Mit dem Dampfer nach Pillnitz und zurück (Erster Teil)

Spaziergänge im Welterbe (5)

Zwinger

Unser heutiger Spaziergang ist etwas für Dampfschiffliebhaber(innen) und Fußlahme: Eine abendliche Schlösserfahrt vom Terrassenufer in Dresden nach Pillnitz, dort nicht aussteigen, denn es geht sofort zurück. Unterwegs erzählt Matz Griebel allerlei Wissenswertes, und er tut es so, als ob er da oben auf der Brücke des Dampfers stünde. Tut er aber nicht, er steckt in den Lautsprechern und kommt aus der Konserve. Matz Griebel  – für all diejenigen, die dem Link im vorherigen Satz nicht gefolgt sind – ist ein Dresdner Original und der ehemalige Chef des Stadtmuseums. Sein Trick bei der Aufnahme ist, dass er offensichtlich ganz ohne Manuskript, sondern nur mit dem Kopf voller Wissen, so eine Dampferfahrt mitgemacht hat und live erzählt hat, was ihm einfiel. Sehr symphatisch und alles sehr gut vermittelt. Besonders die nicht rausgeschnittenen Pausen, die Ähms und die gelegentlichen Versprecher machen es sehr authentisch!Wir haben natürlich trotzdem die Hälfte (oder mehr) vergessen, weil die Bordgastronomie, äh: wir uns angeregt unterhalten und Bilder gemacht haben. Zur Strafe müssen wir nun selbst recherchieren und dürfen es dann dem Matze vorlegen.

Zwinger – Theaterplatz – Hofkirche
Unsere Tour beginnt, weil das Licht sooooo schön ist, mit einem klitzekleinen Spaziergang durch den Zwinger. Da ist das Licht sommertags eh ganz früh morgens oder eben am Abend am besten – um die Mittagszeit liegt nämlich die Seite mit dem Kronentor entweder im Gegenlicht oder im Schatten des gegenüber liegenden Staatsschauspiels und die Sempergalerie liegt entweder im Schatten oder im gleißenden Licht – beides dumm.Aber wir sind ja schlau und gehen abends. Durchs Kronentor rein, zur Mitte der Anlage, zum Glockenpavillon (mit Taschenbergpalais im Hintergrund), zurück zur Mitte mit Fontänen im Gegenlicht und raus durch das Tor der Sempergalerie, wo uns schon ein Reiter erwartet. Also kein richtiger, sondern einer auf dem hohen Ross eines Denkmals.

Johann-DenkmalDieser Eine ist König Johann von Sachsen, das Denkmal ist von Johannes Schilling. Einer, der sich mit beiden beschäftigt hatte, meinte einmal lakonisch: Johann war besser als dies Denkmal. Aber so ist das: Johann ist tot, das Denkmal überlebt. Dieser Johann hatte zu Lebzeiten unter anderem unter seinem Pseudonym Philalethes Dantes Göttliche Komödie übersetzt – und zwar so gut, dass man das Buch in seiner Übersetzung noch heute kaufen kann.Das Denkmal ist, egal wie man über die Qualität urteilt, ein deutlicher Punkt auf dem Theaterplatz, an dem man sich gut verabreden und auch einmal rundum blicken kann. Blick zurück, ganz ohne Zorn: Die Sempergalerie ist wie die auch hier verweilende Oper nach ihrem Baumeister Gottfried Semper benannt. Am 25. September 1855 eröffnete das “Neue Königliche Museum zu Dresden”, wenn auch nicht so bombastisch wie Semper das eigentlich geplant hatte. Dafür hat das Haus innere Werte: Wer die beiden süßen Engel kennt, die man überall in der Welt sieht, weiß es vielleicht nicht: Aber die sitzen zu Füßen der Sixtinischen Madonna vonRaffael – und das Bild hängt in den Alten Meistern in der Sempergalerie. Wenn’s regnet: Auf jeden Fall reingehen. Wenn’s Wetter gut ist – abwägen. Unter zwei Stunden kommt man da nicht raus, denn es gibt noch allerlei mehr zu sehen. Hier trifft sich, was Rang und Namen hat: Spanier, Italiener, Holländer! Namen gefällig? Bitte: Raffael, Giorgione und Tizian, Rubens, van Dyck, Rembrandt und Vermeer, Dürer, Holbein und Cranach. Und natürlich Canaletto mit seinen riesigen Vedouten. Also: Auch wenn die Sonne scheint, eigentlich müsste man das mit einplanen!

Genug zurück geblickt, nun wieder vorwärts. Zur Linken die Semperoper, zur Rechten die Hofkirche und das Schloss sowie – gerne vergessen, weil irgendwie untypisch für Dresden, die Schinkelwache. Das kleine Stückchen Berliner Klassizismus steht irgendwie verloren inmitten des Dresdner Barocks herum – aber es hat zwei wichtige Funktionen: Man kann dort Karten für die Semperoper kaufen (oder erfahren, dass es keine mehr gibt) – und man kann da Kaffee trinken.

HofkircheDas Schloss ist natürlich einen eigenen Besuch wert, die Kathedrale auch – aber dafür ist natürlich keine Zeit mehr, denn um sieben legt ja der Dampfer ab. Also hirschen wir zwischen Schloss und Kirche hindurch, nicht ohne einmal links hoch zu sehen und etliche der 78 Heiligenstatuen des italienischen Bildhauers Lorenzo Mattielli zu betrachten. Schloss und Kirche sind mit einem gang verbunden – der wurde wirklich genutzt, es ging für Majestät direkt in die Königsloge der Kirche.Ein anderer Übergang zwischen Schloss und Taschenbergpalais auf der gegenüberliegenden Seite ist allerdings ein Fake, auch wenn die rührselige Geschichte der meisten Städteführer so gut klingt. Die erzählen nämlich gerne, dass hier August der Starke immer schnell mal rübermachte zu seiner Geliebten, der Gräfin Cosel. Aber erstens gab es den Teil des Taschenbergpalais damals noch gar nicht – und zweitens merkt man bei genauem Hinsehen auch, dass diese Brücke zwischen den Häusern auf Taschenbergseite genau zwischen zwei Stockwerken ankommt: Sie sollte nur schön sein und die beiden Gebäude zum Ensemble verbinden.

Wir also durch den echten Durchgang hindurch, rechts ein Blick zur Konkurrenz: Am anderen Ende des Fürstenzuges sieht man die Frauenkirche, dann runter zum Terrassenufer. Dort wartet bereits die Krippen, einer der neun Schaufelraddampfer der Weißen Flotte.

(wird fortgesetzt)

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