Statt Tulpen – Wein aus Amsterdam

Podcast "Auf ein Glas", Episode 82: Juan Manuel Ropero (Chateau Amsterdam)

Juan Ropero

Wir sind mit dieser 82. Folge unseres Podcasts zu Gast in einem Chateau. Aber die Lage des Weinguts ist ungewöhnlich: 52°23’10.722″ N 4°55’36.376″ E – wer sich mit Koordinaten auskennt, ahnt: das kann nur in Amsterdam sein. Nun ja, zu dieser Erkenntnis hätte man auch weniger kompliziert kommen können, denn es handelt sich ja um das Chateau Amsterdam. Es liegt mitten in einem Industriegebiet im Norden Amsterdams und entspricht optisch nicht dem, was man sich so unter einem Chateau vorstellt. Aber: dort wird Wein gemacht, also passt’s! Im Labor des Weinkellers wartet unser Gesprächspartner Juan Manuel Ropero, Argentinier von Geburt, Önologe, Berater und der Weinmacher des ungewöhnlichen Chateaus, das seine Trauben aus ganz Europa bezieht und daraus ungewöhnliche Weincuvées macht.

Chateau AmsterdamWeil wir zwar in aller Ordnung die Weine probiert haben (von den leichten zu den anspruchsvolleren), aber – wie immer! – wild durcheinander geplaudert haben, hier einmal vorab die Idee hinter dem Chateau Amsterdam. Gegründet 2017 von Vater und Sohn (Jos und Remy Harrewijn) zusammen mit Freunden als städtisches Weingut im Norden von Amsterdam, wollte man Weine in Amsterdam machen – mit Trauben, die man sich von Winzern aus richtigen Weinbauregionen besorgt (jaja, in den Niederlanden wächst auch Wein, aber in überschaubaren Mengen– hatten wir sogar schon mal im Podcast-Glas…) . Die Produktion war anfangs eher übersichtlich – was vielleicht auch gut war, denn die önologische Ausbildung des Emeritus Wijnmaker Jos Harrewijn ist überschaubar – er hatte eine Weinhandlung in Limburg, genoss aber zusätzlich eine Ausbildung zum Sommelier, machte ein 5wöchiges Praktikum bei Alois Lageder und lernte an der Landvolkhochschule St. Ulrich in Sachen Ökologische Wirtschaftsweise und BioDynamischer Weinbau hinzu.

Seit zwei Jahren nun ist mit  Juan Manuel Ropero ein studierter Önologe mit an Bord, um die Vinifikation im Chateau – das die Produktion in den Anfangsjahren jährlich verdoppeln konnte – zu professionalisieren. Er ist der Gesprächspartner bei unserem Besuch und stellt Weine der drei Linien vor, die das Chateau produziert: Väter – Söhne – Enkel. Dahinter verbergen sich die eher klassischen Premium-Weine, die modernen Weine (wie Söhne so sind: sie halten sich nicht unbedingt an Traditionen, Regeln und Dogmen) und unbeschwerte Terrassenweine mit überraschenden Cuvées.

ProbierweineDiese Weine probierten wir (zum größten Teil aus Probierflaschen ohne Etikett)

  • 2022 PetNat (Moscatel, ES)
  • 2021 Cuvée aus Verdejo (ES), Sauvignon Blanc (BG), Pinot Blanc (SL)
  • 2022 Chenin Blanc (Loire, F) und Garganega (Veneto, IT)
  • 2021 Poeh, Poeh (Rosé vom Dornfelder, Pfalz, DE)
  • 2022 Orange Wine, Pinot Grigio (Veneto, IT)
  • 2022 Mourvedre (Corbières, F) und Garnacha (Priorat, ES)
  • 2022 Sangiovese (Toskana, IT) und Cabernet Franc (Loire, F)
  • 2021 Fat Lady Sings, Chardonnay (Pfalz, DE)
  • 2021 Guinivere’s Crown, Furmint (Podravje, SL)
  • 2021 Mathilda’s Mood, Malbec (Corbières, F)
  • 2021 (?) Lucky Lucy, Syrah (Corbières, F)

Und das waren unsere Themen (dieses Mal als Verstehhilfe wieder mit mehr Zeitmarken…):

