DER Korn oder DAS Korn

Von Windmühlen und Schnapsbrennern in Norden/Ostfriesland

Frisia-Mühle

14 Windmühlen gab es mal in Norden – Mehl produzierende, wohlgemerkt. Drei sind es heute noch, doch sie funktionieren nur noch als touristische Anziehungspunkte. An zweien kamen früher alle Touristen vorbei, denn bevor 2009 die Umgehungsstraße die Innenstadt von Norden von den Blechlawinen am Wochenende und an beliebten Ferientagen verstopfte, musste alles von der Bahnhofstraße kommend durch die Hauteinkaufsstraße Neuer Weg. Das war zwar ätzend (für die im Auto wegen Stau und so wie für die Leute, die einkaufen wollten und gar nicht wussten, wie sie über die Straße kommen sollten), aber wenigstens gab es ein schönes Begrüßungstriptichon: rechts ’ne Mühle, links ’ne Mühle und dann gleich auch noch linker Hand eine riesige Doornkaat-Flasche. Ungefähr sechs Meter hoch und damals, als man im sich anbahnenden Stau (die enge Innenstadt kam ja noch) schnell mal hinsah, gleich mal ein Hinweis für den abendlichen Begrüßungstrunk.Doornkaat, heiß geliebt und kalt getrunken.

Doornkaat-FlascheDer Doornkaat gehört, auch wenn’s hier ja eigentlich um Windmühlen geht, ja doch irgendwie dazu. Denn vor dem eben zitierten Werbeslogan gab es diesen: Doornkaat – aus Kornsaat. Sozusagen ein Konkurrent der Mühlen. In den 50er Jahren tuckerten die Bauern noch mit Treckern (und vereinzelt Pferdefuhrwerken) durch die Stadt: die Kornbrennerei von Doornkaat lag mittendrin, die Doornkaatlohne verläuft parallel zum Neuen Weg. Hinzu gab’s die Grundlage für den dreifach gebrannten Korn (mithin: das soweit unbehandelte Korn – ein schönes Beispiel für Deutsch Lernende: das Korn wird zu der Korn!), rückzu nahmen sie Schlempe mit, die Rückstände der Kornbrennerei, die bester Dünger waren/sind.

Frisia-MühleDie Frisiamühle wird (weil sie an der Sraße In der Gnurre liegt) oft auch Gnurre-Mühle genannt. Sie ist nicht zu übersehen, weil die drehbare Kappe des Galerieholländers auf einem vierstöckigen Fundament aufsetzt. Die erste Mühle an diesem Standort gab’s schon um das Jahr 1700 – sie brannte ab. Mühlen waren offenbar gern gesehene Einschlagsorte für Blitze, nicht nur diese Mühle brannte immer mal wieder ab. Die jetzige Windmühle stammt aus dem Jahr 1864, hat schon mal schlechtere Zeiten gesehen und ist Dank eines Fördervereins und musealem Innenleben (u.a. alte Dinge des Bäckerhandwerks wie eine Spekulatiusmaschine) an sich sehr ansehnlich.

Für das direkte Umfeld kann man das nicht sagen, statt alten Bäumen und wenig (ebenfalls alten) Häusern macht sich jetzt ein Einkaufszentrum hier breit, in üblicher belangloser Investorenarchitektur. Das dann auch noch Norder Tor zu nennen gleicht an Verhohnepiepelung, denn mit der alten Einfahrt und Einstimmung auf den Ort hat das nichts mehr zu tun. Oder vielleicht doch?

DeichmühleSomit leidet auch das Ensemble der Zwillingsmühlen, denn die Deichmühle auf der anderen Seite der Straße hat durch die nahe gerückte Straße (der Abstand war mal deutlich größer) was vom ursprünglichen Charme verloren. Dabei gilt die um 1900 gebaute Windmühle als Wahrzeichen der Stadt Norden! An dieser Stelle soll es bereits im 13. Jahrhundert eine Bockwindmühle gegeben haben, die jetzige Mühle ist wie die Frisiamühle ein vierstöckiger Galerieholländer mit einer Höhe von 28,5 m. Die Galerie befindet sich in 14 m Höhe. 1974 erwarben Maria Anna und Hermann Wagener aus Papenburg das Ensemble „Deichmühle“. Auf ihrer Webseite kann man das berechtigte Klagen über so manchen vermeintlichen Fortschritt gut nachvollziehen…

Westgaster MühleDie Westgaster Mühle ist diejenige, die mir am vertrautesten ist. Sie liegt an der Straße, die aus dem Stadtzentrum heraus Richtung Westen in die Westermarsch führt. Heute heißt sie hier Alleestraße, ich hätte ja wetten können, dass das früher auch noch die Westerstraße (oder Westermarscher Landstraße?) war – aber egal. Zur Mühle guckten wir immer, um zu sehen, woher der Wind weht. Und jeder Wind hatte in der Regel sein Lieblingswetter, das er vor sich her blies. Gegenüber der Mühle war übrigens unser Tante-Emma-Laden, nur dass der so nicht hieß: wir gingen zu Oma Fraam für die Lebensmittel und bekamen die Milch mit dem Pferdefuhrwerk von Opa Heier frei Haus geliefert [keine Garantie für die Schreibweisen der Namen].

Die Westgaster Mühle ist die älteste Norder Mühle. sie wurde 1863 als dreistöckiger Galerie-Holländer erbaut (nachdem die vorherige Mühle vom Blitz getroffen wurde…). Zu den Besonderheiten der Mühle gehört, dass sie nicht allein steht, sondern mit der überdachten Diele und dem Wohnhaus verbunden ist – warum auch immer. Spannender als derlei architektonische Fragen aus dem vorvorigen Jahrhundert sind aber die der Jetztzeit: es gibt (jeden 1. und 3. Samstag im Monat und nur auf Vorbestellung) im Holzofen gebackenes Brot! Mit Sauerteig und Vollkorn. Liest sich gut (probiert haben wir’s nicht, könnte aber werden…)

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