Der touristische Hingucker bei der Lambertikirche in Münster hängt draußen am Turm: das Ensemble von drei Käfigen aus Eisen, in denen drei der führenden Wiedertäufer am 22. Januar 1536 nach ihrem Foltertod zur Schau gestellt wurden.
Das dramatische Ende des Täuferreichs zu Münster stellte sich nicht wesentlich friedloser dar als die Zeit davor – nur vergleichsweise kürzer: Jan van Leiden, Bernd Krechting und Bernd Knipperdolling wurden mit glühenden Zangen die Zungen ausgerissen, ihre Körper zerfetzt und nach vier Stunden erdolcht. Die Leichen kamen in den eisernen Körben an den damals noch ganz anders aussehenden Turm, „allen unruhigen Geistern zur Warnung und zum Schrecken, daß sie nicht etwas Ähnliches in Zukunft versuchten oder wagten“.
Der damalige Turm war 1536 ein vergleichsweise kleiner Knubbel an dem Kirchgebäude, an dem seit 1375 gebaut wurde. Das Hallenlanghaus entstand in mehreren Ausbaustufen ab 1450, das großzügig angelegte Kirchenschiff wurde erst 1525 zusammen mit dem Chorraum mit spätgotischen Netz- und Sterngewölben eingewölbt. Der mittlerweile 50 Meter hohe Turm im Westen der Kirche wurde – aus Kostengründen! – erst einmal nicht erneuert. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts drohte der Turm allerdings einzustürzen, weswegen er 1887 vollständig abgerissen wurde. Der jetzige neugotische Turm ist 90,5 m hoch – und die Käfige hängen seit 1898 wieder. In seiner Form erinnert er an den Kölner Dom und ans Freiburger Münster.
Zu den Besonderheiten der Lambertikirche gehört, dass es oben im Turm eine Türmerstube gibt – im neuen Turm befindet sie sich 300 Stufen treppauf oberhalb der Glockenebene. 1383 wurde in Münster an St. Lamberti erstmals ein Türmer erwähnt. Sein Job: Ausguck halten und Feuer schnellstmöglich entdecken und melden. Seit dem 1. Januar 2014 ist erstmals eine Frau als Türmerin tätig. Sie bläst abends (außer Dienstags) in der Zeit von 21 bis 24 Uhr auf einem Kupferhorn die vollen und halben Stunden.
Lesetpp zum Thema: Friedrich Dürrenmatt: Die Wiedertäufer, eine Komödie in zwei Teilen; Uraufführung am 16. März 1967, Schauspielhaus Zürich.
[Fotos vom Februar 2010 / Februar 2012 | Webseite St. Lamberti | Wikipedia | Kalender 2019: Kirchen]
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