  • 00:34 Welcome to Chateau Amsterdam
    Zu Besuch im Chateau Amsterdam, Juan Ropero – der winemaker – ist unser Gesprächspartner
    01:16 im Glas PetNat
    Juan Manuel Ropero, geboren in Mendoza/Argentinien
    Erfahrungen gesammelt in USA, Frankreich, Australien
    er arbeitet als WineConsultant und berät verschiedene Firmen, seit 2 Jahren ist er im Chateau Amsterdam
  • 02:31 das Chateau Amsterdam wurde 2017 von Vater und Sohn Harrewijn und Freunden gegründet
    aus kleinen Anfängen (1.000 Flaschen) wuchs das Chateau – und bei 40.000 Flaschen begann es langsam fordernd zu werden. Da stieg Juan ein für mehr Professionalität beim Weinmachen
    2021 mitten in der Pandemie fing er an
    Amsterdam ist ja keine Weinregion. Aber das Chateau als urban winery macht es zu einer…
    Juan hat in Mendoza Weinbau studiert, ist ein Önologe
    Thema: ökologischer Weinbau
    den Wein holt das Chateau Amsterdam von Weingütern/Traubenerzeugern aus ganz Europa (aber nicht aus den Niederlanden)
    der Muscatel für den PetNat kam aus Spanien, Terra Alta/Priorat
  • 04:57 wer entscheidet, wann geerntet wird: die Leute vor Ort oder er in Amsterdam? You guess: er in Amsterdam!
    Entscheidungsgrundlage sind analytische Parameter
    wie viele externe Lieferanten gibt es?
    Spanien (Priorat)
    mehrere in Frankreich
    Italien (aber da ist es nicht so leicht…) – es ist schwierig, das Prinzip der Urban Winery zu erklären
    es ist ungewohnt in Europa, dass die Trauben transportiert werden
    manche Trauben brauchen bis zu zwei Tage, bis sie in Amsterdam sind
    das setzt voraus: Qualität bei der Ernte, schonende Behandlung und gekühlten Transport
    uvs vergleicht das mit totem Fisch, der ja auch frisch zum Verbaucher kommen muss… (the dead fish survives)
    in diesem Jahr haben sie 150.000 Kilo Trauben verarbeitet
    zurück zu den Produzenten: In Italien sind’s die Toskana und Venetien
    Winzerweisheit: it takes a lot of beer to make good wine
  • 09:58 Produzenten in Deutschland (Pfalz)
    z.B. Johannes Bangerth (Chardonnay und Riesling sowie Dornfelder für den Rosé)
    Furmint aus Slowenien
    es geht um die Balance…
    Weinmachen ist Wissenschaft
    …oder doch Handwerk? – schwere Frage!
    Leidenschaft ist immer dabei!
    …aber Leidenschaft allein reicht nicht, es muss sich auch verkaufen
    was hilft es, wenn du superleidenschaftlich bionynamisch Wein im Pomerol machst, aber keiner kauft den, weil er nicht wie ein guter Pomerol schmeckt?!
  • 14:21 und warum wurde denn der PetNat zum PetNat?
    2021 war Versuch und Irrtum
    damals Muscatel und Trollinger
    der Überraschungseffekt beim PetNat:du fermenterst den Wein, steckst ihn in die Flasche – aber was wird passieren? (worst case: es knallt!)
    da dreht was auf!
    was aus dem Einstiegsbereich
    es gibt drei Weinlinien: fathers, sons, grandsons – also Väter, Söhne, Enkel
    die Väter sind die teuersten…
    Einstiegsweine sind Vin de l’Europe
    Lagen, Regionen, Länder – das kennt man
    Wein aus mehreren europäischen Ländern geht aber auch!
  • 18:50 wir haben im Glas Verdejo aus Spanien, Sauvignon Blanc aus Bulgarien und Pinot Blanc aus Slowenien
    uvs meint: eine Cuvée, die der normale Winzer nicht hat!  Antwort des Winzers: Aber ich bin doch auch normal!
    ein Terassenwein!
    exakt das ist das Konzept!
    diese Weine gibt’s in den heimischen (=niederländischen) Supermärkten
  • 21:03 gerade fertig: 2022 Chenin Blanc (Loire, F) und Garganega (Venetien, IT)
