anders auf der Welt!“, meint der Winzer und nennt Weine wie diesen die Quadratur des Kreises: was Rundes mit möglichst viel Ecken, gerne auch was Eckiges mit angenehmen Rundungen. Ein Wein mit unheimlicher Säure und Dichte. Aber eben auch einer mit Filigranität und Feinheit. Und zwar beides zusammen: die Königsdisziplin. Der Name Alt Scheidt rettet den Name und die Erinnerung an einen „leider verschwundenen Weinbergsnamen“ – den Ayler Scheidterberg. Trinkweine für den täglichen Genuss wurden da geerntet, und nun heißt eben der leichteste Riesling des Weinguts Alt Scheidt. Wir verstehen hier erstmals am Abend, wie Florian Lauer das meinte, als er die Frage des VDP-Interviewers (Wie vereinen Sie Tradition und Innovation?) so beantwortete:Eines ist klar: Das wissenschaftlichste Studium zählt beim Wein wenig ohne jene schlitzohrigen Heuristiken der Vorväter.“

13 ha gehören zum Weingut, davon sind 95% Steillagen – das passe von der Größe, sagt Florian Lauer. wenn’s um die Arbeit gehe, entsprächen 1 ha Steillage 2,5 ha Flachlage. Das Weingut beschäftigt acht Mitarbeiter – das Restaurant ist verpachtet und läuft unabhängig, wenn auch in bester Zusammenarbeit (wie wir an diesem Abend in entspannter Atmosphäre erleben durften).

9.000 ha Steillagen gibt es etwa an der Mosel – „die können ja nicht alle die Flasche für 40 € verkaufen“. Und da kommt die Technik ins Spiel, zum Beispiel Drohnen. „Drohnen sind Schlüsseltechnologie für mich.“ Aber die Politik schmeiße Knüppel zwischen die Beine, wo sie kann („man muss fast eine Pilotenausbildung haben, allein die Dokumentation nimmt mehr Zeit in Anspruch als die Bedienung der Drohne“). Lohnanbieter erledigen die Arbeit, sie haben sich spezialisiert. Nötig wäre das nicht, es klingt simpel und ist es auch. Elektrische Drohnen sind leise, sie haben 30 l Kapazität, Durchmesser zwei Meter, 30 Kilo wiegen sie etwa (plus die Zuladung). Bedienung selbst ist simpel, sie werden programmiert und fliegen ihre Route ab. Kostenpunkt einer Drohne: etwa 20.000–25.000 Euro. Aber das rechnet sich und hilft, Steillagen zu erhalten und rentabler zu machen.

Florian LauerWas spritzen sie? Was nötig ist. „Wir arbeiten ganzheitlich naturnah – sind weder öko-zertifiziert noch konventionell. Wir arbeiten bis zu dem Moment, wo es brenzlig wird, ökologisch.“ Aber wenn diese Hausmittel bei erhöhtem Pilzdruck nicht reichen, dann geben sie eben auch andere potentere Mittel (die selbstredend auch die Insektenwelt schonen). Die Achillesferse Kupfer mag er auch nicht, es ist und bleibt ein Schwermetall, das sich anreichert im Boden. Da steckt eine Menge Hirnschmalz hinter, um den richtigen Weg zu finden – Florian Lauer, der kein gelernter Winzer ist, sondern Agrarökonomie studiert hat, hat auch in dieser Sicht investiert und seinen Weg gefunden, nachhaltig zu arbeiten. Dogmatismus liegt ihm fern, aber vom reichhaltig gedeckten Buffet aus der konventionellen, der ökologischen und der biodynamischen Arbeitsweise bedient er sich gerne, um tatsächlich nachhaltig naturnah zu arbeiten.

Wir probieren zum Essen Weine, die feinherb sind (kennt man ja, passt prima!) und solche, die trocken sind (knochentrocken, 1 g Restzucker). So weit, so (pardon!) lecker. Aber dann kommen uns zwei Rieslinge unter, bei denen auf dem Etikett in einem Kreis ein TF steht – und das bedeutet trocken bis feinherb. Das gibt’s doch nicht! rufen die Weinexperten. Na klar gibt’s das, antwortet schmunzelnd der Weinmacher. Das ist die Nummer 17, ein 2019 Neuenberg Riesling, VDP.GROSSE LAGE von der Ayler Kupp: „eine Geschmackswelt, die nicht ganz trocken ist und nicht ganz feinherb“. Sachen gibt’s, die glaubst Du nicht und schmeckst es doch! Die Gegenprobe mit der Nummer 12 (2019 Unterstenberg Riesling, VDP.GROSSE LAGE, Ayler Kupp) bestätigte, dass es (frei nach Shakespeare) Dinge an Saar und Mosel gibt, von denen sich unsere Schulweisheit nichts träumen lässt.

Unsere Weine zum Essen:

  • 2018 Cremant Saar Riesling Brut
  • 2021 Alt Scheidt Saar Riesling feinherb
  • 2021 No. 2 Ayler Riesling trocken
  • 2020 No. 4 Ayler Riesling feinherb
  • 2019 No. 17 Neuenberg Riesling trocken-feinherb
  • 2019 No. 12 Unterstenberg Riesling trocken-feinherb
  • 2015 Kupp Beerenauslese Riesling


Weinhotel Ayler Kupp

saarwein-hotel.de

Weingut Peter Lauer
Inh. Florian Lauer
Triererstr. 49
54441 Ayl

tel. +49 6581 3031
lauer-ayl.de

[Besucht am 20. Mai 2022]


Hinweis:
Die Recherchen zu diesem Beitrag wurden unterstützt mit einer Pressereise auf Einladung des DWI (Deutsches Weininstitut).

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