    aus der Söhne-Linie, wo man gerne zusammenbringt, was nicht zusammen wächst
    die Enkel-Weine werden in Bulgarien bei einem Produktionspartner verarbeitet, während die Söhne (und Väter) in Amsterdam enstehen
    auch bei den Söhnen spielen sie mit den Cuvées, aber es sind schon ernsthaftere Weine
    aber auch Spiel mit Techniken und Fässern (Eiche, Beton, sowas…)
    vor zwei Wochen abgefüllt, vor einer Woche vorgestellt auf dem Hoffest
    das gibt’s immer, wenn Weine neu auf den Markt kommen
    der beste Weg, den Wein kennen zu lernen: ihn zum Essen zu trinken
  • 24:04 Rosé – von Dornfelder aus der Pfalz
    auch abgefüllt in Deutschland
    Johannes Bangerth macht den Wein (produziert und abgefüllt bei ihm)
  • 26:39 und nun zum Orange Wein
    als er auf dem Chateau anfing, hatte er einerseits viel Freiheiten, war aber andererseits auch ans Portfolio gebunden
    es gab schon einen erfolgreichen Orange Wein – aus der Macabeo-Traube
    aber: die Traube hat nicht wirklich viel Farbe in der Haut…
    das Ergebnis war eher ein blasses Gelb als ein Orange
    also einigte man sich auf Pinot Grigio aus Italien…
    …und da ist er nun
  • 28:10 der Weinmacher fragt: ist der orange? und der Weinjournalist sagt: nöö – aber ein feiner Rosé!
    Orange Wein ist nicht so der Apero-Wein…
    das Konzept ist: ein Wein fürs Restaurant
    Frage: Was für eine Art Kundschaft hat Chateau Amsterdam – Anfänger, Enthusiasten?
    Die Antwort: alle!
    Preis-Leistung ist wichtig
    an diesem Ort sind sie seit September 2022, da geht einiges, was vorher nicht ging
    manchmal ist es noch wild: vergangenen Freitag waren sie fertig mit der Organisation der Tanks, am Montag drauf kamen 20.000 Kilo Muscatel
    …und einiges ging schief: keine Kühlung, kein Strom
    da gibt’s zu jeder Flasche viel zu erzählen!
    Kunden sehen nicht immer die Arbeit, die hinter dem Endprodukt steckt
    Preisspanne der Weine im Chateau reicht von 7 bis 24 Euro
    wie viele Eichenfässe haben sie?
    …da gibt’s 500-Liter-Holzfässer
  • 35:21 neuer Wein im Glas: 85 % Mourvedre und 15 % Garnacha
    von Mathilde Broto im französischen Languedoc-Roussillon und Garnacha aus dem nordöstlichen Teil, Priorat, Spanien
    kann der reifen oder soll der getrunken werden?
    füllkranke Weine – glaubt er daran?
    wenn man den Wein aus dem Tank direkt vor der Füllung und aus der Flasche direkt danach trinkt, merkt man den Unterschied
  • 37:49 es gibt verschiedene Konzepte. Dieses hier ist: jung trinken, 2 bis 3 Jahre etwa
    Magnums eignen sich gut zum Altern, und der pH-Wert muss stimmen
  • 39:31 was ist ein guter pH-Wert?
    …in D wohl eher so um die 3.0 😉
    aber in Amsterdam:
    zwischen 3.5 und 3.3 sind die Weine
    dieser hier hat 3.5
    dieser Wein kann gut reifen
    aber ich finde, die Leute sollten ihn schnell trinken 😉
  • 40:44 im Glas: Sangiovese (I) und Cabernet Franc (F)
    Mischungsverhältnis 50:50
    Essensempfehlung? Eindeutig: Lamm!
  • 41:42 Predrag Cadan, der Kellermeister schaut rein
    Predrag ist derjenige, der Juans Ideen in die Tat umsetzt
    er ist die Seele des Chateaus
    er ist derjenige, der alles weiß…
  • 43:49 zurück zu den Weißen, weiter zu den Vätern…
    wir sind stolz, so einen tollen Partner zu haben
    Winzer ist Hannes Bergdoll, Pfalz
    2021 The Fat Lady sings, Chardonnay
    ein vollmundiger Chardonnay
    in Eichenfässern gereift – mit drei Herkünften: Österreich, Deutschland, Transsilvanien (Eichencuvée, alles in einem Fass)
    nur leicht getoastet, um die Frische zu erhalten
    der Folgejahrgang wird neben diesen Fässern auch solche mit französischer Eiche haben
    alle Vater- oder Söhne-Weine werden in Amsterdam gemacht (die Trauben kommen hierhin)
  • 46:58 es klopft, es kommt herein:
    Remy Harrewijn, der Gründer
    Remy Harrewijn – da steckt der Wein ja schon im Nachnamen…
    vorher war er im Marketing unterwegs (Festina hieß seine Agentur)
    der Umzug ins neue Chateau im vergangenen Jahr hat geholfen, ein professionell arbeitendes Weingut draus zu machen
    der Unterschied zwischen Bier brauen und Wein machen? Beim Wein kann man nur einmal im Jahr Erfahrung sammeln
    damit man einen Wein in der Markenwelt erkennt, braucht es wenigstens 5 Jahre
    ihr Markt sind die Niederlande
    wir exportieren nicht – jedenfalls derzeit nicht…
  • 49:41 Statistik (leider nicht richtig): NL als Platz 5 in der Verbraucherstatistik (DWI sagt: 14)
    Deutschland glaubt er unter den TOP 2 (leider nein: Platz 4)
    alle im Betrieb haben eine Vision der Nachhaltigkeit
    das war die Idee: die Trauben möglichst nah an den Verbraucher bringen
  • 51:01 im Glas: 2021 Furmint
    Trauben von Puklavec in Podravje, Slowenien, angebaut (der Pinot Blanc im ersten Wein war auch von ihnen)
    ausgebaut in Stahltanks und gereift (3 Monate) in Eichenfässern
    die Väter-Weine sind jeweils aus einzelnen Rebsorten, keine Cuvées
    die Vater-Linie ist die klassischste im Chateau
    der Ansatz ist hier: so traditionell wie möglich
    nochmal zum Thema CO2: ist der Transport der Trauen wirklich besser als der von Flaschen?
    Gute Frage! Ein tatsächlicher Nachweis steht noch aus (soll aber gemacht werden)
    52:q4 Nachhaltigkeit ist überal angestrebt
    Flaschen werden zukünftig leichter (Leichtglasflaschen)
    Korken zu Schraubverschlüssen…
    Verkauf weniger durch Versand, mehr direkt (und wer die Flasche zurück brngt, bekommt 50 Cent dafür)
    Ziel ist, für Genuss am Ort den Wein am liebsten gleich aus dem Tank zu servieren (unter Umgehung der Flaschen) – das geht aber nicht, also: bag in box (BiB)
    BiB sind 10 Liter und nur für den eigenen Betrieb, nicht zum Verkauf…
    noch gibt’s die nicht für den Verkauf, aber wenn, dann sind es 3-Liter-Boxen
  • 54:39 und nun im Glas… (Ratespiel)
    es ist auf jeden Fall ein Rotwein!
    schmeckt nach Kirsche…
    ist aber sicher kein Spätbrugunder
    Hinweis auf die Herkunft des Winzers hilft: ein Malbec. Aber aus Südfrankreich
    angebaut von Mathilde Broto in Montbrun-des-Corbières (in der Region Languedoc-Roussillon an der Südküste), Frankreich
    seit 2004, sagt der Argentinier Juan, seien sie in Argentinien die besten Malbec-Produzenten – und diesen macht er nun in Amsterdam gegen gelegentliches Heimweh
    mehr Frische, mehr Frucht als im argentinischen Malbec
  • 58:20 und nun: Lucky Lucy
    aus dem Corbières, F
    in Edelstahltanks vergoren und anschließend 12 Monate in französischer Eiche gereift
  • 59:34 abschließende Frage an den Journalisten: war es das, was du erwartet hast?
    Der Befragte regt an eine noch exklusivere Linie: die Großväter…

Juan Ropero: roperowines.com

Chateau Amsterdam
Johan van Hasseltweg 51
1021KN Amsterdam

Tel. +31 20 8950615
chateau.amsterdam

Auf ein Glas – der Podcast der STIPvisiten. Gespräche beim Wein. Über Wein. Über Essen. Und übers Leben, natürlich.

Alle Folgen unter diesem Link: podcast.stipvisiten.de